1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schwarz-rot und die SPD-Basis

Bettina Marx14. November 2013

Knapp zwei Monate nach der Wahlschlappe der SPD treffen sich die Delegierten in Leipzig, um zu diskutieren und ihre Führung neu zu wählen. Über die große Koalition aber entscheiden im Dezember die Mitglieder.

https://p.dw.com/p/1AFw8
Fahnen der SPD (Foto: Patrick Seeger dpa/lsw)
Bild: picture-alliance/dpa

Noch stecken die Sozialdemokraten in Berlin mitten in den Koalitionsverhandlungen, und noch ist nicht klar, ob es überhaupt zu einer schwarz-roten Regierung kommen wird.

Erste Ergebnisse aus den zahllosen Arbeitsgruppen und Verhandlungsrunden konnten inzwischen zwar präsentiert werden. Sie sind aber so dürftig und so weit weg von den Wahlversprechen der SPD, dass es derzeit fraglich ist, ob sich die Parteibasis damit überzeugen lässt. Sie ist im Dezember aufgerufen, über eine Koalition mit der CDU/CSU abzustimmen. In einer Mitgliederbefragung sollen dann die Sozialdemokraten über den Koalitionsvertrag mit der Union befinden.

Schlechte Erfahrungen mit der großen Koalition

Keine leichte Entscheidung für die Basis, die der großen Koalition distanziert bis ablehnend gegenüber steht. Viele Parteimitglieder in den Orts- und Bezirksvereinen befürchten, dass die SPD in einer großen Koalition erneut an Profil einbüßen und bei der nächsten Bundestagswahl im Jahr 2017 noch schlechter abschneiden wird als bei der Wahl im September, bei der sie nur 25,7 Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnte. Ein Blick auf ihr Wahlergebnis im Jahr 2009, nach vier Jahren in einer großen Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel, lässt diese Befürchtungen plausibel erscheinen. Damals erreichten die Sozialdemokraten nur noch 23,3 Prozent der Stimmen. Im Vergleich zu 2005, als sie mit der CDU noch fast gleichauf lagen, hatten sie 10 Prozentpunkte eingebüßt und ihr damit schlechtestes Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik eingefahren. Es war ein Schock für die älteste demokratische Volkspartei Deutschlands, die bis weit in ihre alten Milieus der Arbeiterschaft hinein Wähler verloren hatte.

Bundespärsident Horst Köhler und die schwarz-rote Bundesregierung posieren für ein Gruppenfoto am 22.11.2005. Foto: AP
Die schwarz-rote Bundesregierung von 2005Bild: AP

Öffnung zur Linken

Mit Blick auf diese Erfahrung ist die große Koalition in weiten Kreisen der Partei unbeliebt. Vor allem der linke Flügel fordert daher eine Öffnung hin zur Linkspartei. Eine rot-rote Zusammenarbeit auf Bundesebene dürfe nicht länger ausgeschlossen werden, sagte der Berliner SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß. Er forderte vom Parteitag ein Signal in dieser Richtung. Auf kommunaler Ebene und auch in den ostdeutschen Bundesländern gibt es solche Bündnisse schon lange. Im Jahr 1998 wurde in Mecklenburg-Vorpommern die erste rot-rote Koalition gebildet, die bis 2006 regierte. In Berlin regierte die SPD von 2002 bis 2011 zusammen mit der PDS, beziehungsweise der Linkspartei. Auf Bundesebene dagegen wurde eine Kooperation mit der Linken bislang ausgeschlossen. Die Positionen in zentralen Fragen wie dem Einsatz der Bundeswehr im Ausland, der Verteidigungs- und der Wirtschaftspolitik seien zu unterschiedlich, heißt es bei der Führung der SPD. Daneben dürfte aber auch die nach wie vor vorhandene Verstimmung über den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine eine Rolle spielen, der im Jahr 1999 überraschend sein Amt als Finanzminister in der ersten rot-grünen Koalition niederlegte und im Jahr 2005 aus der SPD austrat. Er wurde einer der führenden Köpfe der Linkspartei.

SPD-Parteivorsitzender Sigmar Gabriel begrüßt die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor Beginn einer Runde der Koalitionsverhandlungen vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin. Foto: DPA
Parteichef Gabriel möchte lieber mit Merkels Union koalieren als mit der LinksparteiBild: picture-alliance/dpa

Schwach im Bund, stark in den Ländern

Ob es – wie beim Parteitag nach der Wahl von 2009 – in Leipzig auch zu einer kontroversen und hitzigen Aussprache über die Wahlschlappe bei der Bundestagswahl kommen wird, ist nicht sicher. Denn im Verhältnis zur letzten Wahl hat die SPD im September immerhin leichte Zugewinne verbuchen können. Außerdem ist der Weg in die Opposition diesmal nicht vorgezeichnet. Darüber hinaus steht die Partei trotz ihres enttäuschenden Abschneidens gar nicht so schlecht da. Denn in den Bundesländern sind die Sozialdemokraten stark. In 13 von 16 Bundesländern regieren sie mit. In neun Ländern stellen sie sogar die Ministerpräsidenten. Diese sind bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin mit am Tisch und setzen sich mit Macht für die Interessen ihrer Länder ein. So zum Beispiel die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Sie kämpft für den Erhalt der Arbeitsplätze in der heimischen Kohle-Industrie und tritt daher bei der Energiewende auf die Bremse. In den Medien wurde sie bereits die zweitstärkste Frau Deutschlands genannt - nach Angela Merkel.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles spricht während einer Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus in Berlin. Foto. DPA
Stellt sich der Wiederwahl: Generalsekretärin Andrea NahlesBild: picture-alliance/dpa