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'Man muss flexibel sein'

Das Interview führte Martin Hoffmann10. September 2007

Die deutschen Auswanderungsberatungsstellen tagen in Bonn, darunter auch das Raphaels-Werk. Im Interview mit DW-WORLD.DE spricht die Generalsekretärin der Organisation, Gabriele Mertens, über deutsche Auswanderer.

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Große Auswandererwellen gab es in der Geschichte immer wiederBild: BallinStadt

DW-WORLD.DE: Was steht auf der Agenda ihrer Arbeitstagung, was ist das Hauptthema?

Gabriele Mertens
Gabriele Mertens, Generalsekretärin des Raphaels-Werkes

Gabriele Mertens: Hauptthema sind die Herausforderungen für die Beratungsstellen in der nächsten Zeit. Wir stellen ja fest, dass die Zahl der Auswanderer in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass die Zahl der Beratungsstellen nicht steigt, sondern sogar zurückgeht, weil es freie Träger sind. Wir reagieren darauf, indem wir ein einheitliches Qualitätsmanagement aufzubauen.

Wie helfen Sie Auswanderungswilligen und was können Sie von Ihrem Angebot erwarten?

Sie können von uns erwarten, dass sie aktuelle, umfassende und grundlegende Informationen bekommen. Sie können erwarten, dass wir darüberhinaus ihre persönliche Situation mit ihnen gemeinsam sehr genau betrachten und schauen, worauf sie achten sollten. Wir thematisieren ebenfalls in unseren Beratungen das Thema Rückkehr nach Deutschland. Auch wenn viele Auswanderer das in der Phase der Auswanderung nicht hören wollen, weisen wir darauf hin. Letztendlich entscheidet nicht der Auswanderer, ob er im Ausland bleibt. Möglicherweise entscheidet auch ein Land, ob sie bleiben können.

Und wohin gehen zur Zeit die meisten Auswanderer?

Die meisten bleiben innerhalb der Europäischen Union, dass ist sehr deutlich. Denn der Arbeitsmarkt in anderen europäischen Ländern ist sehr attraktiv, die soziale Absicherung ist sehr gut. Soviel können sie da nicht falsch machen. Ganz vorne lag im letzten Jahr die Schweiz.

Jetzt haben Sie schon ein paar Gründe für eine Auswanderung genannt, was sind außerdem häufige Motive, Deutschland zu verlassen?

Weitere Motive sind binationale Ehen und Partnerschaften. Dann aber auch der einfache Wunsch, in einem anderen Land leben zu wollen.

Wie viele Deutsche wandern jährlich aus?

Offiziell liegt die Zahl bei 155.000 im Jahr 2006. Wir können aber davon ausgehen, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher liegt.

Gibt es neue Ziele, die heute von Auswanderen frequentiert werden und vor zehn Jahren noch nicht sehr begehrt waren – also sind Trends zu beobachten?

Das hängt immer sehr stark davon ab, welchen Bedarf und damit welche Rechtssprechung oder welche Regelung das jeweilige Land für sich findet. Vor zehn Jahren hatten Sie als Deutscher große Schwierigkeiten, in die Schweiz zu gehen und dort zu arbeiten. Das ist heute sehr viel einfacher geworden. Auch Norwegen war vor zehn Jahren überhaupt kein Thema, das ist heute hochattraktiv, einfach weil sehr gute Gehälter gezahlt und vor allem ein hoher Arbeitskräftebedarf besteht. Klassische Einwanderungsländer wie USA, Kanada, Australien sind heute attraktiv, waren auch vor zehn Jahren attraktiv. Die Frage ist, wie gut sind Möglichkeiten in eines dieser Länder einzureisen und dort auch leben und arbeiten zu dürfen?

Welche Vorraussetzungen sollte man mitbringen, wenn man auswandern möchte?

Wichtig sind gute Qualifikation und Sprachkenntnisse. Man sollte außerdem das Land gut kennen, man sollte das Land bereist haben, man sollte Erspartes haben, flexibel sein und nicht erwarten, dass man ins Ausland geht und Deutschland wiederfindet. Das heißt, man sollte sich darauf einstellen, dass im Ausland nicht immer alles so geordnet und geregelt geht, wie man das von Deutschland gewohnt ist, und man sollte sich in jedem Fall beraten lassen.