1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Spekulanten warten ab

11. Mai 2010

Der Abwehrschirm gegen die Angriffe von Spekulanten auf den Euro hat zunächst Wirkung gezeigt. Hauptursache des Kursverfalls sind jedoch nicht gewissenlose Investoren, sondern die Probleme der Währungsunion.

https://p.dw.com/p/NKtP
Händler an der Börse in New York (Archivbild: AP)
Händler an der Börse in New York (Archivbild)Bild: AP

Schwarze Brille, schütteres Haar, Lausbubenlächeln – John Taylor sieht nicht gerade aus wie die Verkörperung des Teufels, für den ihn wohl viele halten. Taylor ist Manager und Gründer eines Hedgefonds, also eines jener Finanzdienstleister, die mit hochspekulativen, hochriskanten, aber auch hohe Gewinne versprechenden Finanzinstrumenten operieren. Einige dieser Hedge-Fonds haben die griechische Schuldenkrise ausgenutzt und versucht, durch Wetten auf einen fallenden Euro und durch komplizierte Transaktionen, die den Kurs des Euro weiter drücken sollen, fette Gewinne zu machen. "Der Euro ist in vielerlei Hinsicht eine Fehlkonstruktion und kann nicht so weiter existieren. Ein schwacher Euro ist eine ziemlich einfache Vorhersage", analysierte Taylor unlängst im TV-Sender Bloomberg.

Schweigsame Branche

Seinen Devisen-Hedgefonds "FX Concepts" - ein Schwergewicht der Branche - hat der smarte Manager nach eigenen Angaben gegen den Euro in Stellung gebracht. Dass er das so offen sagt, ist ungewöhnlich - eigentlich gehört es nicht zur Geschäftsstrategie von Hedgefonds, ihre Pläne in aller Öffentlichkeit zu verkünden.

Die schweigsame Branche residiert in London oder New York - wahlweise auch auf den Cayman Islands oder der Schweiz. Eine Legende unter den Managern ist George Soros. Sein Hedgefonds spekulierte 1992 erfolgreich gegen das britische Pfund. Auch John Taylor hat damals Kasse gemacht - mehr als 40 Prozent Rendite sollen es gewesen sein.

Der Großinvestor George Soros (Foto: AP)
Der Großinvestor George SorosBild: AP


Jetzt hat er sich angeblich mit anderen Größen der Branche abgesprochen, einen Kurssturz des Euro zu erzwingen. Markige Sprüche gibt es seither viele: "Der Euro ist ein Huhn, dem der Kopf abgeschlagen wurde" – zum Beispiel. Sprich: die Gemeinschaftswährung sei nicht lebensfähig. Aber ob die Hedgefonds eine mächtige Währung wie den Euro tatsächlich im Alleingang in Schwierigkeiten bringen können, ist fraglich. Auch wenn sie viel Geld in ihren Kriegskassen haben, ist es wahrscheinlicher, dass sie lediglich vorhandene Trends verstärken. "Gerade in so einem Umfeld, wo die Investoren in Panik geraten und die Liquidität zurückgeht, kann man natürlich mit den großen Summen der Hedgefonds substanzielle Kursbewegungen herbeiführen. Ob das aber allein darauf zurückzuführen ist, sei allerdings dahingestellt", erklärt Michael Leister von der Bank WestLB mit Sitz in Nordrhein-Westfalen."

Investoren mussten Federn lassen

Sprich: auch weniger verdächtige Akteure auf dem Finanzmarkt haben zuletzt gegen den Euro spekuliert, weil die Schwierigkeiten der Währungsunion zu offensichtlich sind. So sind an der Chicagoer Terminbörse seit Wochen besonders solche Papiere gefragt, mit denen Anleger am Euroverfall verdienen. Die Stimmung gegen die Europa-Währung ist schon seit Monaten schlecht. Immer mehr Investoren sind zuletzt auf diesen Zug aufgesprungen.

Demonstranten gegen das Sparprogramm stoßen in Athen mit der Polizei zusammen (Foto: AP)
Demonstranten gegen das Sparprogramm stoßen in Athen mit der Polizei zusammenBild: AP


Ob Hedgefonds, Banken oder Privatanleger: wer immer noch auf sinkende Kurse wettet, hat durch die Rettungsaktion der Europäischen Union vom Sonntag jetzt allerdings Federn gelassen. Es sei klar gewesen, dass die Politik würde handeln müssen, sagt Michael Leister von der Bank WestLB, aber: "Dass etwas so schnell und in dieser Form verabschiedet wurde, war überraschend. Von daher diese starke Bewegung."

Mehrere Cent kletterte der Euro nach oben – Hedgefonds, die auf ein Auseinanderbrechen der Gemeinschaftswährung spekulieren, müssen zumindest den Wochenstart mit einem Minus in den Büchern abhaken. John Taylor hält sich übrigens derzeit bedeckt. Vielleicht hat er sich schon ein neues Opfer gesucht - vielleicht wartet er aber auch einfach nur ab.

Autor: Andreas Noll
Redaktion: Dеnnis Stute

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen