1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Ein guter Tag für Cornelius Gurlitt"

Birgit Goertz9. April 2014

Die Augsburger Staatsanwaltschaft hat die Werke des Schwabinger Kunstfundes freigegeben. Wie der Sohn des Kunsthändlers diese Nachricht aufgenommen hat, das schildert sein Sprecher, Stephan Holzinger, im DW-Gespräch.

https://p.dw.com/p/1BeYv
Bernhard Kretschmar Strassenbahn
Bild: Staatsanwaltschaft Augsburg/dpa

Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat die Beschlagnahmung der Sammlung des Kunsthändlersohns Cornelius Gurlitt auf Grund neuer Erkenntnisse aufgehoben. Die Behörde hatte vor zwei Jahren 1280 Bilder aus Gurlitts Münchner Wohnung wegen Verdachts auf ein Steuerdelikt beschlagnahmt. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei die rechtliche Situation neu bewertet worden, teilte die Behörde jetzt mit.

Am Montag hatten der 81 Jahre alte Cornelius Gurlitt und seine Anwälte einen Vertrag mit der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern geschlossen. Demzufolge erklärt sich Gurlitt bereit, seine Sammlung auch nach dem Ende der Beschlagnahme von Experten der Taskforce untersuchen zu lassen. Unter Raubkunstverdacht stehende Werke würden gegebenenfalls an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben. Spätestens innerhalb eines Jahres erhält er im Gegenzug die Bilder zurück, die nicht als Raubkunst identifiziert werden.

DW: Wie geht es Herrn Gurlitt und wo befindet er sich zur Zeit?

Stephan Holzinger: Er ist unverändert in einem schlechten Gesundheitszustand. Zum konkreten Aufenthaltsort würde ich mit Blick auf seine zu schützende Privatsphäre nichts sagen.

Können Sie sagen, ob er sich in Deutschland oder in Österreich aufhält?

Er ist hier in Deutschland.

Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat die Beschlagnahme der Bilder von Cornelius Gurlitt heute aufgehoben mit der Begründung, im Zuge des Ermittlungsverfahrens hätten sich neue Erkenntnisse ergeben. Was bedeutet das?

Ich darf um Verständnis bitten, dass ich die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft nicht kommentieren möchte, also welche Erkenntnisse sie damit meint. Fakt ist, dass die Anordnung der Beschlagnahme jetzt freiwillig von der Staatsanwaltschaft aufgehoben wurde. Dafür gab es sicherlich gute, wenn nicht sehr gute Gründe. Wir waren zutiefst davon überzeugt, dass das Landgericht Augsburg die Beschlagnahmeanordnung angesichts der gravierenden Mängel und auch unserer ausführlichen Beschwerde ohnehin in Kürze aufgehoben hätte. Vielleicht ist die Staatsanwaltschaft hier einfach einem Gerichtsurteil zuvorgekommen. Wir sehen diese Beschlagnahmeaufhebung als einen weiteren wichtigen Schritt für die Rehabilitierung von Cornelius Gurlitt. Insofern ist das für Cornelius Gurlitt ein guter, ein sehr guter Tag.

Was ist mit den Verdachtsmomenten auf Steuer- und Vermögensdelikten? Sind die ausgeräumt und beseitigt?

Nein, es ist in der Tat so, dass das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Augsburg von der Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung zunächst formal und rechtlich nicht betroffen ist. Dieses Ermittlungsverfahren dauert an. Wir werden sehen, wie sich das in Zukunft entwickelt. Ich möchte darüber nicht spekulieren.

Welche Motive hatte Herr Gurlitt denn, der Vereinbarung von Montag zuzustimmen? Ist es der Wunsch nach Rehabilitierung seines Namens?

Es gibt viele gute Gründe. Auch in der Vergangenheit hat Herr Gurlitt, und zwar noch lange bevor dieses Thema an die Öffentlichkeit kam, schon den Löwenbändiger von Max Beckmann zurückgegeben bzw. gemeinsam auktionieren lassen. Es ist ihm ein großes Anliegen, dass diese Berichterstattung, die zumindest in der initialen Phase extrem einseitig verlief, deutlich differenzierter vonstatten geht. Hier will ich konkret festhalten, dass durch die Vereinbarung am Montag, zu der sich Herr Gurlitt auch bekannt hat und die er auch persönlich mit unterschrieben hat, eine Situation entstanden ist - und hier muss ich die taz zitieren: "Dieser Mann hat Deutschland beschämt" - , in der Herr Gurlitt inzwischen mehr getan hat und zu mehr bereit war als die Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahrzehnten. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre gesetzlichen Hausaufgaben in Sachen Raubkunst nicht gemacht.

Was passiert jetzt mit den Bildern?

Wir werden in Kürze Stellung nehmen zu der Frage, wie wir mit dieser neuen Situation umgehen. Sie können davon ausgehen, dass wir eine effiziente und auch kostengünstige Variante suchen, aber natürlich auch Sicherheitsbedenken gerecht werden müssen. Die Lösung kann natürlich nicht sein, dass man die Bilder, um die es jetzt geht, wieder in die Wohnung zurücktransportiert, einschließt und so tut, als ob nichts geschehen ist. Das dürfte sich aus Sicherheitsgründen verbieten.

Wird man die Bilder eines Tages sehen können?

Darüber will ich nicht spekulieren. Es ist zunächst von Hause aus eine private Sammlung. Das dürfen wir nicht vergessen. Mit dem Anspruch, die Bilder sehen zu wollen, müsste man jede Wohnung in Deutschland aufschließen.