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Dodo und Cascavel schreiben Geschichte

Peter Wozny22. Juni 2014

Sie darf in der Berichterstattung aus dem deutschen Quartier einfach nicht fehlen: Die Fähre über den Rio João de Tiba, die Santa Cruz de Cabrália mit Santo André verbindet.

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Die Fähre über den Rio João de Tiba in Brasilien, die Santa Cruz de Cabrália mit Santo André verbindet (Foto: Peter Wozny, DW)
Bild: DW/Peter Wozn

Auch wenn es im Turnier gut läuft und Deutschland das Halbfinale erreicht, nutzt die Nationalmannschaft die Fähre gerade einmal 14 Mal in fünf Wochen. Dann wird sie von Soldaten auf Jetski eskortiert und es sind mehr Sicherheitskräfte als Spieler an Bord. Doch eben nur vor und nach den Spielen schippert das Nationalteam über den Fluss, bleibt ansonsten im Campo Bahia in Santo André.

DW-WM-Reporter Peter Wozny steht mit dem Mikrophon am Fußballplatz (Foto: Joscha Weber/DW)
DW-Reporter Peter WoznyBild: DW/J. Weber

Und so sind es vor allem die Journalisten, die täglich auf dem von Mangroven umsäumten Fluss hin und herpendeln, weil es in Santo André nicht genügend Unterkünfte gibt. Die Fährfahrt ist für ihre Zeit in Brasilien ein fester Bestandteil des Tages geworden. Viele Kollegen haben sie zwar nicht ins Herz, aber in ihre Berichterstattung eingeschlossen. Der in die Jahre gekommene Kahn dürfte mittlerweile so bekannt sein wie das Traumschiff, die Hoppetosse oder die Black Pearl.

Dass aber in diesem Fall keine Piraten an Bord sind, hat die FIFA überprüft. Naja, eigentlich hat sie nur geprüft, ob die Fähre technisch sicher genug ist für den Transport des DFB-Teams. Dafür gab es immerhin frische Farbe. Genau genommen sind es übrigens zwei Fähren: Dodo und Cascavel. Der Fährmann heißt in den Berichten wahlweise Renildo, Manuel oder Jose, abhängig davon, welchen der Kollege interviewt hat. Die teuerste Fracht bisher: Die deutsche Nationalmannschaft, Marktwert aktuell 562 Millionen, so hat es eine Boulevardzeitung ermittelt. Tendenz mit jeder weiteren Überfahrt steigend.

Von Entschleunigung keine Spur

Die Fähre über den Rio João de Tiba in Brasilien, die Santa Cruz de Cabrália mit Santo André verbindet (Foto: Peter Wozny, DW)
Die Fähre über den Rio João de Tiba ist meist vollBild: DW/Peter Wozn

Bestechungsversuche aus dem Camp ausgebüxter Nationalspieler soll es noch keine gegeben haben. Das Nachtleben auf der anderen Seite der Fähre kann mit der Abendunterhaltung im Campo Bahia offensichtlich nicht mithalten. Offiziell 21 Autos dürfen pro Überfahrt an Bord, aber auch LKW, Busse und Motorräder. 15 Minuten dauert eine Reise und das 16 Mal am Tag, nachts nur alle zwei Stunden. Das manchmal einstündige Warten an der Fähre nehmen die meisten Journalisten vom "falschen" Ufer gelassen. Die Kapazitäten reichen zu Stoßzeiten bei weitem nicht aus.

Ich wohne auf der "richtigen" Seite des Flusses und muss nicht täglich Dodo oder Cascavel nutzen. Doch manchmal überquere auch ich für Termine auf der anderen Seite den Rio João de Tiba. Und jedes Mal warte ich auf die magischen Momente, die einige Kollegen in ihren Beiträgen zur Überfahrt beschreiben: Die Ruhe, die Entschleunigung auf dem Wasser. Tatsächlich lärmt und stinkt der Dieselmotor. Die Autos stehen so dicht gedrängt, dass sich dazwischen niemand wirklich bewegen kann. Renildo, Manuel oder auch Jose treiben schlecht gelaunt zur Eile bei Auf- und Abfahrt. Aber ganz egal, ob man die Überfahrten nun mag oder nicht: Dodo und Cascavel werden in Erinnerung bleiben, als Symbol einer Fußball-WM der weiten Wege.