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Beethovenfest Bonn 2012

14. März 2012

Vom 7. September an lädt das Beethovenfest die unterschiedlichsten Künstler nach Bonn. Etablierte Stars und talentierter Nachwuchs zeigen eine Gemeinsamkeit: Eigensinn statt Routine.

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Freyer Ensemble auf der Bühne (Foto: Klaus Rudolph)
Bild: Klaus Rudolph

Das Motto des Beethovenfestes 2012 geht zurück auf ein Zitat des Namensgebers: "Wahre Kunst ist eigensinnig, lässt sich nicht in schmeichelnde Formen zwängen." Das schrieb Beethoven im Jahr 1820 in ein Konversationsheft. Ilona Schmiel, die Intendantin des Festivals, sagt dazu, sie und ihr Team hätten bewusst Künstler und Ensembles ausgewählt, die sich nicht nur dem Mainstream verpflichtet fühlen, sondern ihre eigene Kunst machen und vor allem auch komponieren. Deswegen stehen Neue Musik, neue Herangehensweisen und neue Formate wie ein choreographisches Konzert im Fokus.

Verwegene Volksmusik

Der Klarinettist David Orlowsky hat beispielsweise mit seinem Trio eine "Kammer-Weltmusik" entwickelt. Ursprung war seine Liebe zum Klezmer. Unter dem Titel "Chronos" tritt das Trio mit Bearbeitungen und eigenen Kompositionen an einem ungewöhnlichen Veranstaltungsort auf: einer Straßenbahnhalle.

Die Formation Spark präsentiert "Folk Tunes" mit Blockflötisten, die über 24 Instrumente spielen, einer Geigerin, einem Cellisten und einem Pianisten. Das Ergebnis ist eine Verschmelzung von deutschen Balladen und britischen Evergreens, von russischer Seele und mediterraner Lebensfreude, gepaart mit einer Prise bayerischer Blasmusik.

David Orlowsky Trio (Foto: Felix Broede)
David Orlowsky TrioBild: Felix Broede

Es werden auch weniger bekannte Künstler dabei sein, wie der Gitarrist Aniello Desiderio aus Neapel, der mit seinen Brüdern eine eigene Fassung von Vivaldis "Vier Jahreszeiten" in der Bearbeitung von Astor Piazzolla aufführen wird. Für Ilona Schmiel sind es diese kleinen Formationen, die den Konzertbetrieb revolutionieren können und wiederum Appetit auf die großen Werke und Orchester machen: "Sie sind es, die es dann unglaublich spannend machen, sich wieder Arnold Schönbergs 'Gurre-Liedern' von 1913 zu widmen und sich vorzustellen wie dieses opulente Werk das erfolgreichste von Schönberg werden konnte. Es sind genau diese Spannungsfelder: Wie verhalten sich etablierte Stars, wie gehen junge mit diesen Wurzeln um", so die Intendantin.

Aniello Desiderio mit seinen Brüdern (Foto: CC)
Aniello Desiderio mit seinen BrüdernBild: Aniello Desiderio Quartett

Über sich selbst lachen

Das Beethovenfest widmet sich 2012 wieder dem Thema Comedy und fragt: Wie wird klassische Musik und der ganze Betrieb in Frage gestellt? Das Trio Igudesmann & Joo plus Manny Ax hat ungewöhnlicher Weise einen Geiger und zwei Pianisten, die sich auf der Bühne Konkurrenz machen. Wie sich das auf Beethovens Sonate für Violine und Klavier Nr. 5 auswirkt, wird sich Anfang September zeigen.

Beethovens Klassiker

Natürlich finden sich auf dem Programm auch Werke, die man bei einem Beethovenfest erwarten darf. András Schiff startet in Bonn einen zweijährigen Beethoven-Klaviersonaten-Zyklus, das Borodin Quartet beginnt einen Beethoven-Streichquartett-Zyklus, der beim Festival 2014 beendet sein wird. Einen weiteren Zyklus spielt das Philharmonia Orchestra unter Esa-Pekka Salonen: alle Symphonien Beethovens. Der finnische Dirigent und Komponist paart bei seinem Bonner Debüt jeweils zwei Symphonien mit einer Komposition aus einem der fünf Kontinente. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen gibt zwei Konzerte, zum einen unter der Leitung von Paavo Järvi, zum andern mit Herbert Blomstedt. Einige Orchester zieht es wiederholt an den Rhein wie zum Beispiel das Bayerische Staatsorchester mit Kent Nagano.

Kent Nagano und das Bayerische Staatsorchester (Foto: CC)
Kent Nagano und das Bayerische StaatsorchesterBild: BayerischesStaatsorchester

Festival im Festival

Das Beethovenfest feiert den 100. Geburtstag von John Cage, der im Zusammenhang mit dem Motto "Eigensinn" nicht fehlen dürfe, so Ilona Schmiel, "Cage hat im 20. Jahrhundert alles musikalisch davor Gewesene in Frage gestellt. Er hat Fragen gestellt, die bis heute sicher nicht beantwortet sind. Er hat das Musikleben, den Betrieb und auch die Aufführungspraxis revolutioniert und ist ein Vorreiter für viele Dinge, die jetzt erst im 21. Jahrhundert Realität werden können."

In einer Cage-Nacht gibt es sehr viele Werke zu hören: unter anderem seine "Sonatas and Interludes", den "Music Walk", "4'33'' - das Werk, das sich ausschließlich mit der Stille beschäftigt - oder den "Music Circus", wo ausschließlich ein Anfangs- und ein Endpunkt bestimmt sind. Es wird auch Inszenierungen geben von Cages "Song Book" I & II, in der Bundeskunst- und Ausstellungshalle mit dem Freyer Ensemble mit vier Darstellern und dem Ensemble Spinario mit vier Sängern. Das sind Formate, die bei Cage immer eine große Rolle gespielt haben - Grenzbereiche zur Musik und zur bildenden Kunst.

John Cage. (AP Photo/Julia Malakie)
John CageBild: AP

Chancen für junge Talente

Jugend sei nicht nur wichtig, sondern die schönste Verpflichtung und Herausforderung, die man hat, betont Ilona Schmiel. Sie reizt es, junge Talente zu finden und sie über Jahre an ein Festival zu binden und zu fördern. Und das ist in den vergangenen Jahren durchaus eine Stärke des Beethovenfestes geworden. Mit dazu beigetragen hat sicherlich auch der von der DW als Projektpartner bereits zum 12. Mal organisierte Orchestercampus. Dazu reisen Jugendorchester aus Partnerländern in die Bundesstadt, proben und führen das Ergebnis ihrer Arbeit an Beethovenwerken auf. 2012 ist die Nationale Jugendphilharmonie der Türkei in Bonn zu Gast. Damit kommt bereits das zweite Jugendorchester aus der Türkei zum Beethovenfest. Man darf auch gespannt sein auf die Uraufführung des Auftragswerkes der DW: "The Traffic" von Mehmet Erhan Tanmans.

Ilona Schmiel im Portrait (Foto: Barara Frommann)
Ilona SchmielBild: Barbara Frommann

Insgesamt 66 Konzerte an 27 Spielstätten stehen in diesem Jahr auf dem Programm des Beethovenfestes Bonn. Über 2000 Künstlerinnen und Künstler werden das Festival mit gestalten. Ein Besuch lohnt sich für alle, die sich auf eine musikalische Reise von der Zeit Beethovens bis in die Gegenwart einlassen möchten unter dem Motto "Eigensinn".

Autor: Conny Paul
Redaktion: Matthias Klaus