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Die Lehrerin

13. Juli 2010

Ute Weber ist ein bodenständiger Mensch. Seit 30 Jahren unterrichtet sie Englisch und Erdkunde an einem Mädchengymnasium in ihrer Heimatstadt Essen. Mittlerweile kann sie sich vorstellen, einmal etwas anderes zu machen.

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(Foto: DW)

"Der liebe Gott weiß alles - Lehrer wissen alles besser". Witze solcher Art mag Ute Weber nicht. Auch die gängigen Klischees - Lehrer haben ständig Ferien und auch sonst viel frei - ärgern die Pädagogin aus Essen. Am Mädchengymnasium Essen-Borbeck unterrichtet sie Englisch und Erdkunde - 25 Stunden pro Woche. Ein Halbtagsjob ist es deswegen noch lange nicht. Vorbereitungen und Korrekturen, vor allem im Fach Englisch, nehmen sehr viel Zeit in Anspruch.

Die Schule beginnt zu früh, finden die allermeisten Kinder. Auch Ute Weber hätte nichts dagegen, später anzufangen. Doch die 57-jährige Lehrerin steht extra eine halbe Stunde eher auf, damit sie in Ruhe mit ihrem Ehemann Bernd frühstücken und Zeitung lesen kann. Dieses Ritual gönnt sich das Paar. Für die Vorbereitung des Frühstücks ist Bernd Weber zuständig. Er ist ebenfalls Lehrer - an einem anderen Gymnasium.

Immer etwas Neues

Ute Weber auf dem Weg zur Schule (Foto: DW)
Ute Weber auf dem Weg zur SchuleBild: DW

Die Schule ist gerade mal drei Kilometer entfernt. Dennoch fährt Ute Weber mit dem Auto. Sie will die schweren Bücher und Hefte nicht schleppen. In Gedanken ist sie schon in der Klasse. Manchmal fällt ihr am Steuer noch irgendetwas zum Unterricht ein. "Ich bin ziemlich spontan", meint Ute Weber über sich. Was die Unterrichtsinhalte angeht, so versucht sie, immer etwas Neues zu bieten, soweit der vorgeschriebene Lehrplan das erlaubt. "Ich mache nie dasselbe, denn ansonsten ist es schrecklich langweilig", sagt Ute Weber.

Wenn sie gut drauf ist, kann es mit ihr richtig lustig sein, verrät eine Zehntklässlerin. Schülerinnen der 7d, deren Klassenlehrerin Ute Weber ist, finden sie nicht streng. Trotzdem solle man sie lieber nicht ärgern. "Ich versuche, die Regeln aufzustellen, die dann aber auch eingehalten werden", betont die Pädagogin. "Ich bin neugierig, und ich glaube, die Schülerinnen haben das Recht auch etwas über mich zu wissen." Bis zu einer gewissen Grenze, versteht sich.

"Mädchen sind weniger anstrengend"

Mädchen sind weniger anstrengend als Jungs, meint Ute Weber (Foto: DW)
Mädchen sind weniger anstrengend als Jungs, meint Ute WeberBild: DW

Sie unterrichtet gerne an einem Mädchengymnasium, findet, es sei weniger anstrengend. Natürlich sind auch die Schülerinnen manchmal zickig, aber die Jungs seien lauter. Mit Mädchen sei das Lernen daher insgesamt entspannter, glaubt Ute Weber. Und so unterrichtet sie nun schon seit 30 Jahren in Borbeck.

Auch ihre beiden Töchter gingen hier zur Schule. Aber sie hatten stets andere Lehrer. Nina ist heute 28 Jahre alt und wollte beruflich in die Fußstapfen ihrer Mutter treten. Doch nach einiger Zeit hat sie das Lehramtstudium abgebrochen, um sich der Ökonomie zu widmen. Sonja ist 26 Jahre alt und hat Kultur- und Medienwissenschaften studiert. Doch dann entschied sie sich, Hundetrainerin zu werden und eigenes Geschäft für Vierbeiner zu eröffnen. Sonja wohnt mit ihrem Freund im Haus der Eltern - in einer eigenen Wohnung im Obergeschoss. Noch - denn schon bald will Sonja ihren Hundesalon aufgeben und ins Ausland gehen.

Neustart ist möglich

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Von einem Neustart träumt auch Ute Weber manchmal - obwohl sie glücklich ist. Sie kann sich vorstellen, etwas ganz anderes zu machen - zum Beispiel in der freien Wirtschaft. "Ich organisiere gerne, das kann ich ganz gut", betont die Lehrerin.

Sie möchte gerne Fremdsprachen lernen - Spanisch oder vielleicht auch Portugiesisch. Ute Weber ist schon immer ein sehr bodenständiger Mensch gewesen - ihrer Heimatstadt Essen ist sie immer treu geblieben. Doch jetzt möchte die Lehrerin auch häufiger mal etwas anderes sehen, unterwegs sein, wenn auch nur für ein paar Tage. Das Einzige was sie stört: Sie kann nur verreisen, wenn es auch alle anderen tun - in den Schulferien.

Autor: Vjacheslav Yurin
Redaktion: Birgit Görtz