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Trübe Aussichten

16. Juli 2008

Explodierende Energie- und Lebensmittelpreise haben Europas Inflation im Juni so kräftig angeheizt wie seit fast 15 Jahren nicht mehr. Ähnlich so in den USA. Die profitieren hingegen vom schwachen Dollar.

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Supermarkt, Quelle: DW
Alles wird teurer: Vor allem Energie und LebensmittelBild: DW-TV

Die deutsche Wirtschaft steht nach Expertenmeinung am Ende des Aufschwungs. "Das heißt noch nicht zwingend, dass wir in eine Rezession hineinbrechen, das erwarten wir auch nicht", sagte Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in einem Fernsehinterview am Mittwoch (16.07.2008). Es werde aber eine deutliche Minderung der gesamtwirtschaftlichen Tätigkeit geben. Für das kommende Jahr rechnet sein Institut nur noch mit gut einem Prozent Wachstum.

Der Direktor des neuen Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, Quelle: dpa
Krtisiert die USA: Thomas StraubbhaarBild: picture-alliance/ dpa

Ähnliche Prognosen kommen auch vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Instituts (HWWI): Dort sind die Experten der Meinung, dass die US-Finanzkrise weltweit tiefe Spuren hinterlassen wird: "Die konjunkturelle Schwäche wird sich auch auf Europa und Asien auswirken. Der Dollar wird in der nächsten Zeit schwach bleiben oder sogar noch schwächer werden", so HWWI-Direktor Thomas Straubhaar. Der teure Euro mache die deutschen Exporte weltweit teurer und erschwere den Absatz deutscher Produkte im Ausland. Deutschland werde die Krise spätestens im nächsten Jahr durch ein geringeres Wachstum von maximal "nur wenig mehr als einem Prozent" spüren, sagte Straubhaar.


Kritik an den USA

Ein Ende der amerikanischen Konjunkturschwäche sei derzeit nicht absehbar. Die USA hätten jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt. "Die USA sind mehr denn je gefährdet, in eine Rezession abzugleiten", erklärte der Experte. Der Volkswirt kritisierte die Rettung der beiden US-Immobilienbanken Fannie Mae und Freddie Mac durch den Staat als falschen Schritt. "Diese Trennung von Verantwortung und Haftung erschüttert das grundsätzliche Vertrauen in die Marktwirtschaft. Hier werden Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert", kritisierte der HWWI-Chef.

Tankstelle bei München, Quelle: AP
Vor allem Sprit und Energie waren die PreistreiberBild: AP

Dagegen hat die US-Notenbank trotz verstärkter Warnungen vor Wachstums- und Inflationsrisiken ihre Konjunkturprognose für 2008 deutlich angehoben. Möglicherweise weiterhin steigende Energiepreise, schwierige Kreditbedingungen und eine Verschärfung der Immobilienkrise stellten ein "erhebliches" Risiko für die Wachstumsaussichten dar, sagte der Chef der Federal Reserve, Ben Bernanke, am Dienstag vor einem US-Kongressausschuss. In seiner Prognose geht er jedoch von einem Wachstum zwischen einem und 1,6 Prozent aus. In der vorangegangen Vorhersage vom April war noch von einem Plus zwischen 0,3 und 1,2 Prozent die Rede. Grund für dieses Wachstum sind aber vor allem die milliardenschweren Steuergeschenke der Regierung an die Bürger und boomende Exporte dank des schwachen Dollars. Die Inflation in den Vereinigten Staaten liegt allerdings wegen der explodierenden Energiepreise derzeit bei fünf Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit 1991, wie am Mittwoch bekannt wurde.


Alles wird teurer

Die drastisch gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise haben auch in Europa die Inflation kräftig angekurbelt. In Deutschland ist die Teuerungsrate im Juni auf den höchsten Stand seit 15 Jahren geklettert. Derzeit liegt sie bei 3,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Von Mai auf Juni stiegen die Verbraucherpreise um 0,3 Prozent. Zuletzt hatte die Teuerung im Dezember 1993 mit 4,2 Prozent höher gelegen.


Preistreiber waren im Juni vor allem Energie, Sprit und Nahrungsmittel: Heizöl verteuerte sich binnen Jahresfrist um 62 Prozent, Diesel um 30 Prozent. Für Lebensmittel mussten Verbraucher 7,6 Prozent mehr ausgeben. Ähnlich entwickelten sich die Preise auch in der gesamten Euro-Zone: Dort lag die Jahresinflation mit 4,0 Prozent nach Angaben der Europäischen Statistikbehörde Eurostat so hoch wie seit der Euro-Einführung 1999 nicht.

Die Europäische Zentralbank ind Frankfurt am main, Quelle: AP
Unter Zugzwang: Die EZBBild: AP

Diese Entwicklung könnte die Europäische Zentralbank (EZB) unter Zugzwang bringen. Die Notenbank sieht Preisstabilität bei Raten knapp unter zwei Prozent gewahrt. Im Kampf gegen die Rekordinflation hatte die EZB Anfang Juli die Zinsen von 4,0 auf 4,25 Prozent erhöht. Weitere Zinsanhebungen signalisierten die Notenbanker bislang nicht - zumal sich die Konjunktur wegen des hohen Ölpreises, den Folgen der Finanzkrise und der weltweiten Konjunkturabschwächung bereits abkühlt. Höhere Zinsen verteuern Kredite und können daher das Wirtschaftswachstum dämpfen. (ina)

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