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Orange in der Krise

9. Oktober 2008

Nach monatelangem Streit mit seiner Regierungschefin Julia Timoschenko löste der im Land zunehmend unbeliebte Präsident Viktor Juschtschenko das Parlament in Kiew auf und hat Neuwahlen für den 7. Dezember angekündigt.

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Der ukrainische Präsident Victor Juschtschenko, Foto: dpa
Juschtschenko kündigt Neuwahlen anBild: picture-alliance/dpa

Wie schon 2006 und 2007 sind Rivalitäten und Grabenkämpfe der politischen Elite der Grund für diese politische Krise in der Ukraine. Der jüngste Konflikt innerhalb der prowestlichen Führung entlud sich am Umgang mit dem energiereichen Nachbarn Russland und an Moskaus Krieg gegen Georgien.

Das ukrainische Parlament, Foto: dpa
Am Mittwoch hatte Juschtschenko das Parlament aufgelöstBild: picture-alliance/dpa

Nun sollen die Wähler am 7. Dezember entscheiden, wie die zwischen Osten und Westen politisch gespaltene Ex-Sowjetrepublik zu führen ist. Den Wahltermin gab der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko am Donnerstag (09.10.2008) bekannt. Unklar war, ob das Parlament die von ihm vorgelegten Gesetze verabschiedet, die für die dritte Wahl innerhalb von drei Jahren nötig sind. Neben Timoschenkos Block kündigten auch Abgeordnete von Juschtschenkos Partei "Unsere Ukraine" an, sie würden nicht für diese Gesetze stimmen.


Eigentor für Juschtschenko?

Widersprüchliche Angaben kamen aus Timoschenkos Block bezüglich einer Anrufung des Verfassungsgerichts. Der Abgeordnete Andrij Schkil sagte, man werde beim höchsten Gericht Juschtschenkos Erlass anfechten, andere Parteimitglieder sagten, über diesen Schritt werde noch diskutiert. Ein Abgeordneter von "Unsere Ukraine", Jurij Karmasin, verurteilte Juschtschenkos Vorgehen und kündigte an, eine Vertrauensabstimmung gegen den Präsidenten einzuleiten.

Der russische Premiermister Wladimir Putin mti der ukrainischen Regierungschefin Julia Timoschenko, Foto: dpa
Zu russlandfreundlich? Julia TimoschenkoBild: picture-alliance/ dpa

Fraglich war daher am Donnerstag, ob Juschtschenkos taktischer Vorteil durch die am Mittwochabend verfügte Parlamentsauflösung für einen Sieg über Timoschenko reicht. Beide waren in der Orangen Revolution von 2004 enge Verbündete, wurden aber zu erbitterten Gegnern: 2005 entließ Juschtschenko das erste Mal die Ministerpräsidentin, die bei der 2010 fälligen Präsidentenwahl als seine gefährlichste Herausforderin gilt.

Streitpunkt Russland

Als die Ministerpräsidentin sich nach dem russischen Einmarsch in Georgien im August neutral verhielt, warf ihr die Präsidialverwaltung "Hochverrat" vor. Dabei verhandelte die Politikerin etwa mit Russland über die immer wieder strittigen Gaspreise, während Juschtschenko das Szenario eines möglichen russischen Angriffs auf die Halbinsel Krim zeichnete, eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben veranlasste und einen raschen NATO-Beitritt anmahnte.

Ukrainische Demonstranten 2005, Foto: dpa
Was ist von der orangenen Revolution übrig geblieben?Bild: AP

Ungeachtet der präsidialen Kritik an Russlands Vorgehen im Südkaukasus ist die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung weiter russlandfreundlich gestimmt. Die meisten Ukrainer lehnen wie Moskau einen NATO-Beitritt ihres Landes ab. Wohl auch deshalb hofft der vom russischsprachigen Osten der Ukraine unterstützte Ex-Regierungschef Viktor Janukowitsch darauf, dass seine Partei der Regionen wie bei der Wahl im September 2007 stärkste Kraft wird. Der Oppositionsführer sprach von einer Niederlage der "Kräfte der orangen Revolution". Sie alle hätten nur ihre eigenen Interessen im Sinn, kritisierte der Politiker.

Teure Neuwahl

Weder Janukowitsch noch Juschtschenko konnten sich mit ihrer Rivalin Timoschenko seit dem Zusammenbruch der Koalition im Spätsommer zur Bildung eines neuen regierungsfähigen Bündnisses durchringen. Dabei hätte sich die Mehrheit der Bevölkerung ein Bündnis zwischen den stärksten Kräften - Timoschenko und Janukowitsch - gewünscht, um die Spaltung des Landes zu überwinden. Auch künftig ist eine absolute Mehrheit weder für Timoschenko noch für Janukowitsch in Sicht.

Ukrainische Medien berichteten, dass für die Neuwahl umgerechnet rund 70 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt werden müssten. (ina)