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Die Gülen-Bewegung und die Türkei

16. Juli 2016

Wenn es für ihn eng wird, steht für Präsident Erdogan der Schuldige oft schon fest. Auch hinter dem aktuellen Militärputsch soll die Bewegung seines Erzfeinds Gülen stecken. Doch dieser weist das entschieden von sich.

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Fethullah Gülen (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen für den versuchten Putsch verantwortlich gemacht. Der Versuch zur Übernahme der Macht durch einen Teil des Militärs sei "Verrat und Rebellion", sagte Erdogan in der Nacht zu Samstag bei einem Fernsehauftritt im Istanbuler Atatürk-Flughafen.

Dort war er kurz zuvor mit seinem Flugzeug gelandet und von einer jubelnden Menschenmenge empfangen worden. Er werde die Türkei nicht den "Besetzern" überlassen, versicherte Erdogan. "Sie werden einen hohen Preis für diesen Verrat zahlen."

Gülen und dessen Bewegung verwahrten sich energisch gegen die Vorwürfe. "Ich weise solche Anschuldigungen kategorisch zurück", betonte Gülen. Er verurteile den Putschversuch "auf das Schärfste". In den vergangenen Jahrzehnten habe er selbst mehrere Militärputsche in seinem Heimatland miterleben müssen, erklärte Gülen weiter.

"Wir verurteilen jede militärische Intervention in die Innenpolitik der Türkei", heißt es in einer Erklärung seiner Bewegung, die der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Seit 40 Jahren hätten Gülen und die Anhänger seiner Hizmet-Bewegung sich für Frieden und Demokratie eingesetzt.

Langjähriger Weggefährte Erdogans

Der islamische Prediger Gülen war über Jahre ein enger Verbündeter der islamischen-konservativen Regierungspartei AKP, überwarf sich aber 2013 mit Erdogan, als die Justiz umfassende Korruptionsermittlungen zu Politikern und Geschäftsleuten aus Erdogans Umfeld eingeleitet hatte.

Erdogan warf Gülen schon damals einen Putschversuch vor und ließ tausende Polizisten, Staatsanwälte und Richter, die angeblich zur seiner Bewegung gehörten, entlassen oder versetzen. Seitdem ist Gülen der Erzfeind Erdogans. Mehrere Medien der Gülen-Bewegung wurden von der Regierung in den vergangenen Jahren unter ihre Kontrolle gebracht.

Viele Mitglieder auf der Terrorliste

Erdogan beschuldigt seinen einstigen Verbündeten, einen Staat im Staate errichten zu wollen und seinen Sturz zu betreiben. Die Regierung geht massiv gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger vor, die sie vor allem bei der Polizei und in der Justiz vermutet. Die Gülen-Bewegung wurde zur Terrororganisation erklärt, viele ihrer führende Köpfe stehen auf einer Liste der meistgesuchten Terroristen der Türkei.

Der heute 75-jährige Gülen hatte sich ursprünglich als einflussreicher islamischer Prediger einen Namen gemacht. Bis in die 80er Jahre hinein wirkte er als Imam in verschiedenen türkischen Städten. Mit seinen Predigten und Büchern über den Islam, über Bildungs- und Wissenschaftsfragen, soziale Gerechtigkeit und interreligiösen Dialog begeisterte Gülen viele Gläubige.

Seine Bewegung Hizmet ("Dienst") sieht einen ihrer Schwerpunkte in der Verbesserung von Bildungschancen. Seit 1999 lebt der gesundheitlich angeschlagene Prediger im US-Staat Pennsylvania. Er war nach einer Anklage wegen staatsgefährdender Umtriebe emigriert.

gri/jj/SC (afp, dpa)