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Verpasste Zukunft?

Klaus Dahmann12. März 2008

Zoran Djindjic ist auch fünf Jahre nach seiner Ermordung ein Name, der die Gemüter spaltet: Für die Einen ist er immer noch ein Verräter, in den Augen Anderer verkörpert er eine verpasste Zukunft Serbiens.

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(AP Photo/Vadim Ghirda)
Zoran Djindjic etwa einen Monat vor seiner Ermordung in BucharestBild: AP

Der 28. Juni 2001: Gegen den Willen tausender Demonstranten in der Belgrader Innenstadt und gegen den Willen des damaligen jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica bewies Zoran Djindjic Mut. In einer Nacht- und Nebelaktion ließ der serbische Premier den von Den Haag gesuchten Slobodan Milosevic an das Kriegsverbrechertribunal ausfliegen. Djindjic berief sich auf einen Verfassungsartikel, wonach Serbien jugoslawisches Bundesrecht außer Kraft setzen kann, wenn es der Allgemeinheit dient. Diesen Paragraphen hatte Milosevic Jahre zuvor selbst geschaffen - und der wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Djindjic argumentierte nun, er bewahre Serbien mit der Auslieferung Milosevics vor finanziellen Sanktionen der internationalen Staatengemeinschaft: "Um Schaden abzuwenden, der unserem Land droht, haben wir uns für die Umsetzung von Artikel 135 der Verfassung Serbiens entschieden."

Bereits 1998 errang Djindjic gegen Milosevic erstmals einen Triumph: Nach fast dreimonatigen Massendemonstrationen musste der starke Mann in Belgrad Djindjics Sieg bei den Bürgermeisterwahlen in der Hauptstadt anerkennen. Doch Milosevic schikanierte seinen Kontrahenten so lange, bis dieser das Amt aufgab und vorerst abtauchte.

Djindjic contra Milosevic

Während des NATO-Bombardements auf Jugoslawien 1999 war Djindjic bemüht, Bündnisse gegen Milosevic zu schmieden - nicht nur mit Oppositions-Parteien in Serbien, sondern auch mit dem montenegrinischen Präsidenten Milo Djukanovic. Milosevic konnte er jedoch nicht von der Macht verdrängen.


Das gelang erst im Zuge der jugoslawischen Präsidentschaftswahlen 2000, bei denen Djindjic den politischen Nobody Vojislav Kostunica unterstützte und ihn dann zum Sieg führte. Bei den anschließenden serbischen Parlamentswahlen fegte seine oppositionelle DOS-Koalition die letzten Reste des Milosevic-Regimes weg - Djindjic wurde Ministerpräsident.

In den Folgejahren kristallisierten sich erste Konflikte mit seinem einstigen Verbündeten Kostunica heraus - vor allem, als Djindjic begann, mutmaßliche Kriegsverbrecher nach Den Haag auszuliefern. Außerdem unterstützte Djindjic die Bemühungen, Jugoslawien in einen losen Staatenbund umzuwandeln und erreichte so, dass Kostunica als Präsident ohne Land aus dem Amt treten musste. Den Streit kommentierte Djindjic scherzhaft mit den Worten: "Mit Herrn Kostunica habe ich überhaupt keinen Konflikt. Denn wir haben überhaupt nicht dieselbe Wellenlänge: Ich versteh ihn nicht, er versteht mich nicht. Und darin sind wir uns blendend einig."

Erschossen am helllichten Tag

Auf Kritik im eigenen Land stieß auch seine Haltung zum Kosovo: Djindjic schloss eine Abspaltung der unter UN-Verwaltung stehenden Provinz nicht aus, ein multi-ethnisches Kosovo hielt er für eine Illusion - bis heute traut sich kaum ein serbischer Politiker, diese Meinung zu vertreten.

(AP Photo / Darko Voijinovic)
Am 15. März 2003 wurde Djindjics Leiche beigesetztBild: AP

Am 12. März 2003 wurde Zoran Djindjic erschossen – am helllichten Tag, auf offener Straße mitten in Belgrad. Interimspremier Zoran Zivkovic verhängte daraufhin den Ausnahmezustand und ordnete große Razzien an. Ein Sondertribunal wurde eingerichtet, das trotz zahlreicher Behinderungen im vergangenen Jahr die Hintermänner des Attentats, zwei Führer einer Spezialeinheit, zu 40 Jahren Haft verurteilte, weitere zehn Angeklagte zu Haftstrafen zwischen acht und 35 Jahren.