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Ein höchst ehrgeiziges Projekt

5. Februar 2011

Beim EU-Gipfel hat einmal mehr das Duo Merkel - Sarkozy die Initiative ergriffen. Ein "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit" soll den Euro-Raum sicherer und stabiler machen. Gute Idee, meint Christoph Hasselbach.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Angela Merkel und Nicolas Sarkozy haben ihre Initiative einer engeren wirtschaftspolitischen Verzahnung der Euro-Länder einen "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit" genannt. Vielleicht wird der Name den glücklosen Ausdruck "Wirtschaftsregierung" ablösen. "Wirtschaftsregierung" legte die Vorstellung nahe, es solle eine völlig vereinheitlichte Wirtschaftspolitik in Europa oder mindestens im Euro-Raum geschaffen werden. Darum ging es allerdings nie. Im Streit haben viele vergessen, dass es nicht um eine Harmonisierung um der Harmonisierung willen gehen kann.

Musterknabe Deutschland?

Christoph Hasselbach (Foto: DW)
Es kommentiert:
Christoph Hasselbach, Brüssel

Sondern es geht um Wettbewerbsfähigkeit. Es ist das Verdienst Merkels und Sarkozys, dies wieder ins Blickfeld zu rücken. Eine höhere Wettbewerbsfähigkeit muss tatsächlich das Ziel jeder wirtschaftspolitischen Annäherung sein, und zwar in jedem Bereich. Beispiel Renten: Würden sich die Euro-Länder beim Renteneintrittsalter einfach bei einem Durchschnittswert treffen, hätten sie zwar nationale Unterschiede eingeebnet. Ob die goldene Mitte aber international wettbewerbsfähig wäre, ist eine ganz andere Frage.

Daher drängen Merkel und Sarkozy mit Recht darauf, Maßstab solle das jeweils stärkste Land sein, ob es nun um Lohnstückkosten, Innovation oder Verschuldung geht. Manche Länder sind auf DIESEM Gebiet besonders wettbewerbsfähig, andere auf JENEM. Und Deutschland ist beileibe nicht überall der Musterknabe.

Der Kampf um Macht

Das Projekt ist politisch höchst ehrgeizig. Wenn die EU damit Ernst macht, müsste praktisch jedes Land Dinge infrage stellen, die ihm heilig sind und für die oft Gewerkschaften hart gekämpft haben. Der belgische Ministerpräsident Yves Leterme hat sich zum Beispiel entschieden gegen eine Aufgabe der automatischen Anpassung der Löhne an die Inflation (Indexierung) gewandt. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann befürchtet Eingriffe in die Tarifautonomie (was niemand will). Und Irland bangt um den Fortbestand seiner niedrigen Unternehmenssteuern. Bereits zu diesem frühen Zeitpunkt wird also klar, welche Machtkämpfe der EU bevorstehen. Dabei ist von Beschlüssen, gar von Verbindlichkeit noch längst keine Rede.

Doch die Euro-Krise hat Druck aufgebaut. Sie hat das Bewusstsein geschaffen, dass Wirtschaftsdaten in einem Land sich direkt auf andere Länder auswirken. Das Renteneintrittsalter in Griechenland oder die Höhe irischer Unternehmenssteuern sind plötzlich ein gesamteuropäisches Thema für die Öffentlichkeit. Und das aus gutem Grund. Denn wer für andere in einer Währungsunion mithaftet, hat auch ein Recht, von allen Mitgliedern Reformen zu verlangen.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Christian Walz