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Ein neuer Kalter Krieg?

Matthias von Hein (z.Zt. München)13. Februar 2016

Der Auftritt von Russlands Premier Medwedew bei der Sicherheitskonferenz dämpft Hoffnungen auf ein Ende der Luftangriffe in Syrien. Auch von anderer Seite kamen klare Worte. Matthias von Hein berichtet aus München.

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Russischer Premierminister Dmitri Medwedew bei der Münchner Sicherheitskonferenz (Foto: Reuters/M. Dalder)
Bild: Reuters/M. Dalder

Am zweiten Tag auf der Münchner Sicherheitskonferenz könnten die Positionen nicht weiter entfernt sein. Wer gehofft hatte, vom russischen Premierminister Dmitri Medwedew ein klares Bekenntnis zu einem schnellen Ende der Bombenangriffe in Syrien zu hören, der wurde enttäuscht. Russlands Premier dementierte russische Angriffe auf die Zivilbevölkerung. Und er sieht Russland und den Westen bereits in einem neuen Kalten Krieg.

Aber zurück zum Anfang: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kam gerade von einem Treffen zur Ukraine im "Normandie-Format" - also Deutschland, Frankreich, Russland und die Ukraine. Den zweiten Tag eröffnete er mit drastischen Worten: Steinmeier sprach von "stürmischen Zeiten" und von einem "ganzen Krisengebräu", das da hochkoche. Und mit einem Appell am Schluss: "Wir müssen um Europa kämpfen."

Verteidigung und Dialog

Anschließend griff NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg Russland scharf an - und streckte auch zugleich die Hand Richtung Moskau aus. Russland destabilisiere die Ordnung Europas, sagte Stoltenberg. Russlands Militär ziele auf Einschüchterung der östlichen Mitgliedsstaaten ab. Die NATO reagiere auf diese Herausforderung mit der größten Verstärkung des Militärs seit Jahrzehnten. Auch würden die USA mehr Truppen und Gerät in Europa stationieren.

Stoltenberg erinnerte daran, dass die Abschreckungsstrategie der NATO auch eine atomare Komponente habe. Zugleich betonte der NATO-Generalsekretär, dass das Bündnis engere Beziehungen zu Russland suche und konstruktive Beziehungen wolle.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier auf der Sicherheitskonferenz in München (Foto: Reuters/M. Dalder)
Steinmeier: "Stürmische Zeiten"Bild: Reuters/M. Dalder

Dem soll auch die mögliche Wiederbelebung des NATO-Russland-Rates dienen. Der geplante Aufbau eines Raketenabwehrsystems, beteuerte Stoltenberg, sei nicht gegen Russland gerichtet. Das Fazit des Norwegers: Wir brauchen mehr von beidem, Verteidigung und Dialog.

"Neue Form des Hyper-Terrorismus"

Danach schlug auch der französische Premierminister Manuel Valls martialische Töne an: Valls sieht die Welt im Krieg gegen eine neue Form des Hyper-Terrorismus. Ein asymmetrischer Krieg sei das, ohne Staaten, ohne Regeln, ohne Grenzen. Gespräche und Diplomatie mit einem Gegner wie dem sogenannten Islamischen Staat seien nicht möglich. Der IS müsse bis zur Auslöschung bekämpft werden. Valls warnte vor einer Ausbreitung der Terrormiliz in Libyen und warb für einen europäischen Verteidigungspakt.

Europa müsse seine Fähigkeit zur Reaktion unter Beweis stellen. Zugleich müssten der IS und alle dschihadistischen Bewegungen auch ideologisch bekämpft werden. Da sieht Valls insbesondere die Muslime in der Pflicht.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei der Münchner Sicherheitskonferenz (Foto: Reuters/M. Dalder)
Stoltenberg: "Russland destabilisiert Europa"Bild: Reuters/M. Dalder

Beim Thema Syrien sieht Frankreichs Premier das Abkommen der Unterstützergruppe von München als einen ersten Schritt. Frankreich, betonte Valls, respektiere Russlands Interessen. Aber: Für den Weg des Friedens müssten die russischen Luftangriffe aufhören.

Es folgte der mit großem Interesse erwartete Auftritt des russischen Ministerpräsidenten Medwedew. Er diagnostizierte eine drastische Verschlechterung der Beziehungen zwischen dem Westen und Russland - und machte allein den Westen dafür verantwortlich.

Vorwürfe gegen den Westen

Medwedew mokierte sich darüber, wie Russland ständig zur größten Bedrohung stilisiert werde, so wie NATO-Generalsekretär Stoltenberg das gerade eine knappe Stunde zuvor getan hatte.

Es folgte eine Reihe von Vorwürfen gegen den Westen: Bezüglich der Ukraine sieht Medwedew das "Minsk II"-Abkommen als das beste Instrument, um Frieden zu schaffen. Allerdings sei Kiew mit der Umsetzung im Verzug. Zu Syrien erklärte Medwedew, dort müsse ein einheitlicher Staat erhalten werden. Die Welt könne sich kein weiteres Libyen, Jemen, Afghanistan leisten. Medwedew machte ausländische Einmischung und implizit auch den Westen mitverantwortlich für den Krieg.

Unter Bezug auf einen Staatsbesuch vor sechs Jahren erklärte er, damals sei Syrien ein blühendes Land gewesen: "Ohne Einmischung von außen hätte sich Syrien weiterentwickeln können." Doch westliche Politiker hätten immer wieder gesagt, Assad müsse gehen. "Jetzt haben wir dort Bürgerkrieg", fasste er zusammen. Den IS beschwor er als gemeinsamen Feind und erklärte zugleich den Terrorismus zum Zivilisationsproblem. "Wir dürfen sie nicht in gute und schlechte, gemäßigte und radikale Terroristen unterteilen." Das allerdings bedeutet im Falle Syriens: Jede bewaffnete Opposition gegen Machthaber Baschar al-Assad ist Terrorismus. Und damit aus russischer Sicht legitimes Ziel von Angriffen.