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Digital und legal

Daniel Wortmann6. September 2002

Musiktauschbörsen im Internet machen der Musikindustrie das Leben schwer. Illegale Downloads führen zu Umsatzeinbußen. Mit einem eigenen Online-Angebot will Universal nun die Kunden zurückgewinnen.

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Mit legalem Angebot gegen die Musikpiraterie: "popfile.de"Bild: www.popfile.com

Das Herunterladen von Musik aus dem Internet und die Weitergabe auf gebrannten CDs haben auf dem deutschen Musikmarkt im vergangenen Jahr zu einem Umsatzeinbruch von über 10 Prozent geführt. Allein in Deutschland soll es über 700 Millionen Musikdownloads von den verschiedenen Tauschbörsen gegeben haben.

Der Austausch von MP3-Dateien über Musiktauschbörsen macht auch vor einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen nicht halt. Nachdem US-Richter die Abschaltung des "Napster"-Tauschnetzwerks erzwungen hatten, entstanden schnell andere Programme mit den gleichen Funktionen.

Erstes legales Angebot

Dass man die Kunden jedoch nicht per Gerichtsentscheid zurück in die Plattenläden holen kann, scheint sich allmählich auch in den Chefetagen der Musikindustrie herumzusprechen. Mit dem Internet-Angebot "popfile" hat Universal jetzt als erstes Unternehmen in Deutschland den Schritt gewagt, den illegalen Tauschprogrammen ein eigenes, legales Angebot entgegenzusetzen.

Auf den Seiten von popfile können Musikfans unter derzeit rund 5000 Titeln wählen, allesamt aus dem Repertoire von Universal. Für 99 Cent pro Song erhält der Kunde eine MP3-basierte Datei, die er allerdings nur mit einem eigens entwickelten Programm abspielen kann. Die Lieder lassen sich jedoch in das Format WMA (Windows Media Audio) exportieren. Dann ist es auch möglich, sie auf CD zu brennen und weiterzugeben. Die Musikdateien enthalten ein Wasserzeichen, mit dem man den ursprünglichen Käufer feststellen kann. Bezahlt werden die Dateien anhand eines speziellen Abrechnungssystems über die Telefonrechnung.

Schnell und sicher

Über mangelndes Interesse muss sich das neue Portal nicht beklagen. 300.000 Besucher im ersten Monat sind eine stattliche Zahl. Doch bleibt fraglich, ob Musikfans wirklich bereit sind, für eine Leistung zu zahlen, die sie über die Musiktauschbörsen bisher kostenlos erhalten haben. Joachim Kirschstein, Geschäftsführer der Universal Marketing, zeigt sich im Gespräch mit DW-WORLD überzeugt: "Die Leute wollen einen schnellen und sicheren Service. Bei illegalen Angeboten gibt es dagegen die Gefahr, Dateien in schlechter Qualität zu bekommen oder sich gar einen Virus einzuhandeln." Popfile hingegen könne einen professionellen Standard garantieren.

Allerdings hat das Angebot auch ein großes Manko: Es ist zunächst auf den Musikkatalog von Universal beschränkt. Joachim Kirschstein sieht das derzeitige Konzept jedoch nur als ersten Schritt und feiert sein Unternehmen als "Trendleader": "Wir wollen alle anderen großen Musikfirmen mit ins popfile-Boot holen. Schon in den nächsten drei Wochen könnte eine Entscheidung über die Zusammenarbeit fallen."

Plattenfirmen wollen Kooperation

Grundsätzlich scheinen die anderen Firmen tatsächlich an einer Kooperation interessiert zu sein. Carl Mahlmann, Planungschef bei EMI, hat sich DW-WORLD gegenüber für eine konzertierte Aktion ausgesprochen: "Der Konsument interessiert sich nicht dafür, welche Plattenfirmen hinter den einzelnen Künstlern stehen. Daher brauchen wir eine gemeinsame Plattform aller Unternehmen."

Doch die eigenen Angebote sind nur ein Teil der Anstrengungen der Musikindustrie gegen die Musikpiraterie. Auf der Popkomm in Köln (Mitte August 2002) etwa betonte der Vorsitzende der deutschen Phonoverbände, Gerd Gebhardt, die Bedeutung von Kopierschutzmechanismen. Carl Mahlmann von EMI sieht unterdessen im Kampf gegen die illegalen Tauschbörsen eine wichtige Aufgabe. Neben der Anwendung von rechtlichen Mitteln testen EMI und wohl auch andere Firmen den Einsatz von so genanntem "spoofing". Dabei werden gezielt fehlerhafte Dateien in die Musiktauschbörsen eingeschleust, um den Musikfans den Spaß an der illegalen Ware zu verderben.

Angebot wird ausgebaut

Für Joachim Kirschstein von Universal steht jedoch die Weiterentwicklung der legalen Alternative im Vordergrund. Ab April 2003 will Universal – wie im herkömmlichen Handel – Shop-Lizenzen anbieten. "Dann können Händler in ihren Online-Filialen auf das Musikangebot von popfile zurückgreifen", erklärt Kirschstein das Vorhaben.

Bleibt die Frage, ob die Musikfans auch mitspielen. Bisher hat popfile zwar Interesse geweckt, die Downloadzahlen lassen aber noch einiges zu wünschen übrig. Erst wenn es Universal und den anderen Plattenfirmen gelingt, ihre potenziellen Kunden davon zu überzeugen, dass geistiges Eigentum auch seinen Preis hat, könnte die Musikindustrie wohl tatsächlich ihren Weg aus der Krise finden.