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Wankender Zeitplan

Bernd Riegert 13. Februar 2008

Bis Ende 2008 soll eigentlich alles über die Bühne gegangen sein. Doch schon jetzt hakt es in manchen Ländern bei den Abstimmungen über den lange ersehnten neuen EU-Reformvertrag.

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Symbolbild Fernschreiber Brüssel (Quelle: DW)
Bild: DW

Ungarn, Rumänien, Slowenien, Malta und Frankreich haben es schon getan. Den anderen 22 EU-Mitgliedsstaaten steht die Ratifizierung des Reformvertrages noch bevor. In den meisten Staaten gibt es keine Probleme, doch in manchen hakt es noch. Bis Ende 2008 sollen alle Parlamentsabstimmungen und ein Referendum in Irland über die Bühne sein, damit die abgespeckte europäische Verfassung rechtzeitig vor den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009 in Kraft treten kann.

Wankender Zeitplan

In Brüssel bangen die Vertragsexperten im Augenblick um die Slowakei. Dort hält die Opposition den Vertrag als Geisel. Sie boykottiert eine Abstimmung, um ein anderes Gesetz zu verhindern, das mit der EU nichts zu tun hat. Nach mehreren Anläufen wurde die Ratifizierung durch das Parlament, für die eine Dreifünftel-Mehrheit nötig ist, jetzt auf unbestimmte Zeit vertagt. Die Oppositionspolitiker in Bratislava erklären zwar, dass sie im Prinzip nichts gegen die EU und den neuen Vertrag einzuwenden hätten, aber damit könnte der Zeitplan der EU ins Wanken kommen.

Deutsche drohen mit einer Verfassungsänderung

Ungemach droht auch aus Berlin. Im Bundestag gibt es Bedenken, dass ein Begleitgesetz zur eigentlichen Ratifizierung des Vertrages verfassungswidrig sein könnte. Eventuell muss vor einem Beschluss zum Lissabon-Vertrag erst das Grundgesetz geändert werden. Das zuständige Innenministerium prüft nun. Sollte eine Verfassungsänderung nötig sein, könnte sich das Verfahren in Deutschland noch in die Länge ziehen.

Unentschiedene Iren

Spannend wird es vielleicht in Irland, wo eine Volksabstimmung zwingend vorgeschrieben ist. Die soll im Mai oder Juni abgehalten werden. Schon jetzt gibt es massiven Wahlkampf gegen den Reformvertrag, den viele als Mogelpackung, als EU-Verfassung mit anderem Namen kritisieren. In einer aktuellen Meinungsumfrage waren 62 Prozent der Iren noch unentschieden, wie sie abstimmen würden. 26 Prozent begrüßen den Lissabonner Vertrag. Zehn Prozent lehnen ihn ab.

Europa ist halt kompliziert

Die irischen Wähler hatten 2001 überraschend den heute geltenden Vertrag von Nizza über die Arbeitweise der Union zurückgewiesen. 2002 musste noch einmal abgestimmt werden. Jetzt argumentieren einige Parteien in Irland. Das, was ihnen damals zugemutet wurde, hätte man auch Franzosen und Niederländern zumuten können, nämlich nochmals über den gleichen Text abzustimmen. Franzosen und Niederländer hatten den ursprünglichen Verfassungsentwurf im Jahr 2005 abgeschmettert. Daraufhin wurde der Text der Verfassung entschärft und im Dezember 2007 als Vertrag von Lissabon besiegelt. Europa ist halt kompliziert.

Briten machen es auch spannend

Unklar ist noch, wie das Ratifizierungsverfahren in Großbritannien ablaufen soll. Premierminister Gordon Brown möchte nur das Parlament abstimmen lassen. Die Opposition wirbt für ein Referendum, dessen Ausgang höchst ungewiss wäre. Die Mehrheit der Briten ist eher Europa-skeptisch eingestellt. Einen Termin gibt es in Großbritannien noch nicht. Das Jahr bleibt also spannend.