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Politik

Drohen Polen harte Sanktionen der EU?

15. Dezember 2017

Im Streit um die Justizreform der Regierung in Warschau scheint Brüssel zum Handeln entschlossen. Am kommenden Mittwoch wird die EU wohl ein Rechtsstaatsverfahren einleiten. Ein bislang einzigartiger Vorgang.

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Polen Warschau Mateusz Morawiecki
Polens neuer Regierungschef Mateusz Morawiecki rechnet ebenfalls mit einem Strafverfahren der EU-Kommission Bild: picture-alliance/PAP/P. Supernak

EU-Haushaltskommissar Günter Oettinger geht davon aus, dass die EU in der kommenden Woche Fakten schaffen wird. "Es spricht viel dafür, dass Artikel 7 (des EU-Vertrages) erstmals in Sachen Polen angewandt wird", sagte Oettinger im Deutschlandfunk. Er vermute, dass "wir am Mittwoch bereit sind, diesen Schritt einzuleiten".

Artikel 7 sieht vor, dass die Europäische Union einem Land bei schweren Verstößen im äußersten Fall die Stimmrechte entziehen kann. Die Klausel wurde bislang noch gegen keinen Mitgliedstaat angewandt und gilt als extrem harte Sanktion.

Natürlich werde man ein Verfahren gegen Polen unterstützen, wenn die Kommission dieses nächsten Mittwoch auslösen sollte, sagte dazu Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem EU-Gipfel in Brüssel. "Wir hoffen aber noch auf Gespräche mit dem neuen polnischen Ministerpräsidenten; das man das noch lösen kann", so Merkel weiter.

Warschau will Justizreform nicht zurücknehmen 

Hintergrund ist der Umbau der Justiz in Polen durch die national-konservative Regierungspartei PiS. Die EU sieht dadurch die Unabhängigkeit der dortigen Justizbehörden gefährdet und die Rechtsstaatlichkeit untergraben. Polen widersetzte sich bislang der Aufforderung, das Gesetz in wesentlichen Punkten zu ändern.

Vorgesehen sind in dem EU-Verfahren mehrere Stufen. Beantragt die Kommission das Prozedere, müssten die Mitgliedsstaaten zunächst mit Vier-Fünftel-Mehrheit entscheiden, dass ein klares Risiko einer solchen schweren Verletzung besteht. Anschließend könnten sie einstimmig beschließen, dass dieser Verstoß tatsächlich vorliegt.

Auch die Regierung in Warschau stellt sich schon auf die Einleitung neuer Strafmaßnahmen ein. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte in Brüssel, er halte ein Artikel-7-Verfahren für "wahrscheinlich". Zugleich kündigte er weitere Gespräche an. Ein Verfahren gegen Polen wäre "ungerecht", meinte er weiter. 

Ungarn schießt quer

Allerdings hat Polens enger Verbündeter Ungarn bereits klar gemacht, dass er mit seinem Veto eine solche Entscheidung verhindern würde. In dem Fall könnte auch die vorgesehene Suspendierung der Stimmrechte Polens nicht beschlossen werden.

Die EU-Kommission liegt seit Anfang 2016 mit der nationalkonservativen Regierung in Warschau im Clinch. Damals leitete Brüssel erstmals in der EU-Geschichte ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit ein, als Warschau die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts beschnitt. Ende Juli folgte dann ein Vertragsverletzungsverfahren wegen eines Gesetzes, das die Befugnisse des Justizministers bei der Besetzung von Richterposten ausweitet.

se/fab (dpa, afp)