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Die Republik Moldau zwischen EU und Eurasien

Robert Schwartz / Vitalie Calugareanu 30. November 2014

Die Republik Moldau wählt ein neues Parlament. Die Wahl gilt als Richtungsentscheidung über die Fortsetzung des pro-europäischen Kurses des Landes oder die Annäherung an Russland.

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Wahlplakate in Chisinau (Foto: Dan Gutu)
Bild: Dan Guțu

Die Republik Moldau soll an die Europäische Union herangeführt werden - das ist das erklärte Hauptziel der pro-westlichen Koalition, die in Chisinau seit fünf Jahren regiert. Und die Ergebnisse dieser Politik sind für jeden sichtbar: Im Sommer unterzeichnete die Republik Moldau das Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der EU. Seit April 2014 dürfen moldauische Staatsbürger ohne Visum in den Schengenraum einreisen.

In Russland stößt der EU-Kurs der Republik Moldau auf harte Kritik. Nach Moskauer Lesart gehört die ehemalige Sowjetrepublik Moldau, die seit 1991 unabhängig ist, immer noch zum Einflussgebiet der Russischen Föderation. Als Reaktion auf die Verträge mit der EU wurde Chisinau mit einem Handelsembargo belegt: Moskau stoppte die Einfuhr von Wein, Obst, Gemüse und Fleischprodukten aus der Republik Moldau.

Das Land zählt zu den ärmsten in Europa. In seiner bewegten Geschichte gehörte es abwechselnd zum russischen Zarenreich, nach 1918 zu Rumänien und nach dem Zweiten Weltkrieg zur Sowjetunion. Die Bevölkerung der Republik Moldau hat unterschiedliche ethnische Wurzeln: über 70 Prozent sind rumänische Moldauer, jeweils rund 10 Prozent sind Ukrainer und Russen. Die offizielle Landessprache ist Rumänisch. Ein Großteil der Bevölkerung spricht auch Russisch. In der pro-russischen separatistischen Republik Transnistrien und der ebenfalls in Richtung Moskau orientierten autonomen Region Gagausien gilt Russisch als Amtssprache.

Patt in den Umfragen

Aktuellen Umfragen zufolge liefern sich die pro-europäischen liberal-demokratischen Parteien ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den moskautreuen Kommunisten und Sozialisten. Die Bevölkerung ist gespalten: 44 Prozent sprechen sich für die westliche Orientierung ihres Landes aus, 43 Prozent für eine Annäherung an Russland.

Weinberg in Purcari, Republik Moldau (Foto: DW)
Mit dem Importverbot für moldauische Weine hat Russland die Wirtschaft der kleinen Landes hart getroffenBild: DW/S. Ciochina

Die Kommunistische Partei des ehemaligen Präsidenten Vladimir Voronin liegt knapp vor den Liberal-Demokraten und der Demokratischen Partei, wäre aber bei einem Wahlsieg von den Sozialisten und weiteren pro-russischen Splitterparteien abhängig, um im neuen Parlament eine Regierungsmehrheit zu bilden.

Ärgste Kritiker des EU-Assoziierungsabkommens im Inland sind die Sozialisten. Deren Vorsitzender, Igor Dodon, gehörte früher zu Voronins Kommunistischer Partei. Er erklärte, das Abkommen mit der EU sofort aufzukündigen, sollte er die Wahlen gewinnen. Die Perspektive seines Landes sei eng mit dem eurasiatischen Projekt innerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten - GUS - verbunden, so Dodon.

Risikofaktor Politikverdrossenheit

Ein ausschlaggebender Faktor bei diesen Wahlen wird die Wahlbeteiligung sein. Viele Moldauer sind unentschlossen, viele sind hoffnungslos wegen der Armut und der vielen Korruptionsskandale, die das Land erschüttern.

Der Präsident des Verfassungsgerichts, Alexandru Tanase, hat in einem persönlichen Appell seine Landsleute aufgerufen, wählen zu gehen. "In der Republik Moldau sind die Wahlen nicht politisch, sondern geo-politisch", sagt Tanase. Es gebe keine ideale Regierung und keine idealen Parteien, so der oberste Verfassungsrichter, aber er wolle nicht, "dass die Republik Moldau von Politikern geführt wird, die sich über das russische Embargo gegen das eigene Land freuen" - damit spielt er auf die Position des Sozialistenführers Dodon an.

Bekenntnis zur EU

Der ehemalige Interims-Präsident und Parlamentspräsident Mihai Ghimpu, Chef der Liberalen Partei, bestätigte im Gespräch mit der DW die klare Linie der Regierungskoalition, bei einem Wahlsieg die europäische Partnerschaft und Solidarität verstärkt fortzusetzen.

Mihai Ghimpu, Chef der Liberalen Partei (Foto: DW)
Ghimpu: Europäische Partnerschaft fortsetzenBild: DW/Cristian Ștefănescu

Mit Blick auf die Ukraine-Krise und die Rolle Russlands in diesem Konflikt betonte Ghimpu, die deutliche Haltung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in dieser Krise sei "eine wichtige Botschaft" für sein Land. Merkel hatte jüngst die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisiert und vor einem Flächenbrand in Europa gewarnt, der auch Länder wie die Republik Moldau, Georgien oder den Westbalkan erfassen könnte.

Wichtig werden bei diesen Wahlen die Stimmen der Auslands-Moldauer sein. Von den insgesamt knapp vier Millionen Einwohnern leben zurzeit etwa 500.000 als Gastarbeiter in Russland, genauso viele - vor allem jüngere und gut ausgebildete Moldauer - studieren und arbeiten in der EU. Mehr als eine halbe Million sind im Besitz der rumänischen Staatsbürgerschaft und somit Bürger der EU, obwohl ihr Land noch weit davon entfernt ist. Sie sind bei diesen Parlamentswahlen das Zünglein an der Waage. Gehen sie wählen, hat die europäische Perspektive der Republik Moldau weiterhin eine Chance. Das hat auch der moldauische Präsident Nicolae Timofti in einer Fernsehansprache an die Nation unterstrichen.