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Die Grenzen der Pressefreiheit

Jennifer Fraczek16. Mai 2013

Westliche Demokratien wie die USA gelten als Garanten der Pressefreiheit. Dennoch ist die Überwachung von Journalisten anscheinend kein Tabu. Kann so etwas in Deutschland auch passieren?

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Der Artikel "Pressefreiheit" im Grundgesetz (Foto: dpa)
Der Artikel "Pressefreiheit" im GrundgesetzBild: picture-alliance/dpa

Es habe ein ernsthaftes Informationsleck gegeben, woraus eine Gefährdung der US-Bevölkerung entstanden sei. So rechtfertigte US-Justizminister Eric Holder, dass seine Regierung Journalisten der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) überwachen ließ. Sie sammelte Telefonverbindungsdaten, mit denen sie Informanten der Journalisten ausfindig machen kann.

Die Empörung darüber ist groß unter den Journalisten, auch in Deutschland. Der Deutsche Journalisten-Verband nennt die Überwachungsaktion eine "Attacke gegen die Pressefreiheit". Denn ohne - oft anonyme - Quellen wird investigative Berichterstattung schwierig. Dass deutsche Behörden zu einem solchen Mittel greifen könnten, halten Experten für wenig wahrscheinlich.

Was sind "sicherheitsrelevante Informationen"?

"Das ist so in Deutschland nicht denkbar", so der Vorstandssprecher der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen, Michael Rediske, im DW-Gespräch. Das Bundesverfassungsgericht als Hüter des Grundgesetzes, in dem die Pressefreiheit festgeschrieben ist, schätze diese als sehr wichtig ein. Zu sehen sei das etwa am Urteil in der "Cicero-Affäre". Die Büroräume des Magazins "Cicero" waren 2005 durchsucht worden, weil es einen Artikel mit Informationen aus einer vertraulichen Akte veröffentlicht hatte. Das Magazin klagte gegen die Razzia und bekam letztlich Recht.

Verfassungsrichter Steiner bei der Verkündung des Cicero-Urteils (Foto: dpa)
Verfassungsrichter Steiner bei der Verkündung des Cicero-UrteilsBild: picture-alliance/dpa

Terrorangst und -bedrohung in den USA spielen aus Sicht des Medienwissenschaftlers Wolfgang Donsbach von der Technischen Universität Dresden aber auch eine wichtige Rolle bei ihrem Umgang mit der Pressefreiheit. Dass Regierungen in einer solchen Situation zu Mitteln wie der Überwachung von Journalisten greifen, sei zwar nicht zu legitimieren, aber nicht ganz unverständlich, sagte er der Deutschen Welle.

Bei der Rechtfertigung solcher Aktionen taucht - wie auch in dem AP-Fall - oft der Begriff "sicherheitsrelevante Informationen" auf. Ein Argument, das Rediske nicht gelten lässt. "Wenn es darum geht, ein Verbrechen zu vermeiden, werden Journalisten so vernünftig sein, gewisse Informationen nicht zu veröffentlichen. Aber eine Information einfach als 'sicherheitsrelevant' einzustufen, ist ein bekanntes Spiel von Sicherheitsbehörden."

Schmaler Grat zwischen erlaubt und nicht erlaubt

Wenn Journalisten in Deutschland etwas von Geheimnisträgern erfahren - also von Personen, die Zugang zu vertraulichen Informationen haben - dürften sie das grundsätzlich veröffentlichen, sagt Rediske. Strafbar macht sich womöglich der Informant, weshalb der häufig anonym bleiben will.

Michael Rediske von Reporter ohne Grenzen (Foto: dapd)
Rediske: Informantenschutz in Deutschland noch ausbaufähigBild: dapd

Kritisch kann es für Journalisten werden, wenn sie Geheimnisträger auffordern, ihnen Dokumente zu geben. "Das könnte als Anstiftung zum Geheimnisverrat gewertet werden und das ist strafbar. Die Grenze zwischen der Entgegennahme von Dokumenten und der Anstiftung ist aber sehr schwer zu ziehen", erklärt Rediske. In diesem Punkt müssten Journalisten noch besser geschützt werden.

Anruf vom Pressesprecher kein Angriff auf die Pressefreiheit

Überwachung und Razzien sind das Eine. Der Versuch, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen, das Andere. Immer wieder gibt es Fälle, in denen Sprecher von Politikern oder Politiker selbst in Redaktionen anrufen, um Berichte zu verändern oder zu verhindern.

Einen Angriff auf die Pressefreiheit sieht Medienwissenschaftler Donsbach darin nicht. "Es besteht nur eine Gefahr für die Pressefreiheit, wenn jemand die Presse unter Druck setzt, das aber nicht thematisiert werden darf." Das sei in Deutschland nicht der Fall. Solche Vorkommnisse würden hierzulande schnell öffentlich und dann auch entsprechend diskutiert. Rediske sieht auch die Medienvertreter in der Pflicht. Gäben sie einem solchen Druck nach, seien sie schlechte Journalisten.

In der Pressefreiheits-Rangliste von Reporter ohne Grenzen liegt Deutschland auf Platz 17 von 179 (vollständige Liste hier). Vorne liegen vor allem die skandinavischen Länder. Sie haben einen noch besseren Informantenschutz, wie Rediske erklärt. Die USA landen auf Platz 32 - auch wegen des Informantenschutzes, der nur bedingt gewährleistet sei, "weil 'sicherheitsrelevante Dinge' eine größere Rolle spielen. Richter verurteilen Journalisten dort bisweilen zu Beugehaft, wenn sie ihre Informanten nicht nennen wollen".

Die Top 20 des Pressefreiheitsrankings
Die skandinavischen Staaten schneiden bei der Pressefreiheits-Rangliste gut ab