1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Zahl der Tuberkulosefälle steigt

Gudrun Heise
23. März 2022

Ein schwaches Immunsystem, mangelnde Hygiene, schlechte Ernährung sind Risikofaktoren für eine Infektion mit Tuberkulose. Auch Corona kann Tuberkulose begünstigen.

https://p.dw.com/p/48qOm
Mycobacterium Tuberculosis
Das Tuberkulose-Bakterium unter dem Elektronenmikroskop Bild: picture-alliance/BSIP/NIAID

2021 meldete die World Health Organisation (WHO), dass Corona die Erfolge vergangener Jahre zunichte gemacht habe. Jahre, in denen es Fortschritte bei der Bekämpfung der Tuberkulose gegeben hat. Nach Einschätzung der WHO zeichnet sich international eine alarmierende Entwicklung ab.

Seit zehn Jahren haben die Fälle von Tuberkulose wieder zugenommen. Starben 2019 noch 1,4 Millionen Menschen weltweit an der Infektionskrankheit, waren es im Jahr 2020 bereits 1,5 Millionen. Damit ist Tuberkulose weltweit die häufigste zum Tode führende Infektionskrankheit

Tuberkulose ist eine armuts-assoziierte Erkrankung

Tuberkulose breitet sich vor allem in ärmeren Ländern und in Kriegssituationen aus. Wenn die hygienischen Bedingungen  schlecht sind und die Menschen auf engstem Raum zusammenleben, erhöht sich die Infektionsgefahr, denn Tuberkulose wird durch Tröpfchen übertragen. Sie werden über die Luft verbreitet, wenn Infizierte husten. Diese Atemluft mit den Tuberkulose-Bakterien kann von anderen eingeatmet werden. Den Bakterien muss man allerdings über längere Zeit ausgesetzt sein oder aber intensiven Kontakt mit einem Infizierten haben. 

Die Symptome sind Husten und Fieber, nächtliche Schweißausbrüche und Gewichtsverlust. Tuberkulose befällt vor allem die Lunge und angrenzende Lymphknoten, wo sich Entzündungsherde bilden. Bei einem intakten Immunsystem ist unser Körper in der Lage, die Infektion zu bekämpfen, die Krankheit bricht nicht aus.

Ist die Immunabwehr allerdings geschwächt, können die Krankheitserreger leichter eindringen und die Erkrankung hervorrufen.  

Tuberkulose entwickelt sich schleichend 

Tuberkulose ist in 80 Prozent der Fälle tödlich. Behandelt wird sie mit Antibiotika. Oft aber wirken diese nicht mehr, weil die Tuberkulose-Bakterien inzwischen Resistenzen entwickelt haben und auf Antibiotika nicht mehr ansprechen.

Tuberkulose kommt zu 45 Prozent in Ländern in Südostasien vor, gefolgt von Afrika mit 25 Prozent aller Fälle weltweit.

Drei Prozent aller Tuberkulose-Neuerkrankungen gibt es in Europa. Osteuropäische Staaten sind am häufigsten betroffen und da vor allem die Ukraine, wo es vor dem Krieg zu etwa 35.000 Neuinfektionen pro Jahr kam. Laut WHO haben davon etwa 10.000 der Infizierten eine multi-resistente Form der Tuberkulose. 

Infografik Tuberkulose weltweit DE
Die Zahl der Tuberkulosefälle ist laut WHO wieder gestiegen

Die Medikamente können noch so gut sein, aber bei der multiresistenten Form sind sie nicht mehr wirksam. Um erst einmal herauszufinden, welche Medikamente überhaupt noch wirksam sein könnten, müssen die Bakterien genau untersucht werden. Das geschieht anhand einer Empfindlichkeitstestung. Dazu braucht man die Reagenzien im Labor.

Solche Untersuchungen sind aber in vielen Ländern gar nicht möglich, weil entsprechende Einrichtungen und die Infrastruktur fehlen. 

Die Behandlung ist oft langwierig

Wichtig für eine erfolgreiche Behandlung ist, dass sie ohne Unterbrechung durchgeführt wird. Entscheidend ist auch, welche Antibiotika bei einer multiresistenten Form miteinander kombiniert werden. Meist sind es vier bis fünf unterschiedliche Medikamente, die von den Ärzten zur Therapie eingesetzt werden.

Im Idealfall werden die Patienten mit maßgeschneiderten Medikamenten gegen multiresistente Tuberkulose versorgt – ein wichtiger Schritt, um Übertragungen zu verhindern.  

Kinder und alte Menschen sind besonders gefährdet

Die Bakterien teilen sich bei Tuberkulose relativ selten, nur etwa einmal am Tag. Die Erkrankung tritt dann frühestens einen bis drei Monate nach der eigentlichen Ansteckung auf.

Die meisten Patienten erkranken innerhalb eines Jahres, und nicht alle, die sich mit Tuberkulosebakterien anstecken, entwickeln eine Tuberkulose. 

Kinder sind besonders gefährdet. Bei Kindern unter fünf Jahren, aber auch bei Säuglingen, erkranken knapp 30 Prozent derjenigen, die sich angesteckt haben, innerhalb kurzer Zeit.

Neben Kindern erkranken häufig auch Menschen mit einem geschwächten Immunsystem wie etwa HIV-Positive. Durch die schwache Immunabwehr liegt die Wahrscheinlichkeit, die Lungenkrankheit zu entwickeln, um ein Vielfaches höher als bei Menschen ohne eine Infektion mit dem HI-Virus. 

Corona hat die Situation verschlimmert

Auch Corona hat sich auf die Situation und Überlebenschancen von Menschen mit Tuberkulose ausgewirkt. Während Patienten in Deutschland gut versorgt werden, sieht es bei den Infektionszahlen in anderen Ländern nicht besonders gut aus. Dies  gilt u.a. für Osteuropa und hier vor allem für die Ukraine. 

Röntgenbild Tuberkulose
Tuberkulose kann über ein Röntgenbild diagnostiziert werdenBild: picture-alliance/BSIP/C. James

Schon vor Beginn des Krieges konnten viele der Tuberkulose- Patienten in den Krankenhäusern nicht behandelt werden, weil dort Corona-Patienten behandelt wurden und die Krankenhäuser überlastet waren. Dadurch ist es u.a. zu Verzögerungen in der Diagnostik gekommen, so dass eine Tuberkulose oftmals gar nicht erst als solche erkannt wurde. Hinzu kommt, dass Tuberkulose eine Erkrankung ist, die sich besonders in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen schnell verbreitet.

Tuberkulose ist noch längst nicht ausgerottet

Tuberkulose ist weltweit noch immer die tödlichste Krankheit. Alle 22 Sekunden stirbt ein Mensch daran. Das sind weitaus mehr als an tödlicher Malaria sterben.

Seit Beginn der Corona-Pandemie wurde die Tuberkuloseforschung nicht mehr so intensiv betrieben wie zuvor, Corona stand im Zentrum der Aufmerksamkeit. 

Wegen überlasteter Krankenhäuser und Ärzte waren die Untersuchungsmöglichkeit eingeschränkt. Wegen des Lockdowns und der Angst, sich neben Tuberkulose auch noch mit COVID-19 zu infizieren, haben viele Erkrankte sogar ganz auf Untersuchungen verzichtet.

Und so sind die Fallzahlen und auch die Todeszahlen nach Angaben der WHO wieder gestiegen, und die Ausrottung der Tuberkulose ist wieder in weite Ferne gerückt.