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Fußball-Zweikampf auf Augenhöhe

Andreas Sten-Ziemons25. Mai 2013

Es werden Kleinigkeiten sein, die beim Champions-League-Finale zwischen Bayern und Dortmund den Ausschlag geben werden. Ein enger Zweikampf, allerdings mit kleinem psychologischem Vorteil für den Herausforderer.

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ARCHIV - Der Münchner Thomas Müller (l) im Kampf um den Ball am 27.02.2013 mit Marcel Schmelzer aus Dortmund im DFB-Pokal Viertelfinale FC Bayern München - Borussia Dortmund. Borussia Dortmund spielt am 25.05.2013 im Champions League Finale im Londoner Wembley Stadion gegen den FC Bayern München. (Foto: Marc Müller/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es ist das Spiel der Spiele für den deutschen Fußball: Bayern München gegen Borussia Dortmund, der Erste der Bundesliga gegen den Zweiten. Der deutsche Meister 2013 gegen den deutschen Meister 2011 und 2012. Beide Mannschaften sind randvoll mit Nationalspielern, beide Teams haben auf dem Weg ins Finale von London große Brocken aus dem Weg geräumt. Es scheint, dass sich im diesjährigen Finale um den Titel in der Königsklasse des europäischen Fußballs tatsächlich auch die beiden derzeit besten Mannschaften Europas gegenüberstehen. Auch wenn die Voraussetzungen für die beiden Teams sehr unterschiedlich sind.

Verlorenes Finale als Antrieb zum Erfolg

Der FC Bayern ist die Finalluft mittlerweile gewohnt. Zum dritten Mal in den vergangenen vier Jahren stehen die Münchener im Endspiel. Bislang allerdings mit magerer Bilanz. 2010 gab es gegen Inter Mailand ein 0:2. Und noch bitterer: Im vergangenen Jahr musste die Mannschaft von Jupp Heynckes eine unnötige Niederlage vor heimischem Publikum hinnehmen. Der FC Chelsea gewann das Finale in München im Elfmeterschießen.

Bastian Schweinsteiger geht enttäuscht und versteckt sein gesicht unterm Trikot (Foto: Tobias Hase/dpa)
Im Endspiel gegen den FC Chelsea verschoss Bastian Schweinsteiger (l.) den entscheidenden ElfmeterBild: picture-alliance/dpa

"Ich persönlich habe in dieser Saison sehr viel Motivation aus der Final-Niederlage in München gezogen, wenn ich mich an die Gesichter in der Kabine erinnere", sagt Bastian Schweinsteiger vor dem Finale von Wembley. "Ich glaube, so geht es dem einen oder anderen Spieler auch." Außerdem, so der Mittelfeldstratege, hoffe er, dass man die Erfolgsgeschichte von Trainer Jupp Heynckes fortschreiben könne.

Der 68-jährige Trainer des FCB und seine bevorstehende Pensionierung nach der Saison ist ein weiterer Schlüssel. Zum Abschied will man auch für den Coach den Titel holen und ihm damit ein Denkmal setzen. In Wembley, beim vorletzten Spiel seiner langen Trainerkarriere, kann Heynckes auf seine stärkste Elf zurückgreifen – lediglich die langzeitverletzten Holger Badstuber und Toni Kroos fallen aus. Überraschungen in der Bayern-Aufstellung wird es daher eher nicht geben – Jerome Boateng steht neben Dante in der Innenverteidigung, vorne soll Mario Mandzukic die Tore schießen und gleichzeitig vorderster Verteidiger sein – eine bewährte Variante. 

"Es liegt nur an uns"

Nach einer Rekord-Saison in der Bundesliga und einer 11:0-Gesamtbilanz in den letzten vier Champions-League-Partien gegen Juventus Turin (Viertelfinale) und einen entzauberten FC Barcelona (Halbfinale) sehen sich die Münchner optimal gewappnet. Der Glaube an den Triumph im Kampf um Europas Fußball-Krone scheint durch nichts zu erschüttern. "Es liegt nur an uns, ob wir unser Potenzial auf den Platz bringen oder nicht", sagt Schweinsteiger entschlossen. "Natürlich haben wir Respekt vor Dortmund. Wir wissen, was sie können. Aber ich bin der Meinung, es liegt an Bayern München, ob man die Champions League gewinnt oder nicht."

Finalstimmung - London fest in deutscher Hand

Die Bayern sind bereit, das kommt überall durch. Das Wort "fokussiert" fällt in jedem dritten Satz, den die Spieler in die Mikrofone der Journalisten sprechen. Bayern will den lang ersehnten und – im Bayern-Selbstverständnis – lange verdienten Titel endlich nach München holen.

Keine Angst vor großen Namen

Bei Borussia Dortmund dagegen reibt sich wohl so mancher immer noch verwundert die Augen, wenn er darüber nachdenkt, dass man tatsächlich im Finale der Champions League steht. "Man muss normalerweise im Leben Zwischenschritte machen", meint BVB-Trainer Jürgen Klopp. "Wir haben einen Riesenschritt gemacht. Der war am Anfang der Saison nicht zu erwarten. Jetzt sind wir da und jetzt werden wir uns nicht kneifen, sondern jetzt werden wir Fußball spielen."

Robert Lewandowski hält jubelnd vier Finger in die Höhe (Foto: REUTERS/Kai Pfaffenbach)
Vier Finger in die Luft - der vierfache Torschütze gegen Real Robert LewandowskiBild: Reuters

Und wie die Dortmunder Fußball spielen können, das haben sie zumindest in der bisherigen Champions-League-Saison oft eindrucksvoll bewiesen. Ajax Amsterdam, Manchester City, Real Madrid in Vorrunde und Halbfinale sogar zweimal – keiner der namhaften Gegner konnte die unbekümmerten Borussen aufhalten. Der Schlüssel zum Erfolg war immer eine geschlossene Mannschaftsleistung, garniert mit der individuellen Extraklasse einzelner Spieler, beispielsweise den vier Toren von Stürmer Robert Lewandowski im Halbfinal-Hinspiel gegen Real.

Götze-Ausfall kein Alibi

Lewandowski soll auch in Wembley gegen den Club treffen, zu dem er nach der Saison oder im Sommer 2014 wechseln könnte. Ein anderer Spieler mit individueller Extraklasse kann dagegen nicht dabei sein. Ausgerechnet bei seinem letzten Spiel für Dortmund, bei dem der Gegner ausgerechnet der neue Arbeitgeber Bayern München ist, fällt BVB-Star Mario Götze verletzt aus, vermeintlich eine Schwächung. Ob sein Ausfall tatsächlich so schwer ins Gewicht fällt, sei dahingestellt – schon oft war Götze in den vergangenen zwei Jahren verletzt, der BVB konnte sein Fehlen meist auffangen. Beispielsweise war Götze im DFB-Pokalfinale 2012 gegen die Bayern auch nicht dabei und das ging mit 5:2 an Dortmund.

Als Ausrede lassen die Dortmunder den Verlust von Götze jedenfalls nicht gelten, sondern sind eher noch extra motiviert, es auch ohne ihn zu schaffen. Außer Götze sind alle Spieler einsatzbereit, auch der zuletzt angeschlagene Innenverteidiger Mats Hummels kann mitspielen. "Bevor man das Richtige tun kann, muss man das Richtige denken. Das richtige Denken kann man durchaus beeinflussen und damit werden wir uns beschäftigen", wird Klopp fast schon philosophisch. "Ich werde alles, was mir zur Verfügung steht, daran setzen, dass jeder einzelne, der mit uns da hinfährt und dann auch noch spielt oder reinkommt oder sonst etwas zu tun hat, es am Ende wirklich für absolut möglich hält, dass wir das schaffen."

Dortmund's head coach Juergen Klopp reacts at the end of the UEFA Champions League semi-final second leg football match Real Madrid CF vs Borussia Dortmund at the Santiago Bernabeu stadium in Madrid on April 30, 2013. AFP PHOTO / DANI POZO (Photo credit should read DANI POZO/AFP/Getty Images)
BVB-Trainer Jürgen Klopp: "Man muss richtig denken, um Richtiges zu tun."Bild: AFP/Getty Images

Fußballkunst gegen Psyche

Fakt ist: Gewinnt der BVB das Finale, hat er Außergewöhnliches erreicht. Gewinnt er nicht, hat er ebenfalls Außergewöhnliches erreicht. Der Druck für die Dortmunder scheint geringer – zumindest von außen betrachtet. Angst vor einer Niederlage dürfte es bei den Schwarz-Gelben nicht geben – ganz anders als bei den Bayern. "Wenn du das Finale dreimal verloren hast, hast du nicht zu Unrecht einen Loser-Stempel drauf", beschreibt Bayern-Spieler Thomas Müller die Ausgangslage mit gewohnt klaren Worten.

Mögen die Bayern fußballerisch stärker sein und nach ihrer Rekordsaison als Favorit ins Spiel gehen. Der psychologische Vorteil liegt klar beim vermeintlichen Underdog aus Dortmund. Für Bayern München steht deutlich mehr auf dem Spiel als für den BVB. Und die Angst vorm Verlieren hat schon so manche Fußballerbeine sehr schwer werden lassen…

So oder so, spannender kann ein Finale kaum sein. Wann ist endlich Anpfiff…!?