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Die Welt im Blick

Michael Knigge14. April 2002

Es ist politische Tradition: Wer Kanzler werden will, stellt sich im Weißen Haus vor. Derzeit bereist Edmund Stoiber die USA. Der Besuch markiert den Wechsel des Kandidaten vom nationalen auf das internationale Parkett.

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Kanzlerkandidat Edmund Stoiber mit seiner Frau am "Ground Zero"Bild: AP

Im Vergleich zum jeweils amtierenden Bundeskanzler sind die deutschen Ministerpräsidenten Regionalpolitiker. Das liegt in der Natur des Amtes und gilt auch für Gerhard Schröders bayerischen Herausforderer Edmund Stoiber. Während der Bundeskanzler sich regelmäßig zum Meinungsaustausch mit Präsidenten und Staatsoberhäuptern in aller Welt trifft, führten die Dienstreisen den bayerischen Ministerpräsident Stoiber bislang eher nach Unterfranken und Altschwaben.

Hohe Ansprüche

Seit Anfang des Jahres hat sich Stoibers Radius jedoch deutlich erweitert. Denn die Wähler stellen hohe Ansprüche an einen möglichen Bundeskanzler. Nicht nur national auch auf internationalem Parkett muss der Kanzlerkandidat eine gute Figur abgeben, denn immer mehr Entscheidungen fallen nicht in Berlin, sondern in Brüssel oder Washington.

In der politischen Szene der europäischen Hauptstadt Brüssel kennt sich Stoiber gut aus. Obwohl er sich in der Vergangenheit durchaus europakritisch geäußert habe, ist ihm nach Auffassung des amerikanischen Deutschland-Experten Jackson Janes der Stellenwert der Europapolitik durchaus bewusst. "Stoiber ist wohl informiert, wie wichtig und wie ergiebig eine Beziehung in Brüssel sein kann", sagte Janes mit Verweis auf die EU-Subventionspolitik. "Ich glaube, dass er ein sehr schlauer Beobachter der Beziehungen von Deutschland und München und Brüssel ist und er das sehr gut ausnützen und einschätzen kann."

Kein Amerika-Kenner

Dagegen zeigte Stoiber nach Einschätzung von Janes in der Vergangenheit nur geringes Interesse an den Vereinigten Staaten. Wie seine frühere Konkurrentin um die Kanzlerkandidatur, Angela Merkel, habe auch der bayerische Ministerpräsident die USA nicht häufig besucht. Deswegen sei Stoiber in politischen Zirkeln in den USA bislang relativ unbekannt.

Das könnte sich durch Stoibers USA-Besuch ändern. Auf dem Programm stehen neben dem Besuch von "Ground Zero" und der Börse in New York auch Gespräche mit US-Außenpolitikern. Der Höhepunkt der Reise ist ein Treffen mit Präsident George W. Bush im Weißen Haus am Freitag (12.4.2002). Damit setzt Stoiber die Tradition früherer Kanzlerkandidaten von CDU und SPD fort, sich im Wahlkampf dem US-Präsidenten vorzustellen.

Obwohl die EU-Politik Stoiber Janes zufolge bisher näher lag als der Blick nach Washington, wisse der bayerische Ministerpräsident um die Bedeutung der transatlanischen Beziehungen. Zum Auftakt seiner USA-Reise betonte Stoiber in New York denn auch, er wolle sich mit aller Kraft dafür einsetzen, "die transatlantische Partnerschaft auf allen Gebieten zu stärken und aufzubauen". Stoiber weiß: Während es für einen Ministerpräsidenten wichtiger ist, in Brüssel als in Washington präsent zu sein, muss ein möglicher Bundeskanzler auf beiden Hochzeiten tanzen können.