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Donovan - Schottlands sanfter Rebell

Michael Marek10. Mai 2013

Zwischen 1966 und 1969 schaffte der Folkstar 11 Top-40-Platzierungen mit Hits wie "Mellow Yellow", "Sunshine Superman" oder "Epistle To Dippy". Im DW-Gespräch äußert er sich auch über sein politisches Engagement.

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Donovan auf dem Boden sitzend neben einer Gitarre (Foto: Keystone/Getty Images) 01.01.1966
Bild: Keystone/Getty Images

Mit legendären Hits wie "Universal soldier", "Atlantis" und "Catch the wind" wurde der Singer-Songwriter zu einem der bekanntesten Solokünstler der Flower-Power-Ära. Donovan galt als sanfter Rebell und Schottlands Antwort auf Bob Dylan. 2012 wurde er feierlich in die "Rock'n Roll Hall of Fame" aufgenommen. Zu seinem 67. Geburtstag am 10. Mai erscheint sein neues Album "Shadows of blue". Schon jetzt gibt es daraus den Song "I love you" bei uns zum Reinhören. Michael Marek traf Donovan auf Mallorca.

DW: Donovan, viele kennen Sie als erfolgreichen Poeten und Folk-Sänger der 1960er und 1970er Jahre. Warum hat man so lange nichts mehr von Ihnen gehört? Wo haben Sie gesteckt?

Donovan: Ich war damals sehr erfolgreich, danach hatte mich ein bisschen zurückgezogen, bin weniger live aufgetreten, das stimmt. Aber ich habe immer an meiner Musik gearbeitet und in den 1970er Jahren zehn Alben herausgebracht. Nach meinen großen Erfolgen kam eine Krise, ich brauchte Zeit zum Reflektieren. Als Musiker und Barde wollte ich nie einen "festen Arbeitsplatz" haben. Aber ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und im Studio meine Songs aufzunehmen.

Angefangen haben Sie als Straßenmusiker, bis zwei Agenten Sie unter Vertrag nahmen…

Stimmt. Ich war Teenager, hörte Buddy Holly, die Everly Brothers und Popmusik. Ich komme aus einer irisch-schottischen Arbeiterfamilie. Da wurden immer Folksongs gesungen. Als ich von Zuhause abhaute, war ich gerade mal sechzehn. Mein Vorbild waren die Beatniks. Ich war ein Vagabund, hatte immer meine Gitarre dabei, lebte auf der Straße, am Strand von St. Ives in Cornwall und sang fürs Abendessen.

Sie galten als Inbegriff der Flower-Power-Jahre. Wie denken Sie heute über diese Zeit?

Ich war damals Folk- und Protestsänger, kämpfte für Bürgerrechte und eine bessere Welt. Wir wollten wissen, warum es zu zwei Weltkriegen kommen konnte, warum so viele Menschen im sozialen Elend lebten. Flower Power war eine Antwort darauf. Wir fanden sie in der östlichen Meditation. Deshalb sind die Beatles und ich zusammen nach Indien gefahren. Flower Power ist ein Symbol für Humanität und die Erweiterung unseres Bewusstseins. Man gab mir den Beinamen "Prince of Flower Power", weil ich wie kein anderer Künstler, mit Ausnahme von George Harrison und vielleicht auch John Lennon, diese Idee öffentlich vertreten habe. Wir schrieben unsere Songs im Sinne von Frieden und Brüderlichkeit. Und wir hoffen, dass sich das Bewusstsein der Menschheit dafür öffnen wird!

Es heißt, Sie waren ein politisch denkender Mensch, aber nie ein politischer Sänger…

Als Teenager war ich zornig auf das Establishment. Ich hörte Woody Guthrie und Pete Seeger. Ich war selber ein Protestsänger. Ich bin in einer schottischen Arbeiterfamilie aufgewachsen und habe täglich erlebt, was Armut bedeutet. Deshalb wollte ich für Freiheit und Gerechtigkeit singen. Aber dann wurde mir klar, dass unser Leiden, das Leiden der Welt von einem niederen Bewusstseinzustand herrührt.

Donovan und seine Muse und Ehefrau Linda auf Mallorca (Foto: Michael Marek/ DW)
Donovan mit Ehefrau LindaBild: DW/Michael Marek

Und ich habe mich gefragt: Was bringt die Menschen dieser Welt zusammen, wie schafft man es, sich gegenseitig zu unterstützen? Natürlich war der Sozialismus sehr wichtig; die unterprivilegierten Menschen auf der ganzen Welt sind ja eine Familie. Und es ist offensichtlich, dass unsere Politiker wie Schauspieler in einem Drama auftreten. Und hinter den Politikern gibt es eine mächtige Geschäftswelt. Das 20. Jahrhundert war eine Welt des Konsums, die unsere Umwelt gefährdete. Ich war einer der ersten Sänger, der sich mit dem Ökosystem beschäftigte, ich habe mit Greenpeace und dem World Wide Fund zusammengearbeitet. Es geht nicht darum, das politische System einfach zu zerstören, sondern unser Wissen an die neue Generation weiterzugeben. Deshalb beschäftige ich mich in meinen Songs immer mit Bildung und Bewusstsein. Millionen junger Leute wissen nichts über das Meditieren, über die alten spirituellen Bücher und die indische Philosophie.

Der "Universal soldier" war nicht nur ein Hit, sondern eine Hymne der Antikriegsbewegung. Was ist von Ihrem Engagement geblieben? Gehen Sie heute auf Friedensdemos?

Na, klar! Ich habe mich über all die Jahre daran beteiligt. 1980 gab es in Deutschland eine große Bewegung gegen die Neutronenbombe. Bei uns in Großbritannien war die Anti-Atombewegung eingeschlafen. Deshalb schrieb ich das Album "Neutronica". Meine Musik ist bis heute eine Plattform, um auf die Probleme der Atomenergie und der atomaren Waffen hinzuweisen. Aber heute wird darüber viel zu wenig gesprochen. Meine Frau und ich, wir fragen uns öfter, warum es eigentlich noch keinen atomaren Krieg gegeben hat. Die Risiken der nuklearen Waffenarsenale bestehen weiterhin.

Woher kommt Ihre Liebe zum Meditieren?

Manche Menschen sagen: Wenn du etwas ganz stark willst, dann hast du das aus einem früheren Leben. In der keltischen Tradition gibt es die Vorstellung, dass man nicht einmal, sondern mehrere Male geboren wird. Ich war sechzehn, als ich das erste Mal das Wort Meditation las. Das war in Jack Kerouacs großem Roman "Unterwegs". In mir klingelte es, das Wort sagte mir sofort etwas. Ich spürte, dass es eine transzendentale Welt gibt, die in den Mythen, Legenden und Märchen der Poeten weiterlebt. Deshalb hieß übrigens mein zweites Album "Fairy Tale". Ich begann dann, "Sutras" zu lesen.

Mein Freund George Harrison hatte mir das Buch von Yogananda "Autobiographie eines Yogi" zum Lesen gegeben. Aber wir hatten keine praktische Erfahrung mit der Meditation. Deshalb sind George Harrison, die Beatles und ich nach Indien gefahren. Dort fanden wir Maharishi Mahesh Yogi, und er fand uns. Maharishi hat uns in die Meditation eingeweiht. Yoga und Meditation faszinieren mich noch immer. Beides erweitert das Bewusstsein. In meinem Song "Sunshine Superman" geht es ja nicht um "Supermann in Amerika", sondern um Meditation und Bewusstsein. Yoga ist Science Fiction und besagt: Die Zukunft der Menschheit ist gesichert, wenn wir die Umweltverschmutzung stoppen und den Frieden bewahren. Zugleich erweitert sich auch unser Bewusstsein. Unsere Kinder werden dann erleuchtet geboren. Genug damit, nächste Frage.

Sie wurden letztes Jahr in die Rock'n'Roll Hall of Fame in Cleveland aufgenommen. Ehre oder Genugtuung?

Natürlich fühle ich mich geehrt, zumal die Auszeichnung von Sängern, Songschreibern und Produzenten kommt, also Menschen aus der Musikwelt. Junge Leute, denen der Name Donovan heute nichts mehr sagt, die schauen jetzt im Internet nach, finden dort vielleicht ein Bilder von mir und fragen sich: Wer zum Teufel ist das denn? Und dann finden Sie vielleicht den einen oder anderen Song von mir. Das ist doch klasse! Schon allein deshalb ist die Aufnahme in die Rock'n'Roll Hall of Fame etwas Wichtiges.

Das Interview führte Michael Marek.