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Die eine Antwort

Ute Schaeffer8. Oktober 2007

Dass die gemeinsame europäische Außenpolitik ein Trugbild ist, lässt sich wohl nirgendwo so deutlich sehen wie in Afrika - auch wenn Kanzlerin Merkel dies ändern will. Ihre erste Afrika-Reise kommentiert Ute Schaeffer.

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Ute Schaeffer
Ute Schaeffer

Die Bilder waren gut gewählt: Eine Gruppe hübscher afrikanischer Kinder in Äthiopien - stellvertretend für das Afrika der Armut, das Deutschland über Entwicklungshilfe humanitär unterstützt. Ein emotionaler Händedruck mit der Legende Nelson Mandela, der wie kein anderer für die Emanzipation und Demokratisierung des Kontinents steht. Wirtschaftlich blühende Landschaften am Cap mit Südafrika als stärkstem Wirtschaftspartner Deutschlands. Zum Schluss der Reise: die afrikanische Powerfrau im Präsidentenamt - Ellen Johnson-Sirleaf, die Liberia energisch vom unheilvollen Erbe des Bürgerkriegs befreien will.

Nicht nur Bildtermine

Außenpolitik besteht aber nicht nur aus Bildterminen. Weit wichtiger als die erste Afrikareise der Kanzlerin - wenn auch weniger sichtbar - war der Einsatz Deutschlands für die afrikanische Sache in diesem Jahr: in der Präsidentschaft der G8 hat die Bundesregierung das Thema Afrika oben auf die Agenda gesetzt. Merkel hat sich in Heiligendamm zum Anwalt des Nachbarkontinents gemacht. Es war die deutsche Ratspräsidentschaft in der EU, welche den nun für Dezember anstehenden EU-Afrika-Gipfel angeschoben hat. Wohlgemerkt: den ersten gemeinsamen Gipfel seit sieben (!) Jahren!

Diese Zeitspanne zeigt, was durch die rege Reisediplomatie nach Afrika nur mühsam überdeckt wird: wie groß die Sprachlosigkeit zwischen den Nachbarn Europa und Afrika ist. Es mutet schon bizarr an, dass nach Jahrzehnten schwieriger Nachbarschaft reihenweise Besucher aus Europa an Afrikas Politik-Stränden anlanden und sich als Fragende und Lernende titulieren. Immer noch verzweifelt bemühen sich die Außenpolitiker Europas, die eine Antwort auf Afrikas Probleme zu finden. Jeder für sich - auf der Suche nach dem einen Schlüssel, der auf alle Länder passt, der einen Rundum-Afrika-Strategie.

48 Staaten brauchen 48 Politiken

Einen solchen Schlüssel aber gibt es nicht: weder die Afrikanische Union kann das leisten, noch ein einzelnes Politikfeld wie die Entwicklungszusammenarbeit. Um Entwicklung, Frieden und Stabilität in den 48 Staaten Subsahara-Afrikas zu fördern und zu einer guten Zusammenarbeit zu finden, müssen 48 unterschiedliche Politiken gefunden werden. Während es Staaten gibt - wie im Sahel - die wohl für immer vorrangig auf Entwicklungszusammenarbeit angewiesen sind, gibt es andere, für die eine gradlinige Wirtschaftskooperation wichtig ist.

Europa muss auf so viele Unterschiede hörbar und mit einer Stimme reagieren. Es sollte gemeinsam Interessen formulieren und sich besser abstimmen. Doch Fehlanzeige: Jeder kommt erst mal alleine und jeder spricht dann erst mal nur für sich: Sarkozy tourt mit einer großen Wirtschaftsdelegation nicht nur durch das frankophone Afrika, Großbritannien pflegt die Beziehungen zu seinen Exkolonien. Dass die gemeinsame europäische Außenpolitik ein Trugbild ist, lässt sich wohl nirgendwo so deutlich sehen wie in Afrika. Hier pflegt jeder vorrangig seine Interessen und seine Beziehungen. Afrikanische Kritiker nennen das zu Recht postkoloniale Interessenpolitik. Doch auf diese Weise wird Europa weiter gegenüber dem Kraftpaket China an Boden verlieren und Afrika wird weiter der Verlierer bleiben, gleichgültig wie viel Entwicklungsgeld hineingepumpt wird.

Europäische Außenpolitik stärken

Das hat auch die Bundeskanzlerin erkannt und arbeitet deshalb daran, dass Afrikapolitik stärker europäische Außenpolitik wird. Deutschland fällt das umso leichter, denn es hat weniger Interessen als manch anderer europäischer Staat. Der Afrika-EU-Gipfel im Dezember wird zeigen, ob Merkel ihre Partner in Europa davon überzeugen kann. Das Ziel ist ehrgeizig: statt kleinkariert und entlang der kolonialen Grenzen nationale Außenpolitik zu betreiben, geht es um Kohärenz. Statt der Verteilungskämpfe von Entwicklungs-, Außen- und Wirtschaftsressorts geht es um die Bündelung der Politikfelder. Darin ist im übrigen auch Deutschland nicht besonders gut. Das Patchwork schöner Afrika-Bilder jedenfalls, dem auch die Reise der Bundeskanzlerin wieder einige bunte Flicken hinzu gefügt hat, macht noch lange keine Afrikapolitik.