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Aktivurlaub

Immer mehr Menschen in Deutschland entdecken das Wandern. Was früher als spießig galt, ist heute für viele der ideale Ausgleich zu einem immer anstrengender werdenden Alltag.

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Ein Gruppe wandert auf dem Rheindeich bei Neuss.
So weit die Füße tragen ...Bild: AP
In Wanderausrüstung passieren zwei Pilgerinnen eine Ortsmarkierung Santiago de Compostelas, die mit den Symbolen des Jakobswegs - Jakobsmuschel, Wanderstab und Kürbisflache - verziert ist
Auf die Wegeschilder kommt es an - wie hier auf dem JakobswegBild: dpa

Auf das kleine weiße Andreaskreuz kommt es an: Es zeigt die Richtung auf dem Wanderweg Schlei-Eider-Elbe, der von Schleswig hoch im Norden Deutschlands bis nach Hamburg-Blankenese führt. Träge und breit fließt die Elbe an diesem grauen Tag im Februar dahin. Eine fünfköpfige Wandergruppe blickt auf den Fluss. Es nieselt leicht. Wandern im Zeitalter von Fernreisen, Internet und Globalisierung? Manche finden diese Art der gemächlichen Fortbewegung spießig, andere wie Rainer Brämer vom Deutschen Wanderinstitut sehen eine Renaissance des Wanderns. Bücher zum Thema sind Bestseller.

Suche nach Erholung

Der Experte zitiert repräsentative Studien und spricht von rund 40 Millionen Deutschen, die wandern. Etwa 8 Millionen schnürten mindestens ein Mal im Monat die Wanderschuhe. "Wir beobachten seit Jahren steigende Zahlen. Die meisten Jugendlichen sind Wandermuffel - im Gegensatz zu den Erwachsenen, hier gibt es ein wachsendes Bedürfnis und eine neue Lust am Wandern." Brämer, der an der Universität Marburg eine Forschungsgruppe zum Thema Wandern leitet, erklärt dies mit einer "High-Tech-Zivilisation, die uns mehr und mehr überfordert", und mit "mentaler Erschöpfung", die viele in der Natur nach Erholung suchen lasse.

Wandelndes Image

Spaziergänger wandern am am Strand von Hohwacht an der Ostsee entlang.
Wanderer am Strand von Hohwacht an der OstseeBild: AP

Auch der Deutsche Wanderverband mit etwa 600.000 Mitgliedern in den Vereinen beobachtet zunehmendes Interesse. "Wandern ist wieder ein Thema, deswegen gibt es auch einen Markt für Bücher zu diesem Thema", sagt Ingo Seifert-Rösing, Verbandsreferent für Öffentlichkeitsarbeit. "Vor 10 bis 15 Jahren galt es noch als absolut spießig, inzwischen bekennen sich die Leute dazu. Das Image hat sich gewandelt, Wandern wird heute mit sanftem Tourismus und mit einem Lebensstil in Verbindung gebracht." Hinter der Wanderlust steckten neben dem Naturerlebnis, der Freude an Bewegung auch das Streben nach Gesundheit und Interesse an der Heimatregion. Die Vermarktung von neuen Touren wie dem Rheinsteig über 320 Kilometer von Wiesbaden nach Bonn spiele ebenfalls eine Rolle.

Einsteiger zwischen 40 und 50

"Viele Strecken sind heute abwechslungsreicher und spannender als früher. Und gute Wege wiederum ziehen neue Wanderer an", sagt Brämer. "Wandern ist ein riesiger Markt für Gastronomie und Hotellerie, Kleidung und Schuhe." In den Vereinen sind nach Auskunft des Verbands vor allem die über 60-Jährigen engagiert. Ihnen gehe es um geführte Touren und Geselligkeit, sie seien häufig und regelmäßig unterwegs. "Viele entdecken das Wandern ab Mitte 40 oder mit Anfang 50 für sich", sagt Seifert-Rösing.

Wandern muss wachsen

Menschen machen eine Winterwanderung im Allgäu in der Nähe von Oberstdorf
Auch eine Winterwanderung kann reizvoll seinBild: Geraldo Hoffmann
Nach Auskunft Brämers ist der Durchschnittswanderer 48 Jahre alt. Die Wandergruppe an der Elbe in Blankenese besteht überwiegend aus Rentnern, die schon immer gern gewandert sind, sich im Verein engagieren und regelmäßig zu Touren treffen. "Wandern muss wachsen. Das ist auch eine Frage des Alters, dass man seinen natürlichen Rhythmus wieder entdeckt", sagt Frank Schlinzig, Hauptwegewart im Wanderverband Norddeutschland. Er ist für das kleine weiße Andreaskreuz zuständig, das dem Wanderer zwischen Schleswig und Hamburg die Orientierung erleichtern soll. (pg)