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Dobrindt unter Unions-Druck

27. August 2012

"Provinzielles Gemeckere", "einfach unerträglich" - mit derlei Kommentaren belegen selbst Unionspolitiker die Griechenland-kritischen Äußerungen des CSU-Generals. Zu dessen Verteidigung raffte sich bislang keiner auf.

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CSU-Generalsekretaer Alexander Dobrindt (Foto: dapd)
Alexander DobrindtBild: dapd

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt zieht sich wegen seiner umstrittenen Äußerungen zum Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone auch in seiner eigenen Partei Kritik zu. Der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger, warf ihm "provinzielles Gemeckere" vor. "Es ist ein Stück aus Absurdistan, zu glauben, dass Griechenland mit der Drachme schneller auf die Füße kommt", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Mit einer abgewerteten Währung könne sich das Land keine Einfuhren mehr leisten, auch nicht aus Deutschland. Straubinger lobte zugleich den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Die Bundeskanzlerin hat das bisher hervorragend gemacht in der Euro-Krise."

Der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Max Straubinger (Foto: picture-alliance/dpa)
Gibt dem Parteifreund contra: CSU-MdB Max StraubingerBild: picture-alliance/dpa

"Das ist einfach unerträglich"

Dobrindt hatte der "Bild am Sonntag" gesagt, an einem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone führe kein Weg vorbei. "Ich sehe Griechenland 2013 außerhalb der Euro-Zone." Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok kritisierte Dobrindt auch dafür, dass dieser den Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi als "Falschmünzer" bezeichnet hatte. "Zu dem Dobrindt fällt mir nichts mehr ein", sagte Brok dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Das ist einfach unerträglich." Durch seine Angriffe auf das hoch verschuldete Griechenland und die EZB schaffe der CSU-Generalsekretär Unsicherheit und erhöhe so die volkswirtschaftlichen Kosten der Euro-Krise. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), sagte der Zeitung, er halte nichts von solchen Kraftausdrücken in der Politik.

Kritik kam auch von Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Dem Bericht der Troika über die Fortschritte Athens bei der Umsetzung der Reformen vorzugreifen, sei "töricht", sagte er der "Rheinischen Post". "Mit dem Bedienen von Vorurteilen wird man unserer Verantwortung für Europa und den Euro nicht gerecht." Kanzlerin Merkel hatte bereits am Sonntag in einem ARD-Interview erneut Mäßigung in der Griechenland-Debatte verlangt. Die EU sei nicht nur eine monetäre Union, sondern "eine politische Gemeinsamkeit, die viele Jahrzehnte für Frieden gesorgt" habe, betonte Merkel.

Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras wird am Freitag (24.08.2012) von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin begrüßt (Foto: "picture-alliance/dpa)
Kanzlerin Merkel lobt ausdrücklich die Bemühungen des griechischen Ministerpräsidenten SamarasBild: picture-alliance/dpa

Ausdrücklich lobte sie den griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras: "Ich habe den Eindruck, dass er sich ernsthaft anstrengt." Es zähle derzeit jeder Tag bei der Umsetzung der vereinbarten Spar- und Reformanstrengungen. Die Kanzlerin hatte noch am Freitag bei einem Treffen mit Samaras versichert, dass Griechenland Teil des Euro-Raums bleiben solle. Sie beklagte zugleich eine ungleiche Verteilung der Lasten in Griechenland. "Das Ungerechte ist, dass die, die viel Geld haben, längst über alle Berge sind und ihr Geld woanders angelegt haben." Die einfachen Leute müssten diese Dinge jetzt ausbaden - das sei extrem ärgerlich, sagte Merkel.

Troika-Bericht erst im Oktober?

Unterdessen zeichnet sich ab, dass der Troika-Bericht womöglich erst im Oktober vorliegen wird. "Die Experten des Internationalen Währungsfonds, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank werden Anfang September nach Athen zurückkehren, um ihre Bewertung der Sparbemühungen des Landes fertigzustellen", sagte ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel. Diese Mission werde nicht vor "Ende September oder Anfang Oktober" abgeschlossen sein.

Die "Rheinische Post" berichtet, Grund seien Privatisierungsbestrebungen der Regierung in Athen, die wahrscheinlich erst im September umgesetzt werden könnten. Das Blatt beruft sich dabei auf einen mit den Vorgängen vertrauten EU-Diplomaten.

Der Bericht ist Grundlage für die Entscheidung, ob Griechenland aus dem zweiten Hilfspaket eine weitere Tranche von 31,5 Milliarden Euro erhält. Ohne das Geld droht dem Land die Pleite. Die Regierung in Athen arbeitet derzeit an einem neuen Sparprogramm von mindestens 11,5 Milliarden Euro, das Voraussetzung für die Hilfe ist.

sti/qu (afp, dapd, dpa, rtr)