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EU streitet mit Russland über Ukraine

Bernd Riegert16. Dezember 2013

Die EU-Außenminister haben Russland deutlich ihre Meinung zur Ukraine gesagt. Passiert ist aber nichts. Für eine ernste Krise ist Russland zu wichtig. Das Abkommen mit Kiew ist für die EU noch nicht vom Tisch.

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Ein Demonstrant in Kiew hält die EU-Flagge (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Die Einladung an die Ukraine, das Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterschreiben, steht nach wie vor. "Wenn der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch die Voraussetzungen erfüllt, können wir das Abkommen noch während des EU-Gipfels am Ende dieser Woche unterzeichnen", sagte der schwedische Außenminister Carl Bildt beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Leider würde Präsident Janukowitsch aber ständig doppeldeutige Botschaften aussenden, so dass man nicht wisse, was er eigentlich wolle. Die Außenminister korrigierten aber auch die Aussagen von EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle, der per Kurznachrichtendienst Twitter die Meldung verbreiten ließ, er lege das Assoziierungsabkommen jetzt von sich aus auf Eis. Der britische Außenminister William Hague stellte klar: "Es gab in den letzten Tagen keine neuen Entwicklungen. Die Tür der EU bleibt für die Ukraine offen, aber die Ukraine ist im Moment nicht in der Lage durch diese Tür zu gehen. Diese Entscheidung muss sie selbst treffen." Minister Bildt kritisierte Russland scharf, das wirtschaftlichen Druck auf die Ukraine ausübe, um sie auf ihrem Weg nach Europa aufzuhalten. Der schwedische Ressortchef sagte in Brüssel, die Beziehungen zu Russland seien belastet: "Die Russen haben eine intensive Propaganda-Kampagne gegen das Abkommen gestartet, basierend auf irreführenden Informationen und manchmal direkten Lügen."

Brücke für die Russen

Der russische Außenminister Sergej Lawrow nahm über Mittag an den EU-Beratungen teil, um den kommenden EU-Russland-Gipfel im Januar 2014 vorzubereiten. Lawrow und seine europäischen Kollegen gerieten verbal hart aneinander. Eine Annäherung der Standpunkte war laut EU-Diplomaten nicht zu erkennen. Der scheidende deutsche Außenminister Guido Westerwelle sagte, die EU müsse niemanden um Erlaubnis fragen, wenn sie die Ukraine zu einem Partnerschaftsabkommen einlade. "Wir haben eine Brücke gebaut. Also, wir sind schon sehr auf die russischen Interessen eingegangen. Aber letzten Endes ist das eine ukrainische Entscheidung. Das ist keine Entscheidung, die in Moskau getroffen werden kann, sondern in Kiew getroffen werden muss."

Porträt von Guido Westerwelle (Foto: B. Riegert/DW)
Am letzten Arbeitstag Ärger mit den Russen: Außenminister Guido WesterwelleBild: DW/B. Riegert

"Strategische Partnerschaft fortsetzen"

Lawrow hatte in einem russischen Fernsehinterview am Wochenende der EU vorgeworfen, sie mische sich in die inneren Angelegenheiten der Ukraine ein. "Es besteht kein Zweifel, dass Provokateure dahinterstecken", sagte Lawrow als Reaktion auf die anhaltenden Massen-Demonstrationen gegen die ukrainische Führung. Der schwedische Außenminister Carl Bildt wies diese Ansichten Lawrows zurück, während der scheidende deutsche Außenminister Guido Westerwelle versöhnlichere Töne anschlug.

"Mein Ratschlag ist, dass wir auch in Zukunft das Gespräch suchen, dass wir den Gesprächsfaden mit Russland nicht ausdünnen, sondern im Gegenteil festigen. Denn es gibt ja auch viele Beispiele, wo wir gut zusammengearbeitet haben. Ich denke da zum Beispiel an das iranische Atomprogramm. Hier wäre ja eine Einigung ohne Russland gar nicht möglich gewesen." Russland, so Westerwelle, bleibe der strategische Partner der Europäischen Union. Gerade bei Meinungsverschiedenheiten müsse man im Gespräch bleiben. Die russische Mitwirkung wird auch bei der Suche nach einer politischen Lösung für den Bürgerkrieg in Syrien gebraucht.

"Die Probleme der Ukraine kann man lösen"

Die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Catherine Ashton, hatte in der vergangenen Woche in Kiew mit dem ukrainischen Präsidenten Janukowitsch verhandelt und sowohl Demonstranten als auch Oppositionspolitiker getroffen. Sie erläuterte ihren europäischen Ministerkollegen die finanziellen Forderungen, die die ukrainische Führung offenbar stellt. Die Zahl von 20 Milliarden Euro, die von ukrainischer Seite genannt wurde, weist die Europäische Union zurück. Aber Frau Ashton gab sich gesprächsbereit, auch wenn sie über manche Äußerungen besorgt sei. "In meinen Gesprächen mit Präsident Janukowitsch wollte ich herausfinden, was die kurzfristigen wirtschaftlichen Probleme sind, die ihn an einer Unterzeichnung gehindert haben. Ich glaube, wir können mit ihm zusammen eine Lösung finden." Ashton geht nicht davon aus, dass die Krise in der Ukraine die Beziehungen der EU zu Russland nachhaltig stören wird. Sie wollte dem russischen Außenminister Lawrow in einem Vier-Augen-Gespräch aber klar machen, dass die Ukraine das souveräne Recht auf die Wahl ihrer Bündnisse und Verträge behalten müsse.

Porträt von Sergej Lawrow (Foto: Reuters)
Russland will die Ukraine mit Zollunion und Krediten locken: Außenminister Sergej Lawrow (Archiv)Bild: Reuters

Am Dienstag (17.12.2013) will der ukrainische Präsident zu Gesprächen nach Moskau reisen. Dabei will er mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin eine ganze Reihe von Abkommen unterzeichnen, die Kiew dringend benötigten finanziellen Spielraum verschaffen sollen. Der ukrainische Ministerpräsident Mikola Azarow hatte in einem Fernsehinterview gesagt, er hoffe vor allem auf eine Ermäßigung der Gaspreise. Die Ukraine zahlt im Moment für russisches Gas rund 400 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter. Nach Europa liefert Russland sein Gas aber für nur 370 bis 380 Dollar.

Letzter Auftritt für Westerwelle

Für Guido Westerwelle war dies der letzte Auftritt auf der europäischen Ebene als Minister. Der FDP-Politiker hat nach der Wahlniederlage kein Bundestagsmandat mehr und scheidet am Dienstag aus der Regierung aus. Die 27 Außenminister-Kollegen hätten ihn rührend verabschiedet, berichtete Westerwelle aus der Sitzung. In den vergangenen vier Jahren seien auch Freundschaften entstanden. Einige seien ihm richtig ans Herz gewachsen. Über seine berufliche Zukunft gab Westerwelle den fragenden Reportern keine Auskunft. Ob er im kommenden Jahr bei den Europawahlen für einen Sitz im EU-Parlament kandidieren wird, ließ er offen. Westerwelles Nachfolger im Amt wird Frank-Walter Steinmeier (SPD), der bereits von 2005 bis 2009 Bundesaußenminister war.

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