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"Dunkelste Stelle der US-Geschichte"

Carla Bleiker12. Dezember 2014

Deutschland muss deutlich Stellung gegen die Foltermethoden der CIA beziehen, sagt Wolfgang Büttner von Human Rights Watch. Die Verwendung von unter Folter gewonnenen Aussagen vor deutschen Gerichten sei illegal.

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Nachstellung einer Szene, bei der ein Häftling Waterboarding ausgesetzt ist. (Foto: Amnesty International)
Bild: Amnesty International

Deutsche Welle: Wie haben Sie auf den Bericht des US-Senats über die grausamen Foltermethoden der Central Intelligence Agency (CIA) reagiert?

Wolfgang Büttner: Wie die Sicherheitsbehörden und auch die amerikanische Regierung auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 reagiert haben, ist für uns eine der dunkelsten Stellen der amerikanischen Geschichte. Und der Bericht des US-Senats hat nochmal klar gemacht, dass der Geheimdienst, die CIA, in schwere Misshandlungen und auch Folter verwickelt war. Außerdem ist in dem Bericht deutlich geworden, dass auch Regierungsverantwortliche darüber Bescheid wussten und deshalb auch mit verantwortlich sind.

Die USA haben Menschenrechte verletzt. Wie sollten sich deutsche Politiker jetzt gegenüber dem Bündnispartner verhalten?

Unserer Meinung nach hat Deutschland jetzt die Rolle, das gegenüber dem Bündnispartner anzusprechen. Deutschland ist ein wichtiger Partner der Vereinigten Staaten in vielen Bereichen. Diese enge Zusammenarbeit sollte Deutschland nicht davon abhalten, auch solche Fragen anzusprechen und den Vereinigten Staaten deutlich zu machen, dass Folter aus deutscher Sicht nicht akzeptabel ist. Das bedeutet zunächst einmal, dass die Verantwortlichen vor allem in den Vereinigten Staaten vor Gericht gestellt werden. Das wäre der erste Schritt, weil die Vereinigten Staaten ja ein funktionierendes Gerichtssystem haben und das auf jeden Fall möglich wäre.

Wolfgang Büttner. (Foto: Büttner/ Human Rights Watch)
Wolfgang BüttnerBild: Karen Linke

Gleichzeitig gilt auch das Prinzip der universellen Gerichtsbarkeit, das besagt, dass Länder Personen, die für schwere Menschenrechtsverletzung verantwortlich sind, zur Rechenschaft ziehen müssen. Das heißt, auch in Deutschland können nicht-deutsche Staatsbürger für schwere Menschenrechtsverletzungen belangt werden. Wenn diese Personen nach Deutschland kommen, dann sollte gegen sie auch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Diese strafrechtliche Verfolgung sollte von der Bundesregierung stark gestützt werden.

Wie soll das funktionieren? Die CIA-Mitarbeiter werden ja nicht nach Deutschland kommen.

Das Münchener Gericht hat 2007 in dem Fall von Khaled al-Masri - das ist der deutsche Staatsbürger, der von CIA-Agenten auf dem Balkan verschleppt und dann nach Afghanistan gebracht worden ist - Haftbefehle gegen 13 CIA-Mitarbeiter ausgeschrieben. Und der Haftbefehl wurde dann auch an Interpol weitergegeben. Sie wurden nur eben nicht festgenommen oder verhaftet, weil die Vereinigten Staaten sich weigern, sie auszuliefern. Das ist natürlich grundsätzlich ein Problem. Wenn man sich allerdings ganz klar dazu bekennt, Personen, die für Folter verantwortlich sind, in Deutschland zu verfolgen, hat das abschreckende Wirkung und zeigt, dass in Deutschland diese Art von Folter und Misshandlung nicht akzeptiert wird.

Das Oberlandesgericht in Hamburg hat im Verfahren gegen Mounir al-Motassadeq, einen der Strippenzieher der Anschläge vom 11. September, im Jahr 2007 Aussagen von zwei Gefangenen der USA verwendet. Diese Aussagen, wie jetzt der Senatsbericht zeigt, wurden von CIA-Agenten mit Waterboarding, Schlafentzug und anderen Methoden aus den Gefangenen herausgefoltert. War die Verwertung dieser Aussagen überhaupt legal?

Es ist nicht akzeptabel, dass Informationen verwendet werden, die unter Folter gewonnen worden sind. Diese Aussagen dürfen vor Gericht nicht verwendet werden. Das unterhöhlt die internationale Ächtung der Folter und verstößt gegen den UN-Anti-Folter-Pakt. Und in den Genfer Konventionen ist ja das Folterverbot auch festgeschrieben.

Wie ist die Einschätzung von Human Rights Watch zu der Frage, ob in den USA immer noch gefoltert wird?

Wir gehen davon aus, dass diese Art von "harschen Verhörmethoden", wie das in den Vereinigten Staaten genannt wird, beendet ist. Was wir uns allerdings von Präsident Obama wünschen, ist, dass er nicht nur sagt, dass das ein schlechtes Vorgehen war, sondern dass er sich auch endlich dazu bekennt, dass die Folter illegal war. Davor schreckt er noch zurück, weil das eben auch zu einer Strafverfolgung führen würde. Da würden wir uns noch ein klares Bekenntnis von der jetzigen US-Regierung wünschen. Dafür werden wir von Human Rights Watch und auch andere Organisationen der Zivilgesellschaft sich einsetzen.

Wolfgang Büttner ist Sprecher der Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch Deutschland. Die Organisation agiert weltweit und setzt sich seit 1978 für den Schutz und die Verteidigung der Menschenrechte ein.

Das Gespräch führte Carla Bleiker.