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Die vierte Generation

Qiu Zhenhai, Hongkong3. August 2002

Mao Zedong, Deng Xiaoping, Jiang Zemin - und wie weiter? Der 16. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas soll über die neue Führung von Partei und Nation entscheiden. Nur: Termin, Ort und Person sind noch unklar.

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Wie weiter?Bild: AP

Staats- und Parteichef Jiang Zemin, der den sogenannten "Kern" der dritten Generation bildet - davor kamen Deng Xiaoping und Mao Zedong -, soll einer jüngeren, vierten Generation Platz machen. Als deren Vertreter und Favorit für die Posten des Partei- und Staatschefs gilt Hu Jintao, derzeit Vizepräsident und Mitglied des ständigen Auschusses des Politbüros, des chinesischen Machtzentrums.

Jiang Zemin nicht politikmüde

Hu gilt aber nicht als Favorit Jiangs. Jiang ist außerdem nicht amtsmüde. Das Amt des Staatspräsidenten muss er gemäß der Verfassung im kommenden Jahr abgeben. Anders sieht das aus mit seinen Ämtern als Parteichef und als Oberbefehlshaber der Armee. Zum Armeefeiertag am 1. August haben fast alle chinesischen Zeitungen Artikel mit Lobeshymnen auf Jiang Zemin abgedruckt.

Vor allem die Zeitung der Volksbefreiungsarmee enthält einen langen Lobgesang über Jiangs Verdienst beim Aufbau der Armee. Darin sehen viele Beobachter ein Zeichen dafür, dass es Jiang nach dem 16. Parteitag gelingen könnte, als Vorsitzender der zentralen Militärkommission der KP Chinas im Amt zu bleiben. Um das zu erreichen, hat sich Jiang jetzt auch von seinem bisherigen engsten politischen Vertrauten Zeng Qinghong distanziert.

Positionsgerangel und Kampf um die Macht

Zeng, gelernter Raketeningenieur, ist Chef der Organisationsabteilung der Partei, also eine Art Leiter der Personalabteilung der Partei. Jiang will zu den beiden Konkurrenten Zeng und Hu Jintao offenbar ein gleichwertiges Verhältnis aufbauen. Der Grund: Jiang will auf die Unterstützung von beiden zählen können, wenn es um seinen Verbleib in hohen Parteiämtern wie dem Vorsitz der Zentralen Militärkommission geht.

Wie in Hongkong aus dem engeren politischen Umfeld von Zeng Qinghong zu erfahren war, hat Jiang Zemin Ende Mai 2002 indirekt die partei-interne Position seines Protégés Zeng beschädigt. Jiang habe nämlich - unter Verwendung eines Mao-Zedong-Zitats - vor "Intriganten in unserer Nähe" gewarnt. Damit konnte nur Zeng gemeint gewesen sein, denn nur dieser habe eine sehr enge politische Beziehung zu Jiang Zemin. Die Gewährsperson sagte gegenüber der Deutschen Welle, dass Zeng bei seinem Aufstieg in der Partei schon immer mit Hindernissen zu kämpfen gehabt habe, gerade wegen seiner Nähe zu Jiang. Doch in solch einer schwierigen Lage wie jetzt sei er noch nie gewesen.

Wie die Gewährsperson weiter sagte, wisse wohl nur Jiang selber, ob er tatsächlich das Amt des Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission behalten wolle. Aber eins stehe fest: Wenn er danach strebt, würden ihm die beiden Konkurrenten Zeng und Hu ihre Unterstützung anbieten.

Pressearbeit entscheidend?

Hu Jintao jedenfalls lässt keine Gelegenheit aus, in die massive Pressepropaganda für Jiang Zemin einzustimmen. Ein ums andere Mal fordert er die Befolgung von Jiangs "Theorie der drei Vertretungen" als politische Richtschnur. Gemäß den "drei Vertretungen" vertritt die KP künftig nicht mehr nur die Interessen der Arbeiter und Bauern, sondern - Zitat - "der fortschrittlichsten Produktivkräfte, der fortschrittlichsten Kultur und der breiten Volksmassen."

Aber auch Hu Jintao wird in der Parteipresse gelobt. So nahm in der offiziellen Tageszeitung der Provinz Yunnan, Yunnan Ribao, die Inspektionreise Hu Jintaos in dieser Provinz prominenten Raum ein. Der Berichterstatter lobt Hu als volksnahen Politiker, der sich für die Anliegen der Bevölkerung einsetze. In dem Bericht wird Vizepräsident Hu durchgehend als "Genosse Hu Jintao" angeredet - was ungewöhnlich ist. Jiang Zemin wird in den chinesischen Medien normalerweise als "Generalsekretär Jiang" bezeichnet. Durch die Bezeichnung "Genosse" soll Hu ein volksnäheres Image verpasst werden, und sich damit vom Image Jiangs abheben.

Das gesellige Schwimmen und Kartenspielen im Badeort Beidaihe, wo sich Chinas Politelite jetzt wieder zu zu ihren informellen sommerlichen Konsultationen versammelt hat, werden Jiang und seine Getreuen zur Sondierung ihrer Machtposition nutzen. Sie müssen herausfinden, wie die übrigen Mitglieder des Ständigen Ausschusses des Politbüros zu Jiangs Zukunft stehen. Am Ende des Parteitages werden es dann alle wissen.