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Korruption bei Siemens

14. März 2007

Zwei ehemalige Mitarbeiter der Siemens-Kraftwerkssparte haben zugegeben, Ende der 90er-Jahre Entscheidungsträger des italienischen Energiekonzerns Enel bestochen zu haben. Bis 1998 waren solche Zahlungen noch legal.

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Ein Passant vor einem glänzenden Siemens-Schriftzug in München(Quelle: AP)
Siemens ist unfreiwillig in den SchlagzeilenBild: AP

Eigentlich sei das Geld doch gut angelegt gewesen, meinte der ehemalige Bereichsvorstand am Dienstag (13.3.2007) vor dem Darmstädter Landgericht: Etwa sechs Millionen Euro flossen zwei Entscheidungsträgern des italienischen Enel-Konzerns zu, dafür erhielt Siemens einen Auftrag über zwölf Gasturbinen und Wartungsverträge im Wert von 450 Millionen Euro. Der Vertrag habe dem Unternehmen darüber hinaus den Markteinstieg in Italien gesichert, das damals seine Energieversorgung umstrukturierte. Weder Siemens noch Enel sei ein Schaden entstanden, selbst wenn man später verhängte Strafen einbezieht.

Ein 500-Euro-Schein wird von einer Hand an eine andere übergeben (Quelle: dpa)
Im verhandelten Fall wechselten sechs Millionen Euro den BesitzerBild: picture-alliance/dpa

Das Problem der beiden Siemens-Verantwortlichen ist eigentlich nur, dass das Geschäft erst zwischen 1999 und 2001 abgewickelt wurde – also nachdem die Bundesregierung 1998 eine OECD-Konvention umgesetzt und die Bestechung ausländischer Amtsträger unter Strafe gestellt hatte. Davor waren Geschäfte dieser Art zumindest für die deutsche Seite legal, die Bestechungsgelder konnten sogar von der Steuer abgesetzt werden. Mit dieser Regelung waren die heute 63- und 73-Jährigen groß geworden.

Keine "zwinkernden Augen"

Und sie hielten auch nach 1998 daran fest, obwohl die internen Verhaltensregeln des Siemens-Konzern längst angepasst worden waren. "Zwinkernde Augen" habe es nicht mehr gegeben, so der Bereichsvorstand. Auch den beteiligten Mitarbeitern habe er gesagt, dass sie auf eigene Gefahr handelten.

Der Mitangeklagte, ein 1993 bereits pensionierter und dann wegen seiner Kontakte wieder reaktivierter Ingenieur, gab Einblick in die zumindest vor 1998 herrschende Geschäftspraxis. Insbesondere in Südostasien und dem Orient sei es praktisch unmöglich gewesen, ohne Zahlungen an die richtigen Leute an Aufträge zu kommen – zumal die Mitbewerber sich nicht zurückgehalten hätten. An zehn bis 14 nach deutschem Strafrecht noch legale Geschäfte mit Schmiergeldzahlungen könne er sich erinnern.

System von Scheinfirmen in Liechtenstein

Heinrich von Pierer auf einer Pressekonferenz (Quelle: dpa)
Ex-Chef Heinrich von Pierer soll nichts von den Zahlungen gewusst habenBild: dpa

Beide Mitarbeiter wiesen den ebenfalls erhobenen Bereicherungsvorwurf von sich und stritten eine Mitwisserschaft der Unternehmensspitze ab. Problematisch für den Konzern könnte allerdings der Weg sein, auf dem das Bestechungsgeld den Weg nach Italien fand. Denn die erste von zwei Zahlungen wurde über ein System von Scheinfirmen und Konten in Liechtenstein überwiesen, dessen Existenz im Hause bekannt gewesen sein muss. Weitere Ermittlungen scheiterten bisher daran, dass Liechtenstein die benötigten Informationen nicht übermittelt hat.

Unklar ist, wo das Geld für die zweite Zahlung an die Italiener herkam: Bei der Pensionierung seines Chefbuchhalters habe ihm dieser von einer schwarzen Kasse in der Schweiz berichtet, sagte der Bereichsvorstand. Das Guthaben des Nummernkontos: 12 Millionen Franken. Woher das Geld kam, sei ihm nicht bekannt. (kre)