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Ex-Audi Chef Stadler weist Vorwürfe zurück

12. Januar 2021

Erstmals hat sich der frühere Audi-Chef Rupert Stadler zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen im Prozess um manipulierte Dieselmotoren geäußert. Er sieht die Schuld bei anderen, er selbst habe "nichts mitbekommen".

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Prozess gegen früheren Audi-Chef Stadler
Bild: Peter Kneffel/dpa/picture-alliance

Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler hat im Prozess um manipulierte Dieselabgaswerte die Betrugsanklage entschieden zurückgewiesen und der Münchner Staatsanwaltschaft Voreingenommenheit vorgeworfen. Sie bewerte Sachverhalte "willkürlich, unbegründet und auch einseitig" und ignoriere viele entlastende Sachverhalte, sagte Stadler am Dienstag bei seiner ersten persönlichen Aussage.

Die Anklage wirft ihm vor, er hätte es ab September 2015 zumindest für möglich gehalten, dass auch in Europa Dieselautos mit geschönten Abgaswerten verkauft wurden. Trotzdem habe Stadler Produktion und Verkauf gut ein Jahr lang weiterlaufen lassen, um den Umsatz der VW-Tochter nicht zu gefährden. Stadler wies das entscheiden zurück. Nach der Aufdeckung des Dieselskandals bei VW-Vierzylinder-Motoren durch die US-Umweltbehörde im September 2015 habe der Entwicklungschef der Audi-Sechszylinder-Diesel dem Audi-Vorstand versichert, "dass der V6 TDI keine Prüfstandserkennung habe".

Rupert Stadler auf der IAA 2015
Bild aus besseren Tagen: Stadler auf der IAA im September 2015. Damals nahm das Unheil seinen Lauf. Bild: picture alliance/Geisler-Fotopress/P. Back

Das große Schweigen

Umso größer sei der Schock gewesen, als die US-Behörden im November 2015 auch dem V6-Motor eine illegale Software vorwarfen. Darauf seien der Verkauf eingestellt und leitende Motorentwickler beurlaubt worden. Stadler räumte er seine "firmenpolitische Verantwortung" für die Schäden durch den Dieselskandal ein: "Dass es mir nicht gelungen ist, diesen Schaden zu verhindern, das mache ich mir persönlich zum Vorwurf", sagte er. Im Kreise der Motorenentwickler habe es an Unrechtsbewusstsein gefehlt. "Tarnen und Täuschen war lange Teil einer Arbeits-, vielleicht auch einer Angstkultur."

"Hätten die verantwortlichen Entwickler schon 2015 die Hosen heruntergelassen", wäre Audi viel erspart geblieben, so Stadler weiter. Trotz Absetzung der Chefs, eines Amnestie-Programms und Aufrufen zur Aufklärung hätten auch die Mitarbeiter aber leider weiter geschwiegen. Techniker hätten dem Vorstand weiterhin versichert, "dass der Sechszylinder-Diesel den europäischen Zulassungsbedingungen entspricht". Denn dieser habe eine ganz andere Warmlauffunktion als der in den USA. So vereinbarte Audi mit dem Kraftfahrt-Bundesamt zwar freiwillige Serviceaktionen zum Austausch von Software. Aber bis Januar 2018 wurden in Europa noch 120 000 Autos mit überhöhtem Stickoxid-Ausstoß verkauft.

Die Anklage wirft Stadler deshalb Betrug an Autokäufern, strafbare Werbung und mittelbare Falschbeurkundung bei Zulassungsbehörden vor. Mit Stadler zusammen stehen der ehemalige Audi-Motorenchef und Porsche-Technikvorstand Wolfgang Hatz sowie zwei leitende Ingenieure vor Gericht. Ihre Anklage wiegt schwerer: Sie sollen ab 2008 mehr als 400 000 Dieselmotoren so manipuliert haben, dass sie Abgastests bestehen, auf der Straße aber mehr Stickoxide ausstoßen.

Ein fordernder Job

Stadler trug dem Landgericht München ein Stunde lang vor, was er als Audi-Vorstandschef und VW-Vorstandsmitglied alles um die Ohren gehabt habe. Detailliert schilderte er seine Arbeitsabläufe. Bis zu 200 E-Mails täglich seien bei seinem Sekretariat eingegangen, einen Großteil davon habe er nie gesehen. In seinem Büro in Ingolstadt sei er bestenfalls ein paar Stunden pro Woche gewesen. Im Jahr hätten ihn höchstens zehn "blaue Meldungen" über Probleme persönlich erreicht. Er habe keine Erinnerung, dass er selbst am soghenannten "Schadentisch" mit dem Problem der Abgasreinigung befasst gewesen sei.

Das Landgericht geht nach Aktenlage bisher davon aus, dass Stadler Betrug an den Autokäufern nicht durch aktives Tun, sondern durch Unterlassen anzulasten sei. Der Anwalt des angeklagten Ingenieurs Giovanni P. warf dem Gericht vor, trotz Corona-Pandemie den Prozess weiterzuführen, sei unverantwortlich und gefährlich. Er dürfe so nicht länger stattfinden. Der Vorsitzende Richter sagte, der Saal in der Justizvollzugsanstalt Stadelheim entspreche allen Anforderungen.

hb/iw (dpa)