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Dringend gesucht: Fachkräfte für Down Under

Esther Blank, Sydney25. August 2005

Australien hat ein Problem: Die Wirtschaft boomt, die Arbeitslosenrate ist niedrig. Doch es fehlt an Arbeitskräften. Deshalb startet die Regierung jetzt eine Kampagne zur Anwerbung von 20.000 Fachkräften aus dem Ausland.

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Mangelware: Facharbeiter in AustralienBild: AP

Zum ersten Mal seit fast einem halben Jahrhundert will Australien Einwanderer anwerben - allerdings nur gut ausgebildete Spezialisten. Gesucht werden vor allem Ärzte, Krankenschwestern, Handwerker und Facharbeiter wie Autoelektriker, Köche und Friseure, Schreiner und Elektriker.

Die australische Regierung, Arbeitgeberverbände und interessierte Unternehmen wollen die Fachkräfte direkt in ihren Heimatländern anwerben - per groß aufgemachter Zeitungsanzeige und Messen. Die Werbeaktion soll im September in London beginnen. Im Oktober sind weitere Veranstaltungen in Berlin, Amsterdam und Chennai in Indien geplant.

Punkte für Einwanderer

Australien gleicht schon seit Jahren seine niedrige Geburtenrate mit einer gezielten Einwanderungspolitik aus. Dieses Jahr sollen über 130.000 Einwanderer nach Australien kommen. Sie werden nach einem ausgeklügelten Punktesystem ausgewählt: Die besten Chancen haben junge, gesunde Bewerber mit mehrjähriger Berufserfahrung und guten Englischkenntnissen. Der Anteil dieser Einwanderer soll dieses Jahr von mehr als 70.000 auf 97.000 erhöht werden.

Davon profitiert auch die australische Wirtschaft, die seit 14 Jahren ununterbrochen wächst. Die offizielle Arbeitslosenrate liegt bei knapp fünf Prozent, der niedrigste Stand seit 28 Jahren. "Die Australier haben vor 20 Jahren ähnliche Probleme in ihrer ganzen Struktur, Administration, Arbeitsgesetzgebung gehabt, wie wir das zur Zeit in Europa haben", sagt Klaus Volker Schuurman von der Deutsch-Australischen Handelskammer in Sydney. "Sie haben ihre Hausaufgaben gemacht. Jetzt schlägt es jetzt positiv zu Buche, dass Australien eine recht arbeitgeberfreundliche Gesetzgebung hat. Man ist viel flexibler als in Deutschland oder anderen Ländern Europas. Dazu kommt, dass die australische Wirtschaft natürlich vom Rohstoffboom profitiert, der jetzt in Südostasien zu beobachten ist, vor allem in China."

Australier im Ausland

Australien exportiert Kohle, Eisenerz und andere Mineralien. Die riesige Bergbauindustrie braucht dringend Fachkräfte, um ihre Aufträge bewältigen zu können. Doch viele australische Unternehmen haben in der Vergangenheit an der Ausbildung gespart. Die von der australischen Regierung geplanten 24 neuen Berufsschulen können den Mangel an Fachkräften erst in einigen Jahren lindern. Zudem arbeiten rund 900.000 gut ausgebildete Australier arbeiten im Ausland - in Europa, vor allem in Großbritannien, sowie den USA.

Der Grund für den Gang ins Ausland: ein höheres Einkommen und mehr Freizeit. Denn in Australien verdienen viele Fachkräfte weniger als zum Beispiel in Deutschland und müssen dafür mehr arbeiten. Viele leisten regelmäßig unbezahlte Überstunden; so sind zum Beispiel im Bergbau Zwölf-Stunden-Schichten keine Seltenheit.

Ausgehandelte Sozialleistungen

Viele in Europa selbstverständliche Sozialleistungen, wie bezahlter Urlaub, Lohnfortzahlung bei Krankheitstagen oder die Bezahlung von Überstunden, müssen in Australien von jedem einzelnen Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber ausgehandelt werden. Und in mehr als 90 Prozent der australischen Unternehmen gibt es keinen Kündigungsschutz.

Attraktiv für junge Fachkräfte

Viele der im Ausland neu angeworbenen Fachkräfte sollen in ländlichen Regionen oder im Outback arbeiten unter Bedingungen, die für viele Bewerber nicht verlockend sind. Dennoch bleibt das Land auch weiterhin für junge, abenteuerlustige Fachkräfte sehr attraktiv. Wer es mindestens zwei Jahre an seinem neuen Arbeitsplatz in Australien aushält, kann sich Hoffnungen auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung machen.