1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Yps ist wieder da

Silke Wünsch14. Oktober 2012

Ein Comicheft mit Bastelbögen und kleinen Gegenständen, den "Gimmicks", in den 70er und 80er Jahren in Deutschland die Kultzeitschrift für Spielkinder zwischen 8 und 20 Jahren: Jetzt ist "Yps" wieder da.

https://p.dw.com/p/16Nw4
Titelbild der Zeitschrift YPS (Foto: Ehapa Egmont Verlag)
Bild: picture-alliance/Ehapa Egmont Verlag

Es sind echte Krebseier, die man im Salzwasser züchten und, wenn sie geschlüpft sind, mit einer Lupe beobachten kann. Obwohl laut einer Yps-Umfrage 46% der Experimente scheiterten, weil die unansehnlichen Versuchsanordnungen von verzweifelten Müttern in den Müll geworfen wurden, sind die Urzeitkrebse die ewige Nummer Eins in der Gimmicks-Bestseller-Liste. In nunmehr 1258 Yps-Heften ist diese Beilage 22 Mal erschienen. Auch in der allerneuesten Ausgabe, die seit dem 11. Oktober 2012 zu haben ist.

Es ist das erste neue Heft seit gut sieben Jahren und bereits der zweite Versuch, die kultige Jugendzeitschrift wieder zu beleben.

Urzeitkrebs Artemia Salina (Foto: picture alliance/chromorange)
Es gibt ihn wirklich: Urzeitkrebs Artemia SalinaBild: picture alliance/chromorange

Irgendwo irgendwas verpasst

Eigentlich war Yps schon lange vom Zeitschriftenmarkt verschwunden. Das Heft war nicht mit seinen Lesern gewachsen, vergeblich wartete man auf eine neue Yps-Fangeneration. Außerdem überschwemmten andere Jugendmagazine den Markt mit ähnlichen Konzepten. Plötzlich gab es überall Heftbeilagen. Eines der berühmtesten Konkurrenzprodukte war das Furzkissen aus den Micky-Maus-Heften. Im Herbst 2000 waren die einst so rekordverdächtigen Auflagenzahlen von Yps so weit zurück gegangen, dass man das Heft einstellte.

Fünf Jahre später der erste Reanimationsversuch. Mit 150.000 Exemplaren lag Yps im August 2005 wieder im Laden. Die Idee: Alte Fans zurückholen und neue Fans dazugewinnen. Der Plan ging nicht auf, was der Verlag denn auch zähneknirschend nach drei weiteren Heften einsehen musste.

Die Kinder von damals

Deswegen wagt man nun mit dieser Ausgabe ein Experiment: Die alte Fangemeinde soll reaktiviert werden. Das neue Yps will die Generation wieder für sich gewinnen, die in ihrer Kindheit Kettcars gefahren ist oder Bonanza-Räder. Die Kinder, die auf braunstichigen Fotos mit Schlaghosen, Riesenkragen und schrecklichen Haarschnitten zu sehen sind. Diejenigen, die mit dem Schokoriegel "Raider" aufgewachsen sind, deren einziger Bundeskanzler Helmut Kohl war, die am Commodore 64 nächtelang Pac-Man spielten und deren Eltern noch im Ford Granada, Opel Ascona oder Audi 80 Kette rauchten. Für die es nur drei Fernsehprogramme gab, die gegen Mitternacht zu Ende waren.

Yps-Gimmicks wie eine Gelddruckmaschine (Foto: )
Yps-Gimmicks: Die Gelddruckmaschine funktioniert auch mit Euro.Bild: CC-BY-SA-Richard Jebe

Dies alles schlägt einem auf den ersten Seiten des neuen Hefts sofort entgegen. In die Jahre gekommene Yps-Leser haben Fotos geschickt, von sich, ihren Heften, ihren Gimmicks. Prominente Spielkinder wie die Rapper von den Fantastischen 4 erzählen ihre persönliche Yps-Geschichte. Ja, stimmt, die Kinder von damals sind die Erwachsenen von heute!

Nostalgie

Natürlich haben wir Tränen in den Augen, wenn wir an den Eierschneider denken, der aus ovalen Eiern viereckige machte. Wenn wir uns an die salzverkrusteten Einmachgläser erinnern, in denen die Urkrebs-Maden verendet sind, bevor wir sie zu erwachsenen Tieren heranzüchten konnten. Hätten wir noch ein einziges Mal den Geheimagenten-Kuli in der Hand. Der auch schießen konnte.

