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Sprache der Liebe

Klaus Dahmann26. September 2008

Wenn alle Welt die gleiche Sprache spräche, gäbe es keine Kriege mehr, das war die Idee von Esperanto. Das Vorhaben ist gescheitert, aber ganz tot ist Esperanto dennoch nicht. Ein Rückblick zum Europäischen Sprachentag.

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Kultur- und Kongresszentrum Esperanto in Fulda (Quelle: dpa)
Esperanto, die "Sprache der Liebe"Bild: picture-alliance /dpa

Am Freitag (26.09.2008) ist Europäischer Sprachentag. Zeit für kosmopolitische Sprachen-Liebhaber, sich an die "Sprache der Liebe" zu erinnern. Diesen schmeichelhaften Beinamen fand die deutsche Hip-Hop Band "Freundeskreis" für Esperanto. Das hören Esperanto-Fans, die "Esperantisten", gerne. Lieber zumindest, als Begriffe wie "Welthilfssprache", das hört sich zu sehr nach "Krücke" an. Stattdessen sprechen sie von der "Internacia Lingvo", also "Internationale Sprache", oder, wenn es denn sein muss, linguistisch, "Plansprache". Denn geplant ist Esperanto – wie auch zum Beispiel Kisuaheli – und deshalb für viele leicht zu erlernen.

Das lag auch dem Schöpfer Ludwig Lazarus Zamenhof sehr am Herzen, als er in Bialystok - damals noch Russland, heute Polen - im Jahre 1887 das erste Esperanto-Büchlein auf den Markt brachte. Es war eine Zeit, wo Idealisten wie er glaubten: Wenn alle nur eine gemeinsame Sprache hätten, dann gäbe es keine Kriege mehr. Natürlich gibt es mittlerweile genug Gegenbeispiele. Dennoch: Damals lernten Tausende Samenhofs Sprache, gerade in der Arbeiterbewegung fand sie viele Anhänger.

Widerstand der "Grand Nation"

Kind liest in Esperanto-Buch, seine Eltern schauen ihm über die Schulter. (Quelle: dpa)
Esperanto, eine Sprache, die die Welt vereinen sollteBild: picture-alliance /dpa/dpaweb

Nach dem Ersten Weltkrieg gründete sich der Esperanto-Welt-Bund und betrieb energisch Lobby-Arbeit. Das hätte sogar einige Jahre später fast dazu geführt, dass der Völkerbund Esperanto offiziell zur vorbildlich neutralen Weltsprache erklärt hätte. Am Ende sei das Vorhaben an den Franzosen gescheitert, weiß der Berliner Sprachwissenschaftler und Esperanto-Forscher Detlev Blanke. Denn sie fürchteten um den Stellenwert ihrer Sprache als Lingua Franka im internationalen Tête-à-tête.

Mit Hitler und Stalin begann dann für Esperanto eine dunkle Epoche: In Russland, Deutschland und Frankreich war die Bewegung damals besonders stark, und dort setzten massive Verfolgungen ein, weil Samenhof Jude war und Esperantisten als "Kosmopoliten" oder "Weltbürger" per se als Feinde galten.

"Interesse an Esperanto wächst"

Esperanto-Schöpfer Ludwig Lazarus Zamenhof (Quelle: dpa)
Sein Traum wurde nie Wirklichkeit: Esperanto-Schöpfer Ludwig Lazarus ZamenhofBild: dpa

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Sprache eine kurze Blüte, wurde aber dann im Westen von Englisch nach und nach in den Schatten gestellt. Im Kalten Krieg fungierte Esperanto noch als Brücke zwischen Ost und West, die Welt-Esperanto-Jugend wurde zeitweise von den Geheimdiensten beider Seiten skeptisch beobachtet, aber letztlich lief alles auf ein harmloses Mauerblümchen-Dasein hinaus, zum Bedauern des Esperantisten Blanke. Er plädiert für eine demokratische Sprachpolitik in Europa. "In diesem Zusammenhang wächst auch das Interesse für das Modell Esperanto", ist sich Blanke sicher.

In den letzten Jahrzehnten hat sich eine ansehnliche Kultur entwickelt: Esperanto-Rock gibt es, auch hohe Literatur, die inzwischen sogar von der Schriftstellervereinigung PEN offiziell anerkannt ist. Frischer Wind für Esperanto kommt vor allem durch das Internet. Dort ist die Fan-Gemeinde besonders groß. Die Illusion aber, dass die ganze Welt einmal Esperanto sprechen wird, haben besonders die jüngeren Esperantisten nicht mehr: Sie nutzen Esperanto und eben Englisch und andere Sprachen parallel.