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Die Hoffnungen und Ängste deutscher Syrer

Nina Niebergall9. April 2016

Wie denken Syrer, die bereits in Deutschland leben, über die vielen neuen Flüchtlinge? Das Ergebnis zeigt eine neue Studie, die auch eine Überraschung enthält: die Meinung zu Obergrenzen für Flüchtlinge.

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Flüchtling mit Kleinkind -Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Bild: picture-alliance/dpa/S. Kahnert

"Deutschland kann es schaffen, die Probleme bei der Aufnahme der vielen Flüchtlinge zu bewältigen", sagen 71 Prozent aller befragten syrischen Zuwanderer. Allerdings: Zwei Drittel sind der Ansicht, dies könne nur gelingen, wenn sich in Staat und Gesellschaft einiges verändere.

Religionssoziologe Detlef Pollack leitete die Studie der Universität Münster. Im Interview mit der DW meint er: "Man kann sich vorstellen, dass diejenigen Syrer, die hier schon eine Weile leben, vor allem auf Integrationsprobleme abzielen -am Arbeitsmarkt oder bei sozialstaatlichen Leistungen zum Beispiel."

Für das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid befragte Pollacks Forschungsteam rund 500 syrischstämmige Menschen in Deutschland. Die Interviewten leben durchschnittlich seit 20 Jahren in der Bundesrepublik, mindestens aber ein Jahr. Etwa 20 Prozent wurden in Deutschland geboren, die Hälfte besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, ein Drittel die syrische. Elf Prozent haben einen deutschen und einen syrischen Pass.

Erwartungen und Bedenken

Basierend auf den Ergebnissen der Studie macht Professor Pollack drei Punkte aus, die für die in Deutschland lebenden Syrer kritisch sind, wenn sie über die Neuankömmlinge nachdenken. Erstens seien über die Hälfte der Meinung, es solle in Deutschland eine Obergrenze für die Aufnahme von Asylbewerbern geben. Nur dann könne deren Integration gelingen. "Zweitens sehen sie sich möglicherweise durch die neuankommenden Flüchtlinge in ihrer eigenen Lebenssituation unter Konkurrenzdruck", so Pollack. Diese Bedenken äußerte jedoch nur rund ein Drittel der Befragten. Und schließlich: "Relativ groß ist auch die Angst, dass unter den Flüchtlingen viele Terroristen sein könnten."

Deutschland Merkel Selfie mit Anas Modamani. Foto: Sean Gallup/Getty Images
Der syrische Flüchtling Anas Modamani macht ein Selfie mit der Kanzlerin - ein kleines Zeichen deutscher WillkommenskulturBild: Getty Images/S. Gallup

Diese Befürchtungen decken sich weitgehend mit den Ängsten und Erwartungen derer, die Pollack als "deutsche Mehrheitsgesellschaft" bezeichnet. So ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag des NDR-Politmagazins "Panorama" zuletzt ganz ähnliche Ergebnisse wie die der Studie der Universität Münster - allerdings für die gesamte Bevölkerung Deutschlands. Knapp über die Hälfte der Deutschen ist demnach der Meinung, dass Integration nur gelingen könne, wenn die Flüchtlingsaufnahme begrenzt werde.

Positives Beispiel der Integration

Für Pollack sind diese Meinungsüberschneidungen ein positives Zeichen: "Das zeigt, trotz aller bestehenden Probleme, wie stark die hier lebenden Syrerinnen und Syrer integriert sind." In der Debatte um Flüchtlings- und Integrationspolitik könne dieses Ergebnis "eine wichtige Botschaft sein", erläutert der Religionssoziologie. Diese laute: "Integration kann gelingen und die hier lebenden Syrer sind ein Beispiel dafür".

In der Tat scheinen die meisten deutschen Syrer positiv in die Zukunft zu blicken. Laut Studie überwiegt Offenheit und Solidarität gegenüber den neuankommenden Flüchtlingen. Dabei ist auch das Vertrauen in die Politik Angela Merkels groß: 83 Prozent aller Befragten befürworten die Herangehensweise der Bundeskanzlerin. Pollack bilanziert: "Bei allen Problemen ist die Haltung im Großen und Ganzen eine konstruktive."