Nordrhein-Westfalen/ Der Juror der Castingshow "Unser Star fuer Baku", Thomas D., posiert am Freitag (17.02.12) in Koeln waehrend einer Pressekonferenz. Roman Lob singt fuer Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC) in Aserbaidschan. Der 21-Jaehrige gewann am Donnerstagabend (16.02.12) den Vorentscheid "Unser Star fuer Baku". Er tritt nun im ESC-Finale am 26. Mai in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku an. (zu dapd-Text) Foto: Hermann J. Knippertz/dapd
Rapper Thomas D. ist erklärter Yps-Fan.Bild: dapd

Noch einmal der Mutti "Flummi, die wabbelnde Wasserwurst" in die Handtasche stecken. Und den Super-Zeppelin starten lassen, der sich allein mit der Kraft der Sonnenstrahlen in den Himmel erhob. Solange keine spitzen Gegenstände in der Nähe waren. Noch einmal im Abenteuerzelt schlafen. Das nichts weiter war als eine große Plastiktüte.

In alten Schatzkästen einstiger Gimmick-Sammler liegen noch Agentensets, Gelddruckmaschinen und Vampir-Fledermäuse, die man so schön an die Zimmerdecke flitschen konnte, und das am allerbesten mit dem Schleuderkatapult.

Und Gimmicks für Erwachsene

All das kann wieder möglich sein. Wenn die Zeitung diesen neuen Versuch überlebt. Hier geben die Macher alles: Der Abenteuer-Papi wird direkt auf der ersten Seite auf den neuen Mercedes-Kastenwagen aufmerksam gemacht – und wer ist die Werbe-Ikone dieses neuen Fahrzeugs? Na klar: McGyver, der Held der 80er, der aus einem Streichholz und einer Büroklammer eine Atombombe bauen konnte.

Sony Walkman, 1980er. Copyright: picture-alliance / imagestate/HI
Damals hörte man noch Kassette.Bild: picture-alliance / imagestate/HI

Den Spagat zwischen Alt und Jung zeigt drei Seiten später die Werbung für das Videospiel "Little big Planet" - ein Jump'n'Run-Spaß wie die alten Super-Mario-Games, nur in neu und für die ganze Familie.

Dann gibt es Gimmicks des 21. Jahrhunderts, die in keiner Sammlung spielverliebter Mittdreißiger bis -vierziger fehlen dürfen: Ein selbstumrührender Kaffeebecher. Eine Pizzasäge. Eine Bambustatstatur plus Maus. Ein Flaschenaschenbecher. Und eine stoßfeste und wasserdichte Helmkamera, mit der man seine privaten Actionfilme in Full HD-Qualität drehen kann. Die Kinder von damals kaufen sich auch heute noch gerne Spielzeug – nur haben sie jetzt mehr Geld dafür.

Zwischen früher und jetzt

Ein Wiedersehen gibt es natürlich mit dem karierten Känguruh und seinen Kumpels, mit dem Yps-Fernsehteam Yinni + Yan, mit Pinkerton-Agent Ronegall Dawson und mit realen Helden der 80er wie dem Schwimmer Michael Groß.

(Sperrfrist 10. Oktober 0001) HANDOUT - Undatiertes Titelbild der Zeitschrift "YPS". Die Kinderzeitschrift «Yps» war jahrelang vom Markt verschwunden, jetzt kehrt sie als Magazin für erwachsene Männer zurück. Foto: Ehapa Egmont Verlag (zu dpa:""Yps" kehrt zurück - Urzeit-Krebse als Gimmick" vom 10.10.2012) ACHTUNG: Nur zur redaktuionellen Nutzung bei Nennung der Quelle
Wird es das neue Kultmagazin für erwachsene Spielkinder?Bild: picture-alliance/Ehapa Egmont Verlag

Yps versucht den Zeitsprung von fast 40 Jahren zu überwinden, indem es mit nahezu jedem Thema versucht, die Brücke zwischen früher und heute zu schlagen. Das gelingt – meistens. Dann, wenn wir sehen, dass Digitaluhren von Casio genau so aussehen wie früher und Coca Cola das Design der 80er kaum verändert hat. Selbstverständlich gibt es einen großen Artikel über Computerspiele damals und heute. Und über Autos damals und heute.

Dieses Heft Nummer 1258 wird sicher viele Nostalgiker überzeugen. Doch wie es nach dieser Ausgabe weiter gehen soll, bleibt offen, denn im Grunde genommen haben die Macher ihr ganzes Pulver mit dieser Ausgabe verschossen. Und: Gibt es sie wirklich noch? Die erwachsenen Spielkinder, die jede Woche in den Kiosk laufen, ihr Taschengeld in einzelnen Münzen auf die Ladentheke zählen, um den vierten Teil des Bausatzes für eine Saturn-Rakete zu ergattern?

Und für jedes Mädchen, pardon, für jede Frau, die heimlich die Urkrebszucht des Bruders mit Fischfutter getötet hat, stellt sich die Frage: Warum ist dieses neue Yps ein Männermagazin geworden?

Fragen, die vielleicht mit der nächsten Ausgabe beantwortet werden. Nummer 1259 ist für den März 2013 geplant.