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Forschen aus Neugier

Daniel Scheschkewitz 15. Februar 2007

Die amerikanische Princeton University zieht seit Jahrzehnten Studenten aus der ganzen Welt an. Die akademischen Freiheiten und die besondere wissenschaftliche Förderung des Nachwuchses machen ihren legendären Ruf aus.

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Innenansicht Hörsaal der Universität Princeton
Hörsaal der berühmten Universität PrincetonBild: AP

Im Lesesaal des Instituts für "Advanced Studies" läutet eine antike Uhr die Teestunde ein. Studenten und Professoren greifen zum Gebäck und vertiefen sich in die Lektüre des breit gefächerten internationalen Zeitungskanons. Andere suchen den Plausch mit Kommilitonen. Statt des akademischen Massenbetriebs ist in Princeton Exklusivität angesagt.

Forschen ohne Bankkredit

"Hier wird noch geforscht um des Forschens willen - Forschung aus Neugier und weniger um ein bestimmtes Ergebnis oder einen praktischen Nutzen zu erzielen", sagt der britische Naturwissenschaftler Peter Goddard, der seit 2004 in Princeton über die Grundvoraussetzungen des wissenschaftlichen Forschens lehrt.

Wer unser Denken ändern wolle und Grundlagenforschung betreibe, könne sich nicht an einem vorgegebenen Rahmen orientieren, so Peter Goddard. Amerikas Eliteuniversitäten sind private Lehranstalten, die ihr Lehrangebot, das akademische Personal und ihre Studenten ganz in eigener Regie und nach eigenen Kriterien auswählen. In Princeton werden die meisten Entscheidungen von einem 40-köpfigen Kuratoren-Rat getroffen, der auch die Aufnahme und Unterrichtsgebühren festlegt. Mehr als 30.000 Dollar, rund 28.000 Euro, beträgt die jährliche Studiengebühr. Hinzu kommen etwa 10.000 Dollar für Unterkunft und Verpflegung. Alle Studenten, die zwar über die entsprechende akademische Qualifikation, nicht aber über die ökonomischen Mittel verfügen, können ein Stipendium beantragen. Das gilt auch für ausländische Studenten. Die Universität ist stolz darauf, dass seit Jahren keiner ihrer Studenten einen Bankkredit für das Studium hat aufnehmen müssen. Trotzdem sind die Elitestudenten vornehmlich Weiße angloamerikanischer Herkunft.

Ein illustrer Lehrkörper von Albert Einstein bis Joschka Fischer

Ex-Außenminister Joschka Fischer mit Professoren-Hut
Ex-Außenminister Joschka Fischer leitet als Gastprofessor Seminare in PrincetonBild: picture-alliance/ dpa

Der akademische Lehrkörper der Universität setzt sich unter anderem aus Dutzenden Nobelpreisträgern zusammen. Der intellektuelle Anspruch leitet sich dabei auch aus dem besonderen Erbe Princetons her. Maureen Smyth, Kuratorin der Princeton Historical Society: "In Princeton steht die akademische Leistung und der Intellekt ganz im Vordergrund. Wo in anderen amerikanischen Städten die Kunst oder die Produktion von materiellen Gütern im Zentrum stehen, wird diese Stadt von ihrem intellektuellen Klima geprägt."

Nach Maureen Smyths Meinung personifiziere diesen Hunger nach Wissen, diese Lust am intellektuellen Disput und das Streben nach bahnbrechenden Forschungsergebnissen wohl keiner besser als Albert Einstein. Albert Einstein lehrte von 1933 bis 1952 in Princeton, andere schillernde Persönlichkeiten folgten. Unter den Zöglingen der Universität befinden sich so illustre Gestalten wie die Schauspieler James Stewart und Brooke Shields oder Politiker wie Donald Rumsfeld. Deutschlands früherer Außenminister Joschka Fischer lehrt seit Herbst 2006 als Gastdozent in Princeton.

Hohe Erwartungen an die Bewerber

Zum Elitecharakter der Universität gehört neben der herausragenden akademischen Qualifikation, die jeder Studienbewerber unter Beweis stellen muss, auch ein besonderes Persönlichkeitsprofil, das die Vielfalt der Charaktere auf dem Campus garantieren soll. Mit lediglich 6841 eingeschriebenen Studenten und einer Annahmequote von lediglich knapp fünfzehn Prozent aller Bewerber gilt in Princeton, wie an allen amerikanischen Ivy-League-Universitäten, das Prinzip Klasse statt Masse.

Studieren im Elfenbeinturm

Alle amerikanischen Eliteuniversitäten zeichnen sich durch ein extrem günstiges Verhältnis von Studenten zum Lehrpersonal aus. In Princeton kommen auf einen Dozenten lediglich fünf Studenten. Die Betreuung durch Professoren und das andere Lehrpersonal ist auch jenseits der Seminare und Vorlesungen intensiv, nicht zuletzt weil alle gemeinsam auf dem Campus wohnen. Das Ambiente auf dem historischen Campus aus dem Jahre 1756 mit seinen Kirchen und Konzertsälen macht einen nicht geringen Teil des Charmes von Princeton aus. Sie ist die viert älteste der acht amerikanischen Ivy-League-Universitäten, zu denen auch Harvard, Yale, Cornell und die Columbia University in New York gehören. Ablenkung vom akademischen Betrieb und Zerstreuung bieten in Princeton vor allem Sport und Kulturveranstaltungen, während das Alltagsleben ruhig und beschaulich ist. Die Kriminal-Statistik für das Jahr 2005 weist für die Stadt Princeton keinen Mord, eine Vergewaltigung und drei Autodiebstähle aus. Das geflügelte Wort vom Studieren im Elfenbeinturm wird in Princeton zur Wirklichkeit.