1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Krater im Wohngebiet

1. November 2010

Schreck in der Morgenstunde in Thüringen: In Schmalkalden klafft zwischen Wohnhäusern ein Krater und verschluckt ein Auto. 26 Menschen müssen ihre Häuser räumen. Sie haben mit viel Glück überlebt.

https://p.dw.com/p/Pvi8
Der Krater in Schmalkalden (Foto: AP)
Bild: AP

Das fast kreisrunde Loch mit einem Durchmesser von gut 35 Metern brach in der Nacht zum Montag (01.11.2010) auf. Der Rand der etwa 12 Meter tiefen Grube bröckelte anschließend weiter. 26 Anwohner mussten ihre Häuser verlassen.

Mitten im Wohngebiet: Der Krater in Schmalkalden (Foto: AP)
Mitten im Wohngebiet: Der Krater in SchmalkaldenBild: AP

Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Anwohner hatten nach Polizeiangaben gegen 3 Uhr Geräusche gehört, als der Boden unmittelbar an Häusern und Garagen nach unten sackte. Nachrutschende Erde verschüttete das in der Grube verschwundene Auto komplett. Nach Polizeiangaben wird niemand vermisst und es gibt keine Verletzten. Sechs Häuser wurden evakuiert, die Unglücksstelle und ihre Umgebung wurden weiträumig abgesperrt. Eine Polizeisprecherin fügte hinzu, nach einem Stromausfall wegen des Erdfalls seien Gas und Wasser abgestellt worden. “Es ist aber keine größere Hektik entstanden. Die Leute sind den Umständen entsprechend recht ruhig.“

Bergbau trägt keine Schuld

Luftbilder zeigen, wie nah die Anwohner der Katastrophe waren. Nach Angaben der Stadtverwaltung entstanden Risse an Häusern. Die Polizei sprach von zwei teilweise eingestürzten Garagen. Nach den Worten von Schmalkaldens parteilosem Bürgermeister Thomas Kaminski übersteigt der Vorfall “jede Vorstellung“. Für die Betroffenen würden Ferienwohnungen als Unterkünfte organisiert, so Kaminski. Thüringens Umweltminister Jürgen Reinholz (CDU) sagte, einen Fall in dieser Größenordnung habe es im Land bisher nicht gegeben. Landrat Ralf Luther (CDU) nannte als nächstliegende Vermutung eine natürliche Ursache. Ein Geologe der Thüringer Behörden bestätigte am Montag, dass der Krater eine natürliche Ursache hat. Ein unterirdischer Hohlraum sei in sich zusammengebrochen, und es sei mit weiteren Abbrüchen am Kraterrand zu rechnen. Er fügte hinzu, Bergbau sei als Ursache auszuschließen.

Der Krater in Schmalkalden (Foto: AP)
Die Anwohner kamen mit dem Schrecken davonBild: AP

Schadensbegrenzung

Auch Umweltminister Jürgen Reinholz verwies darauf, dass die Ränder des Kraters weiter abrutschen. Im Mitteldeutschen Rundfunk kündigte er zudem an, das Loch mit Kies zu verfüllen. Man sei dabei, entsprechende Transportbänder aufzutreiben. Allerdings habe heutzutage kaum noch ein Baubetrieb ein Transportband. Ab Dienstag wolle man das Loch aber sukzessive über Förderbänder verfüllen. "Man muss sich aber bei der Größenordnung darüber im klaren sein, dass das rund 1000 LKW-Ladungen sind!"

Erdrutsche und –Löcher gibt es immer wieder

Der Eisenerzabbau in Schmalkalden ist seit Jahrzehnten eingestellt, allerdings hatte es in den Bergbau- und Karstgebieten in Thüringen schon häufiger sogenannte kleinere Erdfälle gegeben. Neben geologischen Besonderheiten können auch menschliche Aktivitäten Ursachen von folgenschweren Erdeinbrüchen sein.

Im mehr als 40 Kilometer entfernten Kali-Bergbaurevier an der Werra hatte im Februar 2010 ein Erdfall in Tiefenort für Schlagzeilen gesorgt. 13 Einwohner mussten ihre Häuser aufgeben. Der Krater war schon acht Jahre zuvor entstanden und mit Beton und Kies aufgefüllt worden. Dennoch rutschten immer wieder Erdmassen nach.

Nachterstedt: Zwei Häuser wurden mehr als 100 Meter in die Tiefe gerissen, drei Menschen starben (Foto: AP)
Nachterstedt: Zwei Häuser wurden mehr als 100 Meter in die Tiefe gerissen, drei Menschen starbenBild: AP

Im Juli 2009 versanken bei einem gewaltigen Erdrutsch in Nachterstedt (Sachsen-Anhalt) ein Doppelhaus und eine Haushälfte in einem Tagebausee. Drei Menschen starben, 40 verloren ihr Heim. Bis 1991 war in der Gemeinde Braunkohle abgebaut worden.

In Kamen (Nordrhein-Westfalen) entstand im Juli 2009 nach Bohrarbeiten für eine Erdwärmeanlage ein mehrere Meter tiefer Krater, in dem ein Bagger versank. Der Schaden ging in die Millionen, an umliegenden Häusern bildeten sich Risse.

Im März 2009 stürzten in Köln das Historische Stadtarchiv und zwei benachbarte Häuser ein, zwei junge Männer kamen ums Leben. Es gilt als sicher, dass das Unglück im Zusammenhang mit dem Bau eines U-Bahn-Tunnels steht.

Im Februar 2004 öffnete sich zwischen zwei Mehrfamilienhäusern in Siegen (Nordrhein-Westfalen) ein mehrere Meter großer Krater. Sicherung und Sanierung des „Siegener Lochs“ kosteten 3,8 Millionen Euro. Ein Millionenschaden entstand auch im April 2003 bei einem Wassereinbruch in einer S-Bahn-Baustelle am Hamburger Flughafen. Ein Auto versank in dem rund sechs Meter tiefen Krater.

Verheerende Folgen hatte ein Riesenloch im September 1994 in München: Ein voll besetzter Linienbus stürzte an einer U-Bahn-Baustelle in einen Krater, der sich plötzlich in der Straße auftat. Zwei Fahrgäste und ein Bauarbeiter kamen ums Leben, 36 Menschen wurden verletzt. Der 150 Quadratmeter große und 10 Meter tiefe Krater entstand durch einen plötzlichen Wasser- und Kieseinbruch.

Autor: Hartmut Lüning (mit afp, dapd, dpa)
Redaktion: Sabine Faber