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Literatur

Tokarczuk und Handke mit Literaturnobelpreis geehrt

Nadine Wojcik
10. Oktober 2019

Die Polin erhält den renommierten Preis rückwirkend für 2018, der Österreicher für 2019. Der Literaturnobelpreis war im vergangenen Jahr aufgrund von Affären um sexuelle Übergriffe und Veruntreuung ausgesetzt worden.

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Bildkombo Schweden Stockholm Nobelpreis Literatur 2019 Autor Peter Handke / 2018 Olga Tokarczuk

Erstmals seit Jahrzehnten ehrte das Nobelpreiskomitee zwei Autoren: die Polin Olga Tokarczuk und den Österreicher Peter Handke. Mit Tokarczuk, Jahrgang 1962, entschied sich die Jury für eine der renommiertesten Autorinnen Polens. Ihre Werke, die oftmals das polnisch-deutsch-tschechische Grenzland thematisieren, wurden bereits mehrfach ausgezeichnet und in viele Sprachen übersetzt. Die Filmadaption ihres Romans "Der Gesang der Fledermäuse" durch Agnieszka Holland wurde auf der Berlinale 2017 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet.

Der österreichische Schriftsteller Handke ist der 14. deutschsprachige Autor, der mit einem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. Zuvor waren unter anderem Herta Müller und Günter Grass geehrt worden. Der 76-Jährige gilt als kontroverser Autor, bekannt wurde er 1966 mit dem furiosen Text "Publikumsbeschimpfung".

Infografik Nobelpreis Literatur 1901 bis 2019

Der Preis wurde in diesem Jahr zweifach verliehen, da die Schwedische Akademie 2018 aufgrund von Vorwürfen wegen sexueller Belästigung, Vergewaltigung, Korruption und Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht handlungsunfähig geworden war. Ausgelöst wurde die wohl schwerste Krise der Akademie durch Enthüllungen rund um Jean-Claude Arnault, Ehemann des einstigen Gremium-Mitglieds Katarina Frostenson. Er soll Akademiemitglieder, deren Frauen oder Töchter belästigt haben, in einem Fall wurde er wegen Vergewaltigung verurteilt.

In Folge des selbstzerstörerischen Umgangs mit dem Skandal folgten eine Reihe von Austritten des ursprünglich 18-köpfigen Gremiums, bis es derart unterbesetzt war, dass es nicht mehr beschlussfähig war. Die Vergabe des Literaturnobelpreises 2018 wurde schließlich ausgesetzt.

"Es gibt blaue Flecken"

Eine neue Jury sollte es in diesem Jahr richten. Sorgfältig wurde eine Vielzahl von neuen Mitgliedern - schwedische Schriftsteller, Übersetzer und Philosophen - ausgewählt, das letzte erst im Mai diesen Jahres. Eigens dafür änderte der schwedische König Carl Gustaf sogar die Statuten, da die Akademiemitglieder eigentlich auf Lebenszeit gewählt wurden. 

"Es ist schmerzhaft gewesen. Es gibt blaue Flecken", gab Mats Malm auf der Buchmesse in Göteborg zu. Der Literaturhistoriker und Übersetzer ist eines der neuen Mitglieder und nun auch Ständiger Sekretär der Akademie. Neu in diesem Jahr sind auch fünf externe Berater, Schriftsteller, Literaturkritiker und Übersetzer, die zusätzlich für neuen, unabhängigen Wind bei der Entscheidungsfindung sorgen sollten.

Geteilte Aufmerksamkeit

Nun müssen sich jedoch zwei Schriftsteller die Weltöffentlichkeit an diesem ehrwürdigen Literaturtag teilen. "Die Preise und die Preisträger von 2018 und 2019 werden gleichermaßen geschätzt, und wir glauben, dass die Aufmerksamkeit und der Ruhm reichlich sein werden für beide", sagte Malm. Schließlich gehe es ja nicht nur um Anerkennung einer einzelnen Person, sondern um die Wertschätzung der Weltliteratur. Beide Autoren erhalten zudem ein Preisgeld von rund 830.000 Euro. Verliehen wird der Literaturnobelpreis gemeinsam mit weiteren Nobelpreisen am 10. Dezember, dem Todestag von Alfred Nobel.

Wer nun genau zur Auswahl stand, das bleibt traditionell für 50 Jahre unter Verschluss. Nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA ist zumindest die Anzahl der Kandidaten bekannt: Für 2018 sollen es 194, für dieses Jahr 189 gewesen sein.