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Donnergrollen unter Kollegen

Daniel Wortmann1. September 2002

Haben die Wetterdienste zu spät vor der Hochwasserkatastrophe im August 2002 gewarnt? Der Star-Meteorologe Jörg Kachelmann hat diesen Vorwurf erhoben. Doch der Deutsche Wetterdienst wehrt sich.

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Wetterfrosch und Kampfhahn: ARD-Moderator Jörg KachelmannBild: ARD/Heiner H. Schmitt jr

"Schon mittags war klar, was passieren würde", wettert ARD-Moderator Kachelmann im Gespräch mit DW-WORLD. Seine Firma Meteomedia habe rechtzeitig die Warnung herausgegeben. "Der Deutsche Wetterdienst hat erst über eine Stunde später reagiert und auch dann nur eine Vorwarnung abgegeben", fügt Kachelmann hinzu. Er glaubt, dass durch die zögerlichen Warnungen bis zu 24 Stunden bei der Reaktion auf die gewaltigen Regenfälle verloren gingen: "Viele Krisenstäbe haben ihre Arbeit erst aufgenommen, als schon die ersten Häuser unter Wasser standen."

Vorwürfe zurückgewiesen

Uwe Kirsche, Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes, hat diese Vorwürfe zurückgewiesen: "Gerade in Bezug auf das Hochwasser in Sachsen ist die Vorwarnung ausgezeichnet verlaufen. Aufgrund unserer Modellrechnungen konnten wir schon frühzeitig Warnungen veröffentlichen", so Kirsche auf Anfrage von DW-WORLD.

Auch ZDF-Meteorologe Leonhard Adams sieht keine Verfehlungen. Im Fernsehprogramm habe man rechtzeitig vor starken Niederschlägen gewarnt. "Konkrete Mengenangaben haben wir nicht gemacht", erklärt Adams. "Das ist aufgrund der Zeitvorgaben für die einzelnen Wettersendungen allerdings auch kaum möglich."

Ungenaue Warnungen

Blitz
Was dieses Unwetter bringt, möchte man gern so früh wie möglich erfahrenBild: AP

Doch Kachelmann kritisiert nicht nur den Zeitpunkt, sondern auch die Art und Weise der Unwetterwarnungen: "Die Warnungen beziehen sich grundsätzlich auf einen Zeitraum von 12 Stunden und oft auf ein ganzes Bundesland", bemängelt der Wetterexperte. "Da können sich die Meteorologen natürlich zurücklehnen – aber welchen Nutzen soll der Bürger aus einer solchen Meldung ziehen?" Der Wetterdienst handele geradezu zynisch, wenn er bei unwetterbedingten Todesfällen sage, er habe hinreichend gewarnt.

Als positives Beispiel für ein abgestuftes Warnsystem nennt Kachelmann die USA. "Während man bei uns sofort von einer 'Unwetterwarnung' spricht, gibt es dort eine Vielzahl von Risikostufen wie etwa 'Thunderstorm Watch' oder 'Severe Weather Warning'." Durch diese differenziertere Einteilung, die oft auch kleinere Vorhersagegebiete umfasse, werde die Bedeutung der Warnungen deutlicher.

Behörden in der Kritik

Uwe Kirsche vom Deutschen Wetterdienst macht unterdessen völlig andere Ursachen für mögliche zeitverzögerte Warnungen verantwortlich. "Der Wetterdienst sagt lediglich die Niederschlagsmengen voraus", betont er. "Für die Verwertung der Daten und die Warnungen an die Bevölkerung sind dann die Behörden verantwortlich." Auf diesem Gebiet sieht Kirsche noch Verbesserungsbedarf.

Ein weiteres Problem bei der richtigen Bewertung der Unwetter ist für Kirsche die Vielzahl der unterschiedlichen Informationen von den verschiedenen Wetterdiensten. Während ein Wettbewerb um die genaueste Wettervorhersage durchaus wünschenswert sei, werde man bei Unwetterwarnungen "wohl zusammenarbeiten müssen". In diesem Fall müssten alle Wetterdienste mit einer Stimme sprechen.

Kachelmann will genauer warnen

Jörg Kachelmann hält derweil an seiner Kritik am Deutschen Wetterdienst fest. In Kürze will er mit seiner Firma für jeden Landkreis in Deutschland einzeln warnen. Diese Warnungen sollen dann nicht nur über die herkömmlichen Medien, sondern auch per SMS abrufbar sein.

Die Vorhersagemodelle der Wetterdienste, die auch in die Kritik geraten waren, trifft indes wohl die geringste Schuld an fehlerhaften oder verspäteten Warnungen. Darin sind sich die Experten einig. "An den Modellen wird natürlich immer weiter gefeilt", sagt Uwe Kirsche. "Besonderer Handlungsbedarf aufgrund des Hochwassers besteht jedoch nicht." Vielmehr scheint es die Bewertung der Daten durch die Meteorologen zu sein, die manchmal zu wünschen übrig lässt.