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Donald Trump beglückt Mexikos Arbeiter

Andreas Knobloch
6. Mai 2019

Die mexikanische Arbeitsmarktreform macht den Weg frei für die ausstehende Ratifizierung des neuen nordamerikanischen Freihandelsabkommens. Aber nicht alle in Mexiko sind mit dem Ergebnis zufrieden.

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Arbeiter in mexikanischer VW-Fabrik in Pueblo
Bild: picture-alliance/dpa

Mexiko erlebe einen historischen Moment, verkündete der Bergarbeiter-Gewerkschaftsführer und Senator der Regierungspartei Morena, Napoleon Gómez Urrutia, am Tag der Arbeit vor Tausenden Gewerkschaftsanhängern auf dem Zócalo, im Herzen von Mexiko-Stadt. Das Land befinde sich in einer Periode, "in der wir gemeinsam die wirtschaftliche, politische und soziale Situation verwandeln und verändern, nach mehr Wohlstand für die Arbeiter streben, eine bessere Zukunft für alle, um der Ungleichheit und der Korruption, die Mexiko soviel Schaden gebracht haben, ein Ende zu setzen." Mit der gerade im Parlament verabschiedeten Arbeitsmarktreform bewege sich Mexiko in Richtung Gewerkschaftsdemokratie und Arbeitsgerechtigkeit, auch wenn sie nicht "alle Bedürfnisse des Bestrebens der Arbeiter" zufriedenstellend löse, sagte Gómez Urrutia.

Die Arbeitsmarktreform war Anfang der Woche vom Kongress mit großer Mehrheit verabschiedet worden. Dafür wurden diverse Bestimmungen des Arbeitsgesetzes und vier weiterer Gesetze modifiziert. Zum 1. Mai wurden die Änderungen in der offiziellen Zeitschrift des Bundes veröffentlicht und traten damit in Kraft. Die Arbeitsmarktreform stärkt die Rolle der Arbeitnehmervertreter in Mexiko. Sie schafft ein neues System des Arbeitsrechts, Gewerkschaftsdemokratie und die Verpflichtung zu transparenten kollektiven Arbeitsverträgen. Arbeiter können künftig frei wählen, ob und welcher Gewerkschaft sie angehören wollen. Darüber hinaus umfasst die Reform Punkte wie die Aufhebung von Schlichtungsgremien, die Schaffung von Arbeitsgerichten in der Justiz, und die freie, geheime und direkte Abstimmung bei der Wahl von Gewerkschaftsführern.

G20-Gipfel in Buenos Aires | USMCA-Abkommen | Pena Nieto & Trump & Trudeau
Unterzeichnung des USMCA-Abkommens am 30.11. 2018 in Buenos Aires Bild: Reuters/K. Lamarque

Auf dem Zócalo wiesen Gewerkschaftsvertreter darauf hin, dass wichtige Themen wie Outsourcing, das von der neoliberalen Vorgängerregierung forciert worden war, mit dem neuen Arbeitsrecht nicht angegangen wurden. Der neue Präsident Andrés Manuel López Obrador dagegen zeigte sich zufrieden mit der Annahme der Reform. Er versprach, dass seine Regierung die gewerkschaftliche Autonomie respektieren und es keine Vetternwirtschaft geben werde.

Voraussetzung für neuen Freihandelsvertrag

Die Annahme der Arbeitsmarktreform ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Ratifizierung des neuen nordamerikanischen Freihandelsvertrages USMCA (United States-Mexico-Canada-Agreement), der dem NAFTA-Abkommen nachfolgt und maßgeblich von US-Präsident Donald Trump gefordert worden war. Zwar wurde USMCA noch vor dem Amtsantritt von López Obrador am 1. Dezember von seinem Vorgänger Enrique Peña Nieto sowie den Präsidenten der USA und Kanadas unterzeichnet, jedoch muss das Abkommen noch vom US-Kongress ratifiziert werden. Mit der Annahme der mexikanischen Arbeitsmarktreform dürfte der wohl zustimmen.

In den monatelangen Verhandlungen des neuen Freinhandelsvertrages waren Lohnerhöhungen in Mexikos Automobilindustrie eines der zentralen Themen. Die US-Regierung vertritt die Ansicht, dass die niedrigen Löhne der mexikanischen Wirtschaft einen künstlichen Wettbewerbsvorteil verschaffen. In dem ausgehandelten Vertrag verpflichtet sich Mexiko, "akzeptable" Arbeitsbedingungen, Vereinigungsfreiheit und die "wirksame Anerkennung" von Tarifverhandlungen zu gewährleisten. Ironischerweise waren es nicht die mexikanischen Gewerkschaften, sondern US-Präsident Trump, der Druck gemacht hatte, die Löhne in Mexiko zu erhöhen - wenn auch aus protektionistischen Motiven. Gegenüber dem Freihandelsabkommen von 1994 wird die Rolle der Arbeitnehmervertreter in Mexiko gestärkt. Allerdings sind sechs von zehn Arbeitnehmern in Mexiko im informellen Sektor beschäftigt.

Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador mit Unterstützern  in Mexico City
Lob für die Reform von Mexikos amtierenden Präsidenten Andres Manuel Lopez ObradorBild: Getty Images/AFP/P. Pardo

Über Mexikos Arbeitsmarktreform sind die Ansichten geteilt. Der Präsident des Unternehmerverbandes Coparmex, Gustavo de Hoyos, sagte im Parlament, die Arbeitsmarktreform sei "kein gutes Geschenk für die Arbeiter des Landes" und diene dem einzigen Zweck, das Diktat von USMCA und Vereinigten Staaten umzusetzen. Auch der frühere Fiskal-Staatsanwalt, Gabriel Reyes, hält die Reform für einen "vergifteten Apfel" der USA. "Ich denke, es ist sehr gut aus den Vereinigten Staaten entworfen worden, damit wir bald trinationale Gewerkschaften haben." Dies werde Bedingungen etablieren, die für kleine und mittlere Unternehmen undurchführbar seien, "so dass die ausländische Industrie den seit 1994 mit NAFTA begonnenen Prozess fortsetzen und abschließen wird, um sich die Unternehmen des Landes anzueignen."

Der Soziologe und ehemalige Berater der Wahlbehörde, Alfredo Figuero, bezeichnet die neue Gesetzgebung dagegen als "eine der essentiellen Achsen des demokratischen Aufbaus des Landes". Über Jahrzehnte sei das Recht der Arbeiter auf freie Vereinigung und freie Wahl ihrer Gewerkschaftsführer immer wieder aufgeschoben worden. Das ändere die Arbeitsmarktreform nun endlich.