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Zwischen Anspruch und Realität

4. Mai 2017

Auf dem Afrika-Weltwirtschaftsforum in Südafrika sprechen Politiker und Unternehmer über inklusives Wachstum. Währenddessen kämpfen viele Menschen im Land ums Überleben. Aus Durban Manuela Kasper-Claridge.

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Südafrika Slum in Soweto
Noch immer leben viele Menschen in Südafrika in bitterer ArmutBild: picture-alliance/dpa/U. Baumgarten

Es ist noch nicht einmal richtig hell an diesem Morgen in einem Gewerbegebiet von Durban. Dennoch sind schon viele Frauen da. Alle sind einfach gekleidet und schwarzer Hautfarbe. Sie wollen zur "Clothing Bank."

Tracey Gilmore hat das Unternehmen mitgegründet. Sie will Frauen und besonders Mütter aus der Arbeitslosigkeit bringen. "Wir konzentrieren uns auf Mütter. Dadurch haben wir eine doppelte Wirkung. Denn indem wir eine Mutter stärken, stärken wir auch ein Kind. Das erste was Mütter tun, ist Geld in die Bildung ihrer Kinder zu investieren, dann verbessern sie ihr Heim und ihre Lebensbedingungen", so Gilmore.

Raus aus der Armut

Die Frauen können bei der "Clothing Bank" günstige Kleidung kaufen, die Unternehmen als Ausschussware aussortiert haben. In den Räumen hängen Hosen, T-Shirts und Kleider. Es gibt Unterwäsche, Schuhe und vieles mehr. Die Ware wird von den Frauen auf den Straßen und Märkten Durbans weiterverkauft. Die Einnahmen sichern ihnen und ihren Kindern den Lebensunterhalt. Viele kommen aus sehr ärmlichen Verhältnissen.

Thabisa Mathandabyzo arbeitete als Dienstmädchen. Ihr Kind konnte die alleinerziehende Mutter kaum ernähren. "Mein Leben war nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich habe als Dienstmädchen gearbeitet und war arm. Dann habe ich von der 'Clothing Bank' gehört und dass sie Leuten beibringen, wie man eine Firma führt. Sie habe schon immer eine Firma gründen wollen, "aber ich wusste nie wie. Jetzt hat sich mein Leben dramatisch verändert."

"Inklusives Wachstum"

Dass sich nur wenige Kilometer von der "Clothing Bank" entfernt Politiker und Wirtschaftsführer Gedanken über die große Kluft zwischen Arm und Reich in ihrem Land machen, weiß Mathandabyzo nicht. "Inklusives Wachstum" ist eines der Hauptthemen auf dem Weltwirtschaftsforum in Durban. Ein Wachstum also, das bei allen ankommt.

Südafrika Präsident Jacob Zuma Weltwirtschaftsforum in Durban
Jacob Zuma beim Afrika-Weltwirtschaftsforum in Durban Bild: Reuters/R. Ward

Selbst der südafrikanische Präsident Jacob Zuma spricht darüber in seiner Eröffnungsrede: "Wir dürfen nicht vergessen, dass die Chancen aus diesem Wachstum nicht nur einigen Wenigen vorenthalten sind", sagt er. Allerdings ohne jede Selbstkritik - denn unter seiner politischen Führung hat sich die Situation der Armen nicht wesentlich verbessert.

Ein dringendes Problem ist die hohe Arbeitslosigkeit auch unter jungen Menschen. Sie liegt bei weit über 25 Prozent und ebenso wie in den meisten afrikanischen Ländern wächst die Bevölkerung Südafrikas schnell. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds müssen in Subsahara-Afrika jedes Jahr 18 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen, um einen Anstieg der Armut zu verhindern.

Kaum Lösungen

In den Diskussionen auf dem Weltwirtschaftsforum wird immer wieder auf diese schwierige Ausgangslage hingewiesen. Praktikable Lösungsvorschläge hat aber kaum jemand. Stattdessen ist viel von "man müsste" und "man sollte" zu hören. Die Wirtschaftsvertreter loben die Chancen, die der afrikanische Kontinent biete. Und die afrikanischen Politiker reden gerne sehr grundsätzlich und abstrakt über Probleme in ihren Ländern.

In der "Clothing Bank" sitzen die Frauen derweil in ihrem Wirtschaftskurs. Wenn Sie nicht auf den Märkten oder in den Straßen die Sachen verkaufen, drücken sie die Schulbank. Das ist das Konzept von Tracey Gilmore. Bildung ist der Weg aus der Armut, davon ist sie überzeugt. Sie bietet Kurse über Finanzierungsmöglichkeiten und Marketing für kleine Unternehmen an und die Frauen lernen, wie man sich selbstbewusst präsentiert.

Afrika im Fokus des WEF

Umgerechnet knapp 300 Euro verdienen sie im Monat mit dem Verkauf der Kleidung. Nicht übermäßig viel, aber mehr als manche Staatsangestellte. "Jetzt kann ich meine Kinder und meine Familie versorgen", erzählt die 33-jährige Zinni Mazondo stolz. Drei Kinder habe sie und ihr Traum sei es, eine erfolgreiche Geschäftsfrau zu werden.

Afrikas Bestimmung?

Vielleicht hätten die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums vor ihren Debatten mal eine Exkursion machen sollen. Dahin, wo die Menschen leben, die von ihren Entscheidungen betroffen sind. Jacob Zuma hat es auf dem Weltwirtschaftsforum bei einer Floskel belassen: "Als Afrikaner müssen wir die Herausforderung unserer Bestimmung annehmen".