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UN-Abrüstungskonferenz

Die Fragen stellte Christoph J. Heuer22. Januar 2007

Am Montag (22.1.07) hat die erste Sitzungsperiode der Genfer UN-Abrüstungskonferenz begonnen. DW-WORLD sprach mit Götz Neuneck über die Gefahr eines neuen Wettrüstens im All und der Bedeutung der Konferenz.

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Pilzwolke einer Atombombenexplosion in Badger, Nevada Test Site
Schreckensvision: Die Explosion einer Atombombe (Archivbild)Bild: AP

DW-WORLD: Welche Bedeutung messen Sie der UN-Abrüstungskonferenz bei?

Götz Neuneck: Die Genfer "Conference on Disarmament" ist ein Organ, in dem sehr bedeutende Rüstungskontrollverträge ausgehandelt worden sind. Ich erinnere zum Beispiel an das C-Waffenabkommen, das Abkommen zum Verbot von chemischen Waffen. Man hat dort über viele Themen geredet, die zu der klassischen Rüstungskontrollagenda gehören und dementsprechend kommt der Konferenz in Genf eigentlich eine sehr große Bedeutung zu. Das Problem ist aber, dass die Mitglieder diese Verantwortung, dort zu neuen Abrüstungsschritten zu kommen, nicht mehr ernst nehmen. Einige Staaten weigern sich schlichtweg, vertragliche Verpflichtungen einzugehen und da liegt der Hase im Pfeffer. Das heißt, die Konferenz ist im Grunde genommen gelähmt und kommt nicht zu neuen, wesentlichen Ergebnissen.

Welche Instrumente stehen dieser Konferenz zur Verfügung? Können beispielsweise Sanktionen gegen Länder verhängt werden, die Nukleartests durchführen?

Nein, die Konferenz hat die Aufgabe, Verträge auszuhandeln und vertrauensbildende Schritte einzuleiten, zum Beispiel zu Verhinderung eines Wettrüstens im Weltall. Sie beschäftigt sich aber auch mit Initiativen zum Verbot von Streumunition. Man muss feststellen, dass seit ungefähr 10 bis 15 Jahren diese Konferenz nicht mehr richtig in Schwung geraten ist. Obwohl die Agenda lang ist und die Probleme vielfältig sind, wollen einige Staaten keine Abrüstung und Rüstungskontrollen mehr.

Auf welche Staaten spielen Sie an?

Da gibt es einmal die Staaten, die zum Beispiel spaltbares Material herstellen, um daraus möglicherweise Waffen zu entwickeln. Um dieses zu verhindern, wird versucht, einen Vertrag - den "Fissile Material Cut-Off-Treaty" - auszuhandeln. In einem solchen Vertrag würden sich Staaten verifizierbar verpflichten, nicht mehr Plutonium oder hoch angereichertes Uran herzustellen. Die Staaten, die das noch tun, wollen diesen Vertrag nicht, so zum Beispiel China.

Dann gibt es beispielsweise die USA, die in den letzten Jahren nicht daran interessiert waren, über die Reduzierung taktischer Nuklearwaffen oder die Verhinderung eines Wettrüstens im All zu reden. Der Abschuss eines chinesischen Satelliten in der letzten Woche hat gezeigt, dass auch China hier Ambitionen hat. Das wäre natürlich ein Topthema für die Konferenz.

Sind der chinesische Satellitentest und das amerikanische Rüstungsprojekt "National Missile Defense" Vorboten für ein Wettrüsten im Weltall?

Die Gefahr eines Wettrüstens im Weltall besteht bereits seit Längerem. Das Problem liegt darin, dass man nicht zu Verhandlungen kommt. Die rechtliche Situation ist relativ klar. Es gibt nur den Weltraumvertrag von 1967, der die Stationierung von Massenvernichtungswaffen im Weltraum verbietet. Man darf also keine Atomwaffen in die Erdumlaufbahn bringen. Er verbietet aber nicht das Zerstören von Satelliten durch konventionelle Raketen. Genau das haben die Russen zwischen 1982 und 1985 gemacht. Auch die Amerikaner haben zu diesem Zeitpunkt Tests gemacht. Der Test der vergangenen Woche gibt auch den Chinesen die Möglichkeit, Satelliten in einer niedrigen Umlaufbahn zu zerstören. Die Raketenabwehrprogramme sind sicherlich der größte Schub. Die sind allerdings dazu da, heranfliegende Raketen zu zerstören. Satelliten sind aber viel verwundbarer. Die Gefahr eines Wettrüstens ist damit nach dem Test der Chinesen gestiegen.

Machen sich Konferenzteilnehmer - wie etwa die USA - nicht dadurch unglaubwürdig, dass sie sich einerseits in der Nuklearfrage nicht in die Karten schauen lassen wollen, andererseits aber Ländern wie den Iran davon abhalten wollen, ein eigenes Nuklearprogramm aufzunehmen?

Das bezieht sich nicht nur auf die USA, sondern auch auf die anderen Nuklearwaffenstaaten. Aber die USA sind die führende Nation auf diesem Sektor. Dort werden Nuklearwaffen und die Raketenabwehr weiterentwickelt. Dies will man aber anderen Staaten verbieten. Aber wenn sich diese Staaten bedroht fühlen, investieren sie wiederum in Nuklearwaffen. Es ist das Dilemma, dass die klassischen Kernwaffenstaaten nicht weiter abrüsten.

Verliert die Konferenz dadurch nicht ihre Relevanz? Welche anderen Formen der Verständigung könnte es geben?

Nein, die Konferenz ist sehr wichtig, doch man schafft keine wirklichen Durchbrüche mehr. Deswegen muss die Öffentlichkeit die Regierungen dazu bringen, Abrüstungspläne vorzulegen. Solange aber die Öffentlichkeit achselzuckend darauf reagiert, werden die Regierungen nicht ihrer Verantwortung gerecht werden und weiter abrüsten.

Dr. Götz Neuneck ist Leiter der Interdisziplinären Forschungsgruppe Abrüstung, Rüstungskontrolle und Risikotechnologien am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg,