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Fette deutsche Jahre

Monika Vosough Mohebbi25. November 2006

In London läuft das neunte Festival of German Films. Der deutsche Film kommt im Ausland gut an. Nicht nur in Großbritannien.

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Szene aus "Eden": Die Kellnerin Eden (Charlotte Roche) liegt mit Creme und Beeren garniertem Oberkörper im Bett
"Eden": Der Eröffnungsfilm bei den Filmtagen in LondonBild: picture-alliance/dpa

Im renommierten Arthauskino Curzon Soho im Londoner Stadtzentrum wird es einmal pro Jahr richtig deutsch. Denn dann öffnet das Kino seine Türen für die Liebhaber des deutschen Films zum Festival of German Films. Dieses Jahr findet das Festival schon zum neunten Mal statt und die Organisatoren haben eine vielfältige Palette an Produktionen für die Filmtage zusammengestellt. 15 Beiträge, von Kino bis hin zur Doku, aus den verschiedensten Genres sind noch bis zum 26.11.2006 zu sehen. Das Festival startete eher klein mit dem Film "Eden" und schließt ab mit dem deutschen Kinoerfolg "Sommer vorm Balkon". Außerdem laufen Streifen wie "Der Freie Wille", "Verfolgt", "Stille Sehnsucht – Warchild" und "Pingpong".

Szene aus "Sommer vorm Balkon": Frau und Mann umarmen sich
"Sommer vorm Balkon", Abschlussfilm in LondonBild: X-Filme

Veranstaltet werden die Filmtage von der Firma German Films aus München. Sie promotet den deutschen Films im Ausland. Die Reihe "Festival of German Films" ist den Mitarbeitern besonders wichtig, denn damit bringen sie die nationalen Filme in die verschiedensten Städte dieser Welt: nach Paris, Madrid, Budapest, Sydney, New York und viele andere mehr.

"Keine schönen Geschichten, sondern das Leben"

In London haben deutsche Filme in den vergangenen Jahren stark an Popularität gewonnen. Iris Ordonez hat für German Films das Festival in der sieben-Millionen-Stadt mitorganisiert und weiß, warum die Produktionen in ihrem Land so gut ankommen: "Die Briten wollen immer mehr davon sehen, denn die Deutschen machen Geschichten, mit denen sich jeder identifizieren kann, auch im Ausland. Es geht nicht um schöne Geschichten, sondern um das Leben, wie es ist."

Tatsächlich bewegt sich gerade in der deutschen Filmbranche so viel wie vielleicht seit zwanzig Jahren nicht mehr. Und sie wird im Ausland so beachtet wie noch nie. Gerade in den vergangenen drei Jahren ist eine neue Filmkultur entstanden - oft "Neue Deutsche Welle" genannt und zur "Berliner Schule" zusammen gefasst. Denn viele, vor allem junge Regisseure in Berlin sind nicht interessiert an groß karätige Streifen nach dem Vorbild der Blockbuster aus Hollywood, sondern drehen ihre Filme mit Blick auf authentische Geschichten. Sie wollen die Wirklichkeit abbilden, ganz ungeschminkt, ohne viel Schnickschnack und Künstlichkeit. Dabei wird stark gespart: mit Dialogen, Gesten und auch mit wilden Schnitten. Dramatisches wird so oft ganz leise und beiläufig präsentiert, aber gerade das ist die Stärke, gerade das schätzt man auch im Ausland.

Einblick in die deutsche Realität

Mutter und Junge stehen in der Küche und unterhalten sich mit ernstem Blick miteinander
In "Pingpong" geht es um die Realität der deutschen GesellschaftBild: medialuna

Entscheidend sind die Themen, die diese Filme behandeln. Es sind Universell nachvollziehbare Geschichten wie Zuwanderung, Angst vor sozialem Abstieg und Nationalismus, aber auch Liebe und Freundschaft. Diese berühren Menschen auf der ganzen Welt. Zur Generation der "Beliner Schule" wird auch Regisseur Matthias Luthardt gezählt. In seinem mehrfach ausgezeichneten Drama "Pingpong", das auch bei den Londoner Filmtagen läuft, gewährt Luthardt einen Einblick in eine gesellschaftliche Realität, wie sie in jedem Land zu finden ist. Er zeigt eine scheinbar heile Familie und die inneren und äußeren Kräfte, die sie belasten.

Regisseur Matthias Luthardt
Matthias Luthardt: "nicht bigger than life, sondern die Realität"Bild: picture-alliance/dpa

Matthias Luthardt hatte mit seinem Film auch vor internationalem Publikum Erfolg, beispielsweise bei Filmfestivals in Cannes, Prag und Kiev. Dass "Pingpong" sich auch ein internationales Publikum erspielen konnte, liegt seiner Meinung nach an der Geschichte selbst: "Alltagsgeschichten kommen im Ausland gut an. Die Filme, die in Deutschland in den vergangenen Jahren entstanden sind, sind nicht bigger than life, sondern erzählen einfach die Realität."

Cannes, Europäischer Filmpreis und Oscars

Auf dem internationalen Parkett wurden deutsche Produktionen in den vergangenen Jahren so oft gekürt wie noch nie. Mit "Good Bye Lenin" und "Gegen die Wand" gewannen zwei deutsche Filme nacheinander den Europäischen Filmpreis. Nach elf Jahren Abstinenz durfte 2004 mit "Die fetten Jahre sind vorbei" auch endlich wieder ein deutscher Film im Wettbewerb von Cannes teilnehmen. "Der Untergang", "Sophie Scholl – die letzten Tage" und "Die Geschichte des weinenden Kamels" wurden für den Oscar nominiert, Caroline Links "Nirgendwo in Afrika" durfte 2003 sogar den Preis für die beste ausländische Produktion mit nach Hause nehmen.

Regisseur Michael Hofmann bei Dreharbeiten
Michael Hofmann: "Im Kern sind die Menschen nicht so verschieden"Bild: picture-alliance/dpa

Viele der international geschätzten Kinostreifen beruhen auf realen Geschichten. Die Cineasten wollen sich mit den Figuren im Film identifizieren, sagt Regisseur Michael Hofmann: "Im Kern sind die Menschen nicht so verschieden. Da muss es etwas Universelles geben, was uns alle verbindet." Hofmann hat gerade selbst einen neuen Film auf den Markt gebracht. Seine kulinarische Komödie "Eden" über den exzentrischen Meisterkoch Gregor zeigt er auch in London.

Auch in Asien erfolgreich

"Eden" wird bald auch in vielen Städten im Ausland laufen. Sogar nach Japan konnte der Feinschmeckerfilm verkauft werden. Die Idee, dass der deutsche Film auch auf dem asiatischen Markt erfolgreich sein könnte, hatte German Films bereits vor zwei Jahren. Deshalb veranstaltet das Unternehmen das "Festival of German Films" nun auch in Tokio. Mit Erfolg, denn die Filmtage werden dort besonders gut besucht und viele der Filme wurden bereits von japanischen Filmverleihern gekauft.

Organisatorin Konstanze Wels von German Films war auch in Japan dabei. Besonders großes Interesse sagt sie, habe es an dem Film "Die weiße Massai" gegeben. Doch gerade hier habe sie auch gesehen, dass Mentalitätsunterschiede zu Unverständnis beim Film führen können: "Viele haben danach gesagt, das Verhalten der Hauptdarstellerin, dass sie ihren Mann verlässt, sei für eine japanische Frau sehr unverständlich. Eine Japanerin wäre bei ihrem Mann geblieben."