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Ein hoffnungsvoller Jahrgang

Jochen Kürten18. Februar 2002

Dieter Kosslick hat den deutschen Film bei der Berlinale aus einem langen Dornröschenschlaf geweckt. Ein Kommentar von Jochen Kürten.

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Andreas Dresen erhielt einen Silberner Bären für den deutschen Wettbewerbsbeitrag "Halbe Treppe"Bild: AP

Es ist noch gar nicht so lange her, dass deutsche Regisseure den Wettbewerb der Berliner Filmfestspiele mieden wie der Teufel das Weihwasser.

Denn der deutsche Film war nicht gut angesehen beim Berliner Publikum - und bei der Kritik schon gar nicht. Das war zum Teil selbst verschuldet. In den 80er Jahren wurden die einheimischen Filme oftmals geradezu erdrückt vom missionarischen Eifer ihrer Regisseure.

Gestelzte Dialoge, theaterhaft agierende Schauspieler, intellektuelle Drehbücher - das deutsche Kino der damaligen Zeit war zu kopflastig, als dass es mehr als ein paar eingefleischte Cineasten ins Kino locken konnte.

Unvergesslich etwa die Vorführung von Margarethe von
Trottas Film "Heller Wahn" im Berlinale-Wettbewerb - die Reaktion von Publikum und Kritik glich eher einer Hinrichtung als einer halbwegs fairen Auseinandersetzung.

Man musste die deutschen Filme dieser Jahre nicht mögen, um doch Mitleid mit ihren Regisseuren zu empfinden.

In den 90er Jahren dann, als das deutsche Kino die Gedankenschwere früherer Zeiten mit einem Übermaß an komödiantischen und Genre-Elementen abzustreifen versuchte, wurden die Regisseure zum Teil gar nicht mehr eingeladen, ihre Werke als zu leicht befunden, um im Wettkampf mit den Arbeiten der Kollegen aus dem Ausland zu bestehen.

Erst vor drei, vier Jahren, mit dem Antritt einer neuen Generation von Filmemachern wie Tom Tykwer oder Hans-Christian Schmid, hat das deutsche Kino wieder an Ansehen gewonnen.

Es scheint, als ob die jungen aus den Fehlern ihrer älteren Kollegen gelernt haben: die Filme von Tykwer und Co sind sowohl formal reizvoll, als auch thematisch interessant.

Der Fehler den der alte Festivalchef Moritz de Hadeln gemacht hat, und der letztendlich wohl auch zu seinem Sturz führte, war, diesen Wendepunkt nicht erkannt und die deutschen Filme weiterhin ignoriert zu haben.

Dieter Kosslick hatte sich bereits mit seinem Amtsantritt mutig zum deutschen Film bekannt und seine Ankündigung, dies im Wettbewerb sichtbar zu machen, auch in die Tat umgesetzt.

Die vier Filme, die in den letzten Tagen zu sehen waren von deutschen Regisseuren, von Tom Tykwer, Dominik Graf, Andreas Dresen und Christopher Roth, haben sich prächtig geschlagen. Auch wenn kein lupenreines Meisterwerk
dabei war - den Vergleich mit ihren ausländischen Konkurrenten brauchten sie nicht zu scheuen.

Dass Kosslick, der seine intimen Kenntnisse deutscher
Filmstrukturen, die er sich während seiner 20 Jahre
Filmförderungsarbeit angeeignet hat, so geschickt eingesetzt hat bei seiner ersten Berlinale, ist sicherlich sein größter Verdienst. Und mit seiner zuvorkommenden Art und seinem immer gut gelaunten Auftreten, hat er zudem für eine auch menschlich entspannte Atmosphäre auf der Festivalmeile gesorgt.

Die deutschen Filmemacher schätzen Kosslick - und Kosslick schätzt sie - keine schlechte Basis für den deutschen Film bei der Berlinale in den kommenden Jahren!