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Ehud Barak sagt "Auf Wiedersehen"

Ulrike Schleicher27. November 2012

Israels Verteidigungsminister Ehud Barak will sich aus der Politik zurückziehen. Sie sei nie sein Traumjob gewesen, sagt er. An einen endgültigen Abschied glaubt aber kaum jemand.

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Israel Verteidigungsminister Ehud Barak winkt auf der Pressekonferenz, auf der er seinen Rücktritt erklärt hat (Foto: REUTERS/Nir Elias)
Israel Verteidigungsminister Ehud Barak tritt zurück Pressekonferenz in Tel AvivBild: Reuters

"Ehud Barach" - aus dem Hebräischen wörtlich übersetzt heißt das "Ehud rennt weg". Diesen Spitznamen haben die Israelis ihrem noch amtierenden Verteidigungsminister Ehud Barak schon vor rund zwei Jahren gegeben. Anlass war damals eine Grundsatzdebatte in der sozialdemokratischen Arbeitspartei, der Barak angehörte, und die sich für ein Ausscheiden aus der rechtsorientierten Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eingesetzt hatte. Unter anderem weil die Friedensverhandlungen mit den Palästinensern auf Eis lagen. Man stellte Barak ein Ultimatum: Entweder er dränge auf Verhandlungen oder die Arbeiterpartei scheide aus der Regierung aus. Barak entschied sich für sich selbst: Er trat aus der Partei aus, gründete eine eigene mit dem Namen Azmaut (Unabhängigkeit) und behielt sein Amt als Verteidigungsminister.

Eine Wendehalstaktik, die bezeichnend ist für den ehemaligen Elitesoldaten und höchst-dekorierten Militär des Landes: Sie hat ihn zum unbeliebtesten Politiker werden lassen. Denn der studierte Naturwissenschaftler ist im Laufe seiner politischen Karriere unzählige Male Allianzen eingegangen - um sich eine Position zu sichern oder in einer zu halten. So etwa 1999, als er bei den Wahlen gegen Benjamin Netanjahu antrat und ein Bündnis schmiedete, das von der links-säkularen Meretz-Partei bis hin zu den Nationalreligiösen reichte. Er gewann. Pragmatismus nennen es die einen, Opportunismus die anderen.

Porträt Israels Premier Benjamin Netanjahu (Foto:Sebastian Scheiner, Pool/AP/dapd)
Gegner und Weggefährte Baraks: Israels Premier Benjamin NetanjahuBild: dapd

Rücktritt aus Kalkül?

Am Montagmorgen gab Barak überraschend bekannt, er wolle sich aus der Politik zurückziehen, für die Wahlen im Januar 2013 nicht mehr kandidieren: "Ich möchte mehr Zeit für meine Familie haben". Politiker sei nicht sein Traumjob.

Ein menschlich nachvollziehbarer Schritt oder wieder reines Kalkül? Da sind zum einen die schlechten Chancen seiner Partei bei den Wahlen. Obwohl letzten Umfragen zufolge Barak selbst nach dem jüngsten Gazakonflikt im öffentlichen Ansehen gestiegen ist, ist fraglich, ob Azmaut Sitze in der Knesset erringt. Netanjahu ist auf die Partei als Koalitionspartner ohnehin nicht angewiesen und marschiert weiter Richtung Rechts. Er tritt mit seiner Likud bei den Wahlen gemeinsam mit der religiös-nationalen Partei "Unser Haus Israel" unter Außenminister Avigdor Liebermann an.

Zum anderen ist Baraks Zukunft als Verteidigungsminister in den vergangenen Wochen auch aus anderen Gründen immer fraglicher geworden. So soll das Verhältnis zwischen Netanjahu und ihm immer schlechter geworden sein. Die israelische Zeitung "Haaretz" berichtete Anfang Oktober, Netanjahu habe Barak beschuldigt, ihm beim Thema Iran in den Rücken gefallen zu sein: Barak hatte Netanjahu öffentlich für seinen Umgang mit US-Präsident Barack Obama zurecht gewiesen.

Drei Kinder schauen auf ein israelisches Raketenabwehrsystem "Iron Dome" (Foto: RONI SCHUTZER/AFP/Getty Images)
Ehud Barak leitete den jüngsten Gaza-Krieg: Das Raketenabwehrsystem "Iron Dome"Bild: Getty Images/AFP

Anderen in der Regierungskoalition ist der 70-Jährige schon lange ein Dorn im Auge. Denn er gilt als Verfechter für die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas und hatte die Regierung jüngst in einem Interview kritisiert, viel zu wenig dafür getan zu haben. Kritisch sieht Barak auch die Siedlungspolitik.

Rücktritt vom Rückzug

Das Bedauern der Knesset-Abgeordneten über seinen angekündigten Rückzug hält sich in Grenzen. Zahava Gal-On, Vorsitzende der links-gerichteten Partei Meretz, sagte: "Er hat stets eine Doppelrolle gespielt." Einerseits habe er extreme, politische Ansichten abgelehnt, "andererseits bildete er oft die Speerspitze beim Umsetzen derselben." Und Danny Danon (Likud) jubelte: "Endlich sind wir dieses Ärgernis los."

Doch eben das scheint gar nicht so sicher. So wird bereits spekuliert, ob Ehud Barak nach den Wahlen einen Rücktritt vom Rücktritt bekannt gibt. Das könnte der Fall sein, wenn der derzeitige Anwärter auf den Sessel des Verteidigungsministers, Avigdor Liebermann, unter anderem wegen Geldwäsche vor Gericht muss. Barak könnte seine Dienste anbieten - eine Partei braucht er dazu nicht.