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Hälfte für die Bank

Sabine Kinkartz5. Dezember 2007

Weltweit überweisen Migranten jährlich 300 Milliarden US-Dollar in ihre alte Heimat. Ein beträchtlicher Teil davon aber geht für hohe Bankgebühren drauf. Eine Webseite der Bundesregierung will nun Abhilfe schaffen.

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Schild einer Western Union Filiale (Archiv, Quelle: AP)
Internationale Banküberweisungen schlucken viel vom hart verdienten GeldBild: AP

Ungefähr 463.000 Berliner und damit knapp 14 Prozent aller Einwohner der deutschen Hauptstadt sind Ausländer. Viele von ihnen haben Familien in ihren Herkunftsländern, die sie finanziell unterstützen. So auch Debo - der junge Mann kommt aus Nigeria. Wenn er seiner Familie Geld schickt, kommt häufig nur die Hälfte an.

Schnell aber teuer

Junge Afrikaner in einem bayrischen Ausbildungszentrum (Archiv, Quelle: AP)
Überweisungen nach Afrika sind besonders teuerBild: dpa

Debo überweist sein Geld mit Western Union, einem auf Auslandsüberweisungen spezialisierten Dienstleister. Das gehe recht schnell, sagt er, bei mancher deutschen Bank würde der Transfer bis zu drei Wochen dauern.

Es gibt aber noch weitere Unterschiede zwischen den Geldinstituten. Welche das sind, das vergleicht ein neuer Internetservice, den die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, der GTZ, und der Frankfurt School of Finance and Management entwickelt hat. Angebote von 40 Banken, Sparkassen und Bargeldtransfer-Unternehmen werden unter "www.geldtransfair.de" verglichen.

Das Geld fehlt in der Heimat

Würden die Überweisungsgebühren auf ein Niveau gesenkt werden, wie das zwischen Industrieländern üblich ist, stünden zusätzliche Milliardenbeträge für Entwicklungsländer zur Verfügung, sagt die deutsche Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. "Es geht darum, die Kosten zu senken und zwar, indem die Transparenz und der Wettbewerb bei den Anbietern gesichert werden."

Geschehen soll das zunächst für die sechs Herkunftsländer, in die von Deutschland aus die größten Geldflüsse gehen: Albanien, Ghana, Marokko, Serbien, die Türkei und Vietnam.

Eine Überweisung von 100 Euro etwa nach Albanien kann zwischen 1,50 Euro und 25 Euro kosten. Die neue Website listet alle Einzelheiten auf und unterscheidet, ob das Geld bar eingezahlt oder online überwiesen werden muss. Die Daten werden regelmäßig aktualisiert. Geplant ist, innerhalb von ein bis zwei Jahren weitere 15 Länder hinzuzunehmen und die Seite über Werbeeinnahmen langfristig zu finanzieren.

Türken sind Überweisungsmeister

Türkischer Mitarbeiter in einer Döner-Produktionsfirma (Archiv, Quelle: AP)
Türkische Einwanderer überweisen das meiste Geld in ihre HeimatBild: AP

De facto überweisen die in Deutschland lebenden Türken das meiste Geld - auf Platz zwei folgen die Serben. Für den Gouverneur der serbischen Zentralbank, Radovan Jelasic, der bis vor acht Jahren selbst in Deutschland lebte, sind diese Zahlungen eine wichtige Finanzquelle. "Unseren Schätzungen nach wurden 2006 drei Milliarden Dollar aus dem Ausland nach Serbien überwiesen. Das entspricht etwa 8,1 Prozent des Bruttosozialprodukts. Allein aus Deutschland kommen 300 Millionen Dollar pro Jahr."

Weltweit ist die Summe, mit der Migranten ihre Heimatländer unterstützen, höher als die Summe der ausländischen Direktinvestitionen in Entwicklungsländern. Und sie ist mehr als doppelt so hoch, wie Geld an offizieller Entwicklungshilfe gezahlt wird.

Direkte Wirtschaftsförderung

Mit dem Geld werden nicht nur Daheimgebliebene versorgt, sondern auch kleine Unternehmen finanziert oder Häuser und Immobilien gekauft. Das stützt die Wirtschaft in den Empfängerländern.

Experten gehen aber davon aus, dass maximal die Hälfte der Überweisungen über Banken abgewickelt werden. Das könnte sich ändern, wenn die Gebühren sinken. In Großbritannien, wo eine vergleichende Webseite schon länger existiert, sind die Kosten bei Überweisungen nach Indien um bis zu 40 Prozent gesunken.

Ein Problem bei Geldtransfers sind vor allem in Entwicklungsländern die mangelnden Finanzstrukturen. Mit einer Website allein, meint Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, sei es daher nicht getan. Die Bundesregierung müsse vielmehr Hilfe zur Selbsthilfe leisten. "Dazu gehört auch, dass jeder die Möglichkeit haben sollte, ein Bankkonto zu führen, um Zugang zu Finanzdienstleistungen zu bekommen." Und das, sagt Steinbrück, sei bei weitem nicht selbstverständlich.