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Letzte Rettung für Ruandas Regenwald

27. November 2011

Im südafrikanischen Durban findet der diesjährige UN-Klimagipfel statt. Länder wie Ruanda hoffen dort auf eine Erneuerung des Kyoto-Protokolls, auch als Rettung für die letzten Regenwälder des Landes.

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Holzfäller im Gishwati Forest (Foto: DW/Simone Schlindwein)
Bild: Simone Schlindwein

Der Gishwati-Wald im Westen Ruandas, nicht weit vom Kivu-See entfernt, ist einer der letzten Regenwälder Ruandas. Holzfäller wie Silvestre Bariyanga dürfen hier nur noch kontrolliert Bäume Fällen. Er benötigt eine Lizenz von der Bezirksverwaltung. Früher kostete diese Gebühr 200 Franc pro Baum. Heute sei sie kostenlos, er müsse jedoch Steuern bezahlen, wenn er das Holz verkauft, erzählt Silvestre. Tischler und Möbelmacher nehmen die Holzlatten ab. "Das ist ein guter Job. Fast alle Männer, die hier leben sind Holzfäller, es ist die einzige Einkunftsmöglichkeit, die wir haben", sagt er.

Die Holzfäller dürfen nur noch Eukalyptus-Bäume fällen, denn die wurden einst künstlich angepflanzt und stammen nicht aus dieser Region. Sie eignen sich gut für die Möbelproduktion, aber ziehen den anderen Pflanzen das Wasser ab. Deswegen sind sie freigegeben. Wenn der Eukalyptus gefällt ist, wird der Gishwati-Wald bald wieder zum Naturschutzgebiet erklärt, so der Plan.

Regenwald fast vernichtet

Holfäller mit einer Säge im Wald (Foto: DW/Simone Schlindwein)
Mit mächtigen Sägen rücken die Holzfänger an. Sie brauchen Lizenzen um Bäume fällen zu dürfenBild: DW

Faustin Gashakamba sieht in der Rettung des Regenwalds seine Mission. Bedächtig wandert er durch die letzten Hektar des jahrhundertealten Urwaldes. Er kennt jeden Baum, jedes Farn und jede Vogelart mit Namen. Der junge Umweltschützer arbeitet für die amerikanische Organisation Ape Trust, die gemeinsam mit der Regierung Ruandas versucht, den Wald zu retten. In den 1970er Jahren umfasste der Regenwald noch 28.000 Hektar. Doch dann finanzierte die Weltbank hier eine Ananas-Plantage. Nach dem Völkermord 1994 siedelten sich Hunderttausende Flüchtlinge an. Sie fällten die Bäume für Brenn- und Bauholz. Übrig blieben vom Wald nur noch 600 Hektar, nicht einmal zwei Prozent. Und selbst diesen letzten Rest zu bewahren, sei eine gewaltige Herausforderung.

Faustin Gashakamba hat ein Team von sechs sogenannten Öko-Wächtern. Sie kontrollieren alles, was hier im Wald vor sich geht, zum Beispiel ob jemand Bäume fällt, Feuer macht, Bienenstöcken den Honig entnimmt. "Wenn sie jemanden finden, dann warnen sie ihn und erklären, dass das nicht erlaubt ist, dass der Wald wichtig ist und wir ihn bewahren müssen. Wenn wir ihn dann zum zweiten Mal erwischen, bringen wir ihn zu den Behörden, wo er Strafe zahlen muss", sagt Gashakamba. Das sei zu Beginn des Schutzprojektes oft passiert, aber seitdem er den Leuten die Wichtigkeit des Waldes erkläre, nicht mehr so oft. "Was am häufigsten vorkommt, ist, dass Kühe im Wald grasen. Das ist aber auch illegal", sagt er.

Geld durch CO2-Handel

Ghiswati-Wald (Foto: DW/Simone Schlindwein)
Einst war der Ghiswati-Wald 28.000 Hektar groß - nicht einmal 2 Prozent sind übrig gebliebenBild: Simone Schlindwein

Gashakamas Organisation hat begonnen, den Wald wieder aufzuforsten. Über 800 Hektar Bäume wurden angepflanzt. Das ist wichtig für die Zukunft des Waldes und der Umwelt, aber auch für Ruandas Möglichkeiten, am sogenannten CO2-Handel teilzunehmen. 200.000 Tonnen Kohlendioxid kann der Wald aufnehmen, einen Wert von fünf Dollar pro Tonne laut UN-Richtlinien. Das macht eine Million Dollar pro Jahr. Damit könnte der Regenwald gerettet werden, so die Direktorin der Umweltbehörde Rose Mukankomeje. Doch sie zweifelt an dem Fortbestand vom Kyoto-Protokoll.

Hölzfäller mit großer Säge (Foto: DW/Simone Schlindwein)
Holzfällen ist die einzige Verdienstmöglichkeit im Ghiswati-WaldBild: Simone Schlindwein

"Wenn wir hier in Afrika über den Klimawandel sprechen, geht es um Menschenleben, um Fluten und Dürren. Aber ich fürchte, man wird das Kyoto-Protokoll in Durban begraben", sagt sie. Sie habe auf Konferenzen immer wieder erzählt, dass Ruanda vom Klimawandel betroffen sei. Doch ohne konkrete Zahlen wurde sie kaum ernst genommen. "Jetzt haben wir das in Ruanda mal ausgerechnet. Alle Bereiche - Wasser, Gesundheit, Infrastruktur und Landwirtschaft - sind betroffen. Wir können nicht mehr darauf warten, dass uns die Industriestaaten helfen, das dauert zu lange. Wir haben nun einen eigenen Plan aufgestellt. Wir machen jetzt unser eigenes Fundraising. Wir pflanzen jetzt neue Bäume", erklärt sie.

Fünf CO2-Projekte hat Ruanda bereits in New York registriert. Der Gishwati-Wald ist eines davon. Rose Mukankomeje wird am UN-Klimagipfel vom 28. November bis 9. Dezember im südafrikanischen Durban teilnehmen und auch das Projekt vorstellen. Sie macht sich keine großen Hoffnungen, dass die Industriestaaten Ruanda helfen werden, mit dem Klimawandel klarzukommen. Sie hofft nur, dass das Kyoto-Protokoll, das nächstes Jahr ausläuft, erneuert wird, damit der Emissionshandel auch wirklich funktioniert.

Autorin: Simone Schlindwein
Redaktion: Helle Jeppesen