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Die Schweizer wählen neue Parteien

24. Oktober 2011

Nach der Parlamentswahl in der Schweiz bleibt die konservative Schweizerische Volkspartei trotz deutlicher Verluste stärkste Kraft. Grünliberale und der SVP-Ableger BDP legten zu.

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Schweizer Flagge

Fünf Millionen Wahlberechtigte haben am Sonntag (23.10.2011) in der Schweiz über die Sitzverteilung in National- und Ständerat entschieden.

Nach Hochrechnungen musste dabei erstmals seit mehr als 20 Jahren die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP) Verluste hinnehmen. Laut Schweizer Fernsehen kam sie nur auf gut 25 Prozent und büßte im Nationalrat sieben Sitze ein. Bei der Wahl 2007 hatte sie noch 28,8 Prozent der Stimmen erhalten. Dennoch bleibt die SVP, die auf 30 Prozent gehofft hatte, mit 55 Sitzen stärkste Kraft im Parlament.

Zweitstärkste Partei wird demnach weiterhin die sozialdemokratische SP sein, die um einen auf 44 Stze zulegen konnte. Allerdings verlor auch die SP knapp zwei Prozentpunkte und kam auf rund 18 Prozent der Stimmen. Die Liberalen der FDP kommen der Hochrechnung zufolge auf 31 Sitze, vier weniger als bisher. Ihr Wähleranteil sank von 17,7 auf knapp 15 Prozent. Auch die Christdemokratische Volkspartei CVP musste Federn lassen. Sie kommt nur noch auf 28 Sitze, drei weniger als bisher. Der größte Verlierer der Abstimmung sind laut der Hochrechnung die Grünen, die sieben ihrer bisher 20 Sitze abgeben müssen.

Grünliberale und BDP erfolgreich

Punkten konnten indes die Grünliberalen und die von der SVP abgespaltene moderatere BDP. Die beiden neuen Parteien kamen laut Hochrechnung des Schweizer Fernsehens auf gut fünf Prozent der Stimmen und neun Parlamentssitze. Die Grünliberalen verdanken ihren Stimmzuwachs der auch in der Schweiz wachsenden Skepsis gegenüber der Atomkraft. Durch das Reaktorunglück im japanischen Fukushima war die Atompolitik zum Wahlkampfthema geworden.

Das zweite große Thema bei der Wahl war die Einwanderungspolitik. Die konservativen Parteien hatten eine Angst vor Überfremdung geschürt und instrumentalisiert. Das scheint sich für die SVP auszuzahlen, die mit dem Slogan "Masseneinwanderung stoppen" in den Wahlkampf gezogen war.

Eidgenössische Besonderheiten

Jeder Wahlberechtigte, in der Schweiz "Stimmbürger" genannt, wählt so viele Abgeordnete in das Parlament, wie der Kanton, in dem er lebt, Delegierte stellt. Der Bewohner eines kleinen Kantons, wie Glarus oder Appenzell Außerrhoden, entsendet mit seiner Stimme also einen Kandidaten, während ein Züricher, der in einem großen Kanton lebt, 34 Abgeordnete wählen kann. Eine Ausschlussklausel für Parteien wie in Deutschland, wo es die "Fünf-Prozent-Hürde" zu nehmen gilt, gibt es in der Schweiz nicht.

SVP-Politiker und Bundesratsmitglied Ueli Maurer im Rampenlicht Foto: AP
Sitzt für die SVP im Bundesrat: Ueli MaurerBild: AP

Zeitgleich mit der Nationalratswahl wird auch die Zusammensetzung des Ständerates bestimmt. Im Ständerat sitzen 46 Abgeordnete, hier stellen die großen Kantone je zwei, die kleinen jeweils einen Abgeordneten. Die Mehrheit im Ständerat halten die Christdemokraten (CVP) und der "Freisinn", die FDP. Der Ständerat soll die Unabhängigkeit und den Einfluss der Kantone auf die schweizerische Politik gewährleisten und ist somit in etwa dem deutschen Bundesrat vergleichbar.

Der Nationalrat und der Ständerat bilden in der Schweiz die "Vereinigte Bundesversammlung". Diese wiederum wählt die schweizerische Bundesregierung, den "Bundesrat", dem zurzeit fünf Frauen und drei Männer angehören. Unter ihnen ist als einziger Politiker der SVP Ueli Maurer aus Zürich. Schweizer Bundeskanzlerin ist Corina Casanova von der Christdemokratischen Partei, die Sozialdemokratin Micheline Calmy-Rey ist Bundespräsidentin.

Autor: Dirk Kaufmann
Redaktion: Ursula Kissel/Thomas Grimmer