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Wilhelm Eildermann

Tillmann Bendikowski16. Mai 2014

Zwischen Kriegsbegeisterung und Skepsis: Wie haben die Deutschen den Ersten Weltkrieg erlebt? Wir zeigen deutsche Schicksale - wie das von Wilhelm Eildermann

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Wilhelm Eildermann
Bild: Karl Dietz Verlag Berlin

Der Weltkrieg ist gerade einmal drei Monate alt, da sehnt sich ein 17-jähriger aus Bremen danach, das Deutschland ihn verliert: "Die preußische Militärmacht ist der größte Feind der Arbeiterklasse", so notiert Wilhelm Eildermann am 29. Oktober 1914 in seinem Tagebuch, "ihre Niederlage kann ich nur begrüßen." Mit dieser Hoffnung steht dieser junge Mann indes ziemlich allein da im Deutschen Reich. Doch Eildermann ist ein überzeugter Sozialist, und für ihn ist klar: Der Kapitalismus hat notwendigerweise in den Krieg geführt, und nur mit einer Niederlage im Krieg kann der Kapitalismus überwunden werden. Dann werde fraglos die lang ersehnte Revolution kommen und ein besseres, ein sozialistisches Deutschland entstehen.

Wilhelm Eildermann ist trotz seiner jungen Jahre politisch bereits ausgiebig geschult. Er ist in Bremen Mitglied der sozialistischen "Jungen Garde" und arbeitet als Volontär beim SPD-Blatt "Bremer Bürger-Zeitung". Diese steht für den linken Flügel der der deutschen Sozialdemokratie, schon seit Jahren liefern sich die Bremer mit den übrigen Genossen im Reich heftige Auseinandersetzungen. Und entsprechend groß ist der Aufschrei in der kleinen Hansestadt, als die SPD-Reichstagsfraktion am 4. August 1914 den Kriegskrediten zustimmt. Für die "Bremer Bürger-Zeitung" und eben auch für Wilhelm Eildermann ist das schlicht Verrat an den Ideen der sozialistischen Bewegung.

Wilhelm Eildermann
Bild: Karl Dietz Verlag Berlin

Kein noch so patriotisch klingender Aufruf seiner Partei kann den jungen Mann umstimmen, und auch als der so bekannte SPD-Reichstagsabgeordnete Ludwig Frank schon im September nur wenige Wochen nach seiner freiwilligen Meldung zum Kriegsdienst fällt, bleibt Eildermann kompromisslos bei seiner Linie: Auch nach Franks traurigem Ende müsse er doch feststellen, dass dieser "kaum noch zur Sozialdemokratie zu rechnen" ist. Wilhelm Eildermann bleibt bei seiner Kriegsablehnung – und wird doch selbst im Sommer 1916 zum Kriegsdienst eingezogen. Bis Mitte 1918 muss er an der Westfront kämpfen, das Ende des Kriegs erlebt er während eines Erholungsaufenthalts in Deutschland.

Jetzt ist endlich eingetreten, was Eildermann als 17-Jähriger schon vor vier Jahren erhofft hat: die deutsche Niederlage. Aber das war es auch schon mit den erfüllten Wünschen, denn der Revolution von 1918 folgte bekanntlich kein Sozialismus auf deutschen Boden. Eildermann wird einflussreiches KPD-Mitglied, nach 1933 von den Nazis eingesperrt und schafft noch 1937 die Emigration in die Sowjetunion. Von dort kehrt er nach dem Krieg nach Ostdeutschland zurück, baut die SED und die DDR mit auf und fungiert unter anderem als Journalistik-Professor an der Universität Leipzig. Wilhelm Eildermann stirbt am 16. Oktober 1988 im Alter von 91 Jahren.