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Schwierige Mission im Irak

Bernd Gräßler15. Januar 2015

Hundert Mann und noch kein Befehl - die Ausbildungsmission der Bundeswehr im Nordirak ist weiter umstritten. Es fehle eine wichtige Voraussetzung, meint nicht nur die Opposition im Bundestag.

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Symbolbild - Bundeswehr bildet kurdische Peschmerga aus
Bild: Bundeswehr/Florian Räbel/dpa

Das von der Regierung beantragte Mandat für die Entsendung von 100 Bundeswehrausbildern in den kurdischen Nordirak stößt auf rechtliche Schwierigkeiten. Politiker von Linken und Grünen erklärten während einer Debatte im Bundestag, der Auftrag sei verfassungswidrig. Dabei können sie auch auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags verweisen.

Auslandseinsätze der Bundeswehr seien laut Bundesverfassungsgericht nur "im Rahmen eines Systems der kollektiven Sicherheit" möglich, betonte der Grünen-Politiker Frithjof Schmidt in der Bundestagsdebatte. Dieser Rahmen fehlt nach Ansicht der Opposition, weil sich nur eine lose Allianz von rund 60 Staaten zum Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) zusammengefunden hat. Auch die von der Regierung ins Feld geführten Resolutionen und Erklärungen des Sicherheitsrates, wonach der Irak bei der Bekämpfung der IS-Terroristen unterstützt werden soll, reichten nicht aus. Es fehle ein förmliches Mandat der Vereinten Nationen oder ein Beschluss der NATO. Auch ein Beschluss der Europäischen Union könnte ausreichen, sagte Grünen-Politiker Schmidt. Er verstehe nicht, dass sich die Regierung darum noch nicht gekümmert habe. "Auch der gute Zweck heiligt nicht das Aushöhlen der politischen Vorgaben durch unsere Verfassung", so Schmidt.

Peinliches Gutachten für die Regierung

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte in der Debatte, den völkerrechtlichen und grundgesetzlichen Anforderungen sei mit dem Mandat Genüge getan. Die irakische Regierung habe offiziell um Hilfe gebeten und der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe festgestellt, dass IS eine Bedrohung für den Weltfrieden darstelle. Er habe alle Staaten aufgefordert, sich am Kampf gegen IS zu beteiligen.

Peinlich für die Regierung ist, dass die Kritik der Opposition nicht nur von verschiedenen Verfassungsjuristen, sondern auch von einem Gutachten gestützt wird, das der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages angefertigt hat.

Frithjof Schmidt, Bündnis 90/Grüne im Porträt
Grünen-Politiker Schmidt: "Der gute Zweck reicht nicht."Bild: picture-alliance/Sven Simon

Ob eine Verzögerung der Ausbildungsmission droht, über die Ende Januar im Bundestag abgestimmt werden soll, ist vorerst offen. Die Regierung könnte das Mandat trotz der unsicheren rechtlichen Grundlage mit ihrer Mehrheit im Bundestag beschließen lassen. Allerdings liefe sie Gefahr, dass die Opposition sich dann zu einer Verfassungsklage entschließen könnte, obwohl sie das derzeit aus unterschiedlichen Gründen eher ausschließt.

Wichtiger für die Regierung als eine mögliche Verfassungsklage ist ihr Wunsch, Auslandseinsätze der Bundeswehr auf einen möglichst breiten politischen Konsens zu gründen. Dafür bestehen, sollten die rechtlichen Probleme ausgeräumt werden, gute Aussichten. Denn mit Ausnahme der Linken stimmen der militärischen Hilfe für die Peschmerga-Kämpfer alle Bundestagsfraktionen, auch die Grünen, grundsätzlich zu.

"Milan-Raketen" gegen Autobomben

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die gerade von einem Besuch aus Erbil zurückgekehrt war, schilderte eindringlich, wie wichtig die Ausbildung der Peschmerga an deutschen Waffensystemen sei, die derzeit bereits durch eine kleine Gruppe von deutschen Fallschirmjägern im Raum Erbil geleistet wird. Als Beispiel nannte sie die "Milan"- Panzerabwehrsysteme, mit denen die "fahrenden Bomben" des IS - sprengstoffbeladene Fahrzeuge - gestoppt werden könnten. Das habe nicht nur viele Menschenleben gerettet, sondern auch den Mut und die Zuversicht der Kurden-Kämpfer gehoben. "Diese Peschmerga stehen nicht nur für ihr Land ein, sondern sie stehen für uns alle ein, gegen IS", sagte die Verteidigungsministerin.

Einzig die Linke hat grundsätzliche Bedenken gegen militärische Ausbildungshilfe und Waffenlieferungen in den Nordirak. Die Abgeordnete Christine Bucholz warf der Bundesregierung vor, sie treibe Deutschland immer weiter in einen Krieg hinein und unterstütze nicht nur die Kurden, sondern auch das irakische Regime.

Im vergangenen Jahr lieferte Deutschland Waffen und Ausrüstung im Wert von 70 Millionen Euro in das Kurdengebiet, darunter Sturmgewehre, Panzerabwehrsysteme, Handgranaten, Helme, Schutzwesten und Transporter. Bundesverteidigungsministerin von der Leyen prüft weitere Wünsche der Peschmerga, vor allem nach schwerer Ausrüstung wie Panzerabwehrraketen und Radpanzern.