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Easyjet jetzt auch in Tegel am Start

Andreas Spaeth
4. Januar 2018

Seit Freitag fliegt Europas zweitgrößter Billigflieger auch ab Berlin-Tegel, obwohl die Übernahmen von Flugzeugen und Crews der Air Berlin noch laufen. Das Projekt könnte holprig verlaufen.

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Airbus A319-111 von easyJet
Bild: Imago/Lutz Winkler

"Hallo Tegel" verkündet die deutsche Website von Easyjet, Europas zweitgrößtem Billigflieger. "Es war immer unser Ziel, von jedem Flughafen in Berlin aus zu fliegen und wir freuen uns, dass wir in Kürze Flüge von Berlin-Tegel starten werden", heißt es da. An diesem Freitag (05.01.2018) war es soweit - und es war eine Zäsur für die Fluggesellschaft, den Flughafen in Tegel und die Berliner. Ganz und gar nicht nämlich war es das Ziel von Easyjet gewesen, irgendeine andere Airline zu übernehmen. Noch im Mai 2016 hatte die damalige Vorstandschefin Carolyn McCall auf die Frage nach einer möglichen Air Berlin-Übernahme gesagt: "Wir sind keine Airline, die andere übernimmt. Dann müssten wir schneller wachsen als geplant. Und dafür sehe ich derzeit keinen Grund."
Mit dem Rücken zur Wand

EasyJet CEO Carolyn McCall
Carolyn McCall, bis Herbst 2017 Easyjet-ChefinBild: Getty Images/AFP/F. Guillot

Doch es kam alles anders, und kurz vor Ende ihrer Zeit als Easyjet-Chefin Ende November kaufte McCall doch für 40 Millionen Euro alle Aktiva aus dem Air Berlin-Nachlass in Berlin-Tegel. Die Aufgabe, daraus ein florierendes Geschäft zu machen hinterließ sie ihrem seit 1. Dezember amtierenden Nachfolger, dem bisherigen TUI-Manager Johan Lundgren. McCall war es zuvor in sieben Jahren gelungen, die vorher orientierungslose Airline zu stabilisieren, zu fokussieren und zu einer von Europas stärksten Anbietern zu machen.

Easyjet steht trotzdem derzeit mit dem Rücken zur Wand, weil der Brexit die Airline am meisten trifft: Keine andere britische Gesellschaft bietet so viele Flüge in die EU an. Ein Drittel ihres Umsatzes erwirtschaftet der Billigflieger auf diesen Routen, was nun zur Disposition steht. Die bis heute unklaren Umstände des Brexit für die Luftfahrt schaffen große Unsicherheiten. Daran ändert auch die Gründung eines EU-Ablegers von Easyjet mit Sitz in Wien allein noch nichts. Der soll die Flüge innerhalb der EU künftig betreiben, aber ob und wie das wirklich funktionieren kann, weiß derzeit noch niemand. Tatsache ist, dass das Neu-Engagement in Tegel für die Gesellschaft eine große Herausforderung ist. Allein rund 1000 ehemalige Air Berlin-Beschäftigte zu schulen und die 25 von Air Berlin zu übernehmenden Flugzeuge umzulackieren und nach und nach in Dienst zu stellen, ist eine große und ungewohnte logistische Herausforderung.

Erstmal Kosten, später Gewinn

Die zusätzlichen 25 Airbus-Maschinen bedeuten in Berlin, wo Easyjet bisher in Schönefeld zwölf Maschinen stationiert hatte, fast eine Verdreifachung des Angebots. Die Zahl der jährlich angebotenen Sitzplätze ab Berlin steigt von bisher 5,8 Millionen allein in Schönefeld auf jetzt rund 16 Millionen im Jahr von beiden Hauptstadtflughäfen. Während des im September abgelaufenen Geschäftsjahrs 2017 war die Passagierzahl auf den gut 50 ab Schönefeld bedienten Strecken bereits um elf Prozent auf insgesamt 5,3 Millionen Kunden gestiegen. Im laufenden Geschäftsjahr 2018 erwartet Easyjet wegen der Kosten der Air Berlin-Teilübernahme einen Verlust von rund 60 Millionen britischen Pfund (etwa 68 Millionen Euro), noch ohne etwa 100 Millionen Pfund (113 Millionen Euro) an erwarteten Sonderkosten für die Integration der Air Berlin-Teile. Erst 2019 soll dann das neue deutsche Standbein für Profite sorgen.

Die unterschiedliche Unternehmenskultur beider Firmen macht die Sache nicht einfacher, plus der vermutlich beinharte Wettbewerb mit einer Lufthansa, die stark ist wie nie. Kranich-Chef Carsten Spohr soll Carolyn McCall aktiv aufgefordert haben, die Air Berlin-Reste zu übernehmen, um so den Kartellwächtern die Genehmigung der viel größeren Einverleibung von Teilen der insolventen Air Berlin in die Lufthansa leichter zu machen.

Air Berlin Boeing und Easyjet Airbus A319 auf dem Vorfeld des Flughafen Düsseldorf International
Müssen umlackiert werden: Die Flugzeuge von Air BerlinBild: Imago/Jochen Tack

Holpriger Start

Ab dem 5. Januar bis Ende März wird Easyjet etwa eine Million Sitzplätze ab Tegel anbieten auf zunächst 19 Routen. Dazu gehören erstmals auch vier innerdeutsche Strecken - nach München (51 Hin- und Rückflüge pro Woche), Frankfurt (34), Stuttgart (27) und Düsseldorf (13). Was weiterhin fehlt in Deutschland ist sehnsüchtig erwarteter Wettbewerb auf Inlandsrouten im Dreieck Rheinland-Hamburg-München. Aus Hamburg zieht sich Easyjet im Sommer weitgehend zurück und gibt ihre Basis dort auf. Die 15 innereuropäischen Verbindungen ab Tegel teilen sich auf City-Strecken mit größerem Geschäftsreisepotenzial wie Budapest, Helsinki, Kopenhagen, Mailand, Madrid, Paris, Rom, Stockholm, Wien und Zürich und reine Urlaubsziele wie Balearen und Kanaren sowie Zypern und Sizilien auf.

Die Federführung beim Aufbau der Basis Tegel soll der österreichische Ableger Easyjet Europe übernehmen. Dabei werden anfangs nur zwei eigene Flugzeuge zum Einsatz kommen, erst bis Ende Oktober werden es dann 25 Airbus-Jets von Easyjet selbst sein. Bis dahin muss der Billigflieger sich anderswo Flugzeuge samt Besatzungen mieten, so von Condor, der lettischen Chartergesellschaft SmartLynx sowie der deutschen WDL Aviation, die allerdings nur über ältere BAe146-Regionaljets verfügt.  Die angemieteten Flugzeuge, darauf weist Easyjet bereits auf ihrer Website hin, können vom gewohnten Standard abweichen. Bei Buchung eines Fluges mit einer Partnerairline "werden wir Dich vor Reiseantritt kontaktieren, um Dir die Unterschiede zu erklären", heißt es immerhin im Stile der Ikea-Kundenansprache bei Easyjet